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Mit offenen Karten

Mit offenen Karten

Titel: Mit offenen Karten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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die Schlussfolgerung war zu nahe liegend.»
    Es entstand eine kleine Pause, und dann nahm Battle das Verhör wieder auf:
    «Hatten Sie irgendeinen Grund, Mr Shaitana nicht zu mögen?»
    «Jeden erdenklichen.»
    «Wie?» Die Stimme Battle klang etwas verblüfft.
    «Ihn nicht zu mögen, nicht ihn umzubringen», betonte Despard. «Ich hatte nicht den leisesten Wunsch, ihn umzubringen, aber ich hätte ihm mit Vergnügen ein paar Ohrfeigen gegeben. Schade, jetzt ist es zu spät dazu.»
    «Warum wollten Sie ihn ohrfeigen, Major Despard?»
    «Weil er jene Sorte Talmikavalier war, dem das sehr gutgetan hätte. Es hat mich immer in den Händen gejuckt, wenn ich ihn gesehen habe.»
    «Wissen Sie etwas über ihn – etwas Nachteiliges, meine ich?»
    «Er war zu elegant angezogen – trug zu lange Haare und benutzte Parfüm.»
    «Und trotzdem haben Sie seine Einladung zum Diner angenommen», bemerkte Battle.
    «Ich fürchte, ich würde wenig unter Leute kommen, Superintendent, wenn ich nur in Häusern dinieren wollte, wo ich mit dem Hausherrn völlig einverstanden bin», erklärte Despard trocken.
    «Sie lieben Gesellschaft, aber Sie schätzen sie nicht?», meinte der andere.
    «Ich liebe sie für kurze Zeit. Aus der Wildnis in hell erleuchtete Räume mit gut angezogenen Frauen zurückzukommen, mit Tanz und gutem Essen und Lachen – ja, das genieße ich – eine Zeit lang. Aber dann ekelt mich die Falschheit der ganzen Geschichte an, und es zieht mich wieder fort.»
    «Sie müssen dort in der Wildnis ein gefährliches Leben führen, Major Despard.»
    Despard zuckte die Achseln und lächelte leicht.
    «Mr Shaitana führte kein gefährliches Leben – aber er ist tot, und ich lebe.»
    «Er hat vielleicht ein gefährlicheres Leben geführt, als Sie glauben», sagte Battle bedeutungsvoll.
    «Was meinen Sie damit?»
    «Der verstorbene Mr Shaitana war ein so genannter Schnüffler.»
    Der andere beugte sich vor.
    «Sie meinen, dass er sich zu viel mit fremden Angelegenheiten befasste – dass er gewisse Dinge entdeckt hat, nicht wahr?»
    «Ich habe eigentlich gemeint, dass er ein Mann war, der sich zu viel mit Frauen befasste.»
    Major Despard lehnte sich in seinem Stuhl zurück und brach in ein belustigtes, etwas verächtliches Lachen aus.
    «Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Frauen eine solche Witzfigur ernst genommen haben.»
    «Wer, glauben Sie, hat ihn getötet, Major Despard?»
    «Nun, ich weiß, dass ich es nicht war. Die kleine Meredith auch nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Mrs Lorrimer so etwas tut. Sie erinnert mich zu sehr an eine meiner besonders gottesfürchtigen Tanten. Bleibt also nur der Medikus.»
    «Können Sie mir Ihre Bewegungen und die der anderen Leute an dem heutigen Abend beschreiben?»
    «Ich bin zweimal aufgestanden, einmal, um einen Aschenbecher zu holen und gleichzeitig das Feuer zu schüren – und einmal, um mir einen Drink einzuschenken…»
    «Wann?»
    «Das kann ich nicht genau sagen. Das erste Mal dürfte es halb elf gewesen sein, das zweite Mal elf, aber das ist reine Raterei. Mrs Lorrimer ging einmal zum Kamin und sagte etwas zu Shaitana. Ich habe ihn nicht tatsächlich antworten hören, habe aber auch nicht weiter darauf geachtet. Miss Meredith ist ein wenig im Zimmer herumspaziert, aber ich glaube nicht, dass sie zum Kamin hinüberging. Roberts ist immer wieder aufgesprungen – mindestens drei- oder viermal.»
    «Ich werde Ihnen nun Monsieur Poirots Frage stellen», sagte Battle lächelnd. «Was halten Sie von den anderen als Bridgespieler?»
    «Miss Meredith spielt leidlich. Roberts überbietet schamlos. Er verdient, mehr zu fallen, als er fällt. Mrs Lorrimer spielt verdammt gut.»
    Battle wandte sich an Poirot.
    «Noch irgendetwas, Monsieur Poirot?»
    Poirot schüttelte den Kopf.
    Despard gab seine Adresse an, wünschte allen gute Nacht und verließ das Zimmer.
    Als er die Tür hinter sich schloss, machte Poirot eine unwillkürliche Bewegung.
    «Was ist?», fragte Battle.
    «Nichts», erwiderte Poirot. «Es fiel mir gerade ein, dass er den Gang eines Tigers hat – ja, genauso geschmeidig und leicht schreitet der Tiger.»
    «Hm», sagte Battle. «Nun, also» – er sah einen nach dem andern an – « wer von ihnen war es? »

8
     
    N ur eine Person beantwortete seine Frage. Mrs Oliver, die nie abgeneigt war, ihre Meinung zu äußern, beeilte sich zu sagen:
    «Das Mädchen oder der Doktor.»
    Battle blickte fragend die beiden anderen an. Aber beide Männer schienen nicht

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