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Mit Kurs auf Thule

Mit Kurs auf Thule

Titel: Mit Kurs auf Thule Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten A. Seaver
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Unternehmen spielt auch in der letzteren Saga eine Rolle, weil er Teil der »Familie« geworden war, indem er Gudrid Thorbjarnardóttir, die Witwe von Leifs Bruder Thorstein, geheiratet hatte. Die Saga hebt auch hervor, dass Leif auf seiner Reise Bjarnis Weg in umgekehrter Richtung wiederholte, indem er erst nach Norden an der grönländischen Küste entlangfuhr und dann die Meerenge kreuzte.
    Niemand kennt das Todesdatum Eiriks des Roten, doch die beiden Vínland-Sagas erwecken den Eindruck, er sei gestorben, während die ersten Erkundungsreisen stattfanden. Nach Eiriks Tod hatte Leif das letzte Wort, wenn es um weitere Reisen ging. Zudem wurde jetzt Eiriks Besitz unter Leif und seinen Geschwistern aufgeteilt. Brattahlid ging sicher zusammen mit der Häuptlingswürde an Leif, doch Eirik hatte auch einen Besitz in der Westsiedlung, und der war von Anfang an der Ausgangspunkt der Expeditionen gewesen, die allein darauf abzielten, das ökonomische Potenzial Nordamerikas zu erschließen.
    Als Leifs Bruder Thorstein noch lebte, besaß er laut »Saga von Eirik dem Roten« eine halbe Hofstelle am Lysufjord. Das ist höchstwahrscheinlich ein Hinweis auf Thorsteins Anteil an seinem väterlichen Erbe, das, als Thorstein starb, auf seine Witwe, Gudrid Thorbjarnardóttir, Karlsefnis zukünftige Frau, überging. Bei der Beschreibung der von Karlsefni geleiteten Expedition merkt die »Saga von Eirik dem Roten« an, dass die Schiffe zunächst zur Westsiedlung fuhren, bevor sie weiter zu den Bäreninseln segelten – damit müssen Disko Island oder andere Inseln weiter im Norden gemeint sein. Wahrscheinlich nahmen Karlsefni und seine Besatzung, die den Berichten zufolge aus fünfundsechzig Mann bestand, in der Westsiedlung, vermutlich in Sandness, Wasser und Proviant an Bord.

Die andere Seite der Bucht
    Als Eirik der Rote Grönland erkundete und Ausschau nach Land zum Siedeln hielt, fand er zunächst nur unüberwindlich erscheinende Gletschermassen – also nichts, was Siedler anziehen könnte. Doch als er schließlich bis weit in die tiefen Fjorde im Westen des Landes vordrang, konnte er dort grüne Hügel, |70| Bergeschen mit orangefarbenen Beeren und sich im Wind wiegende Birken ausmachen. Man brauchte viel Gottvertrauen und Mut, um so tief in die langen unbekannten Meeresarme mit ihren vielen Windungen und Verzweigungen hineinzusegeln, doch spiegelte dieser Wagemut auch die Erfahrung wider, dass die Landschaft wohl um so lieblicher werden würde, je weiter man in einen Fjord oder eine Bucht vordrang. Die Vínland-Sagas lassen vermuten, dass die Nordmänner mit ihrer Vorliebe für geschützte Lagen auch auf der anderen Seite der Meerenge – diesmal unter Leifs Kommando – Buchten, Fjorde und Flussmündungen erforschten und dass sie dieselbe Vorsicht übten wie Eirik in seinem ersten Winter in einem unbekannten Land: Sie überwinterten auf einer Insel, weil sie nicht wussten, wer sonst noch das Land und die Meere ringsum bewohnte. Wie sich zeigen sollte, war diese Umsicht entlang der fremden Küsten besonders ratsam. Leif und seine Gefährten gaben ihnen Namen, die Historiker noch heute verwenden, wenn sie über die nordischen Fahrten nach Nordamerika vor einem Jahrtausend sprechen.
    Die Felsplatten und Gletscher von Baffin Island in dem Landstrich, den sie Helluland (Steinplattenland) nannten, boten wenig, was die Seefahrer nicht auch in Grönland hätten finden können, doch die »Saga von den Grönländern« hält fest, dass Leif dennoch einen Landungstrupp entsandte, damit niemand ihm eine Pflichtverletzung vorwerfen konnte. In der »Saga von Eirik dem Roten« ist es Karlsefni, der dieses Gebiet wegen seiner gewaltigen Steinplatten Helluland nennt. Sein Landungstrupp hatte offenbar nebenbei noch Zeit zur Jagd, denn nach Auskunft der Männer war die Gegend voller Füchse, und sie erbeuteten sicher so viele dieser wertvollen Pelztiere wie nur möglich. 4
    Sobald Leifs Expedition bei 58° N Napartok Bay erreichte, die gegenwärtige Nordgrenze für Bewaldung an der amerikanischen Nordostküste, gaben die Männer dem Land dort den Namen Markland (Waldland). Dies zeigt, dass sie weit genug nach Süden gekommen waren, um die Bäume zu finden, auf die sie gehofft hatten. Der Waldgürtel in Nordostamerika setzt sich mit einer wechselnden Mischung von Baumarten sehr weit nach Westen und nach Süden hin fort, deshalb ist es unmöglich, die gedachte Grenze zwischen Helluland und Markland oder den Übergang zwischen Markland und

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