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Mit offenen Karten

Mit offenen Karten

Titel: Mit offenen Karten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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usw. müssen sich scheinbar auf diesen Mord beziehen. Sie dürfen nicht ahnen, wo wir das Motiv des Verbrechens vermuten. Und das Schwierige an der Sache ist, wir müssen vier eventuellen Morden in der Vergangenheit nachgehen, nicht nur einem.»
    Poirot wandte ein: «Unser Freund Shaitana war nicht unfehlbar, er kann sich – das ist immerhin möglich – geirrt haben.»
    «In allen vier Fällen?»
    «Nein – dazu war er zu klug.»
    «Sagen wir fifty-fifty?»
    «Nicht einmal das. Ich sage eins zu drei.»
    «Ein Unschuldiger und drei Schuldige? Das ist arg genug. Und das Teuflische daran ist, dass es uns, selbst wenn wir der Wahrheit auf den Grund kommen, vielleicht gar nichts nützen wird. Angenommen, es hat jemand seine Tante im Jahre 1912 die Treppe hinuntergestoßen, so hilft uns das im Jahre 1937 nicht viel.»
    «Doch, doch, es hilft uns», ermutigte Poirot ihn, «Sie wissen das genauso gut wie ich.»
    Battle nickte bedächtig.
    «Ich weiß, was Sie meinen. Das gleiche Muster.»
    «Meinen Sie», fragte Mrs Oliver, «dass das frühere Opfer auch mit einem Dolch erstochen wurde?»
    «Nicht ganz so simpel», widersprach Battle, sich ihr zuwendend. «Aber ich zweifle nicht, dass es im Prinzip die gleiche Art von Verbrechen sein wird. Im Detail möglicherweise abweichend, aber das Muster wird das gleiche sein. Es ist sonderbar, aber die Verbrecher verraten sich jedes Mal dadurch.»
    «Der Mensch ist kein besonders fantasievolles Tier», meinte Hercule Poirot.
    «Frauen», sagte Mrs Oliver, «sind unendlich wandlungsfähig. Ich würde nie die gleiche Art Mord zweimal hintereinander begehen.»
    Ihre Augen leuchteten plötzlich auf. «Was wäre eigentlich, wenn keiner ihn ermordet hätte! Wenn er sie alle eingeladen und dann still Selbstmord begangen hätte, nur um sich den Spaß eines Skandals zu leisten!»
    Poirot nickte beifällig.
    «Eine wunderbare Lösung. So präzis, so sarkastisch. Aber leider war Mr Shaitana nicht der Mann dafür. Er war sehr lebenslustig.»
    «Ich glaube nicht, dass er ein wirklich sympathischer Mensch war», sagte Mrs Oliver bedächtig.
    «Nein, er war keineswegs sympathisch», pflichtete Poirot ihr bei. «Aber er war lebendig, und jetzt ist er tot, und wie ich ihm einmal sagte, meine Einstellung zum Mord ist durchaus bourgeois. Ich missbillige ihn.» Und leise fügte er hinzu: «Und so – bin ich bereit, in den Tigerkäfig zu gehen…»

9
     
    « G uten Morgen, Superintendent!»
    Dr. Roberts erhob sich von seinem Stuhl und streckte Battle eine große rosige Hand entgegen, die nach einer Mischung von guter Seife und einem leichten Desinfektionsmittel roch. «Wie geht die Sache vorwärts?», fuhr er fort.
    Superintendent Battle sah sich in dem behaglichen Ordinationszimmer um, ehe er antwortete.
    «Nun, Dr. Roberts, genaugenommen geht sie gar nicht, sie steht.»
    «Ich habe mit Genugtuung bemerkt, dass nicht viel in den Zeitungen stand.»
    «‹Plötzlicher Tod des allseits bekannten Mr Shaitana bei einer Abendgesellschaft in seinem eigenen Haus.› Dabei soll es vorläufig auch bleiben. Die Autopsie hat stattgefunden; ich habe das Resultat mitgebracht. Ich dachte, es würde Sie interessieren…»
    «Sehr freundlich von Ihnen – gewiss – hm – hm. Ja, sehr interessant.»
    Er reichte das Dokument zurück.
    «Und wir haben Shaitanas Anwalt aufgesucht. Wir kennen sein Testament. Nichts darin, was für uns von Interesse wäre. Er hat, wie es scheint, Verwandte in Syrien. Und dann haben wir natürlich alle seine persönlichen Papiere durchgesehen.»
    War es Einbildung oder sah das glatt rasierte Gesicht plötzlich ein wenig angespannt aus – ein wenig starr?
    «Und?»
    «Nichts», sagte Battle, ihn beobachtend.
    Der Doktor atmete nicht auf. Es geschah nichts so Auffälliges, aber seine Gestalt schien sich etwas zu entspannen.
    «Und so sind Sie zu mir gekommen?»
    «Und so bin ich, wie Sie sagen, zu Ihnen gekommen.»
    Der Doktor zog seine Brauen eine Spur in die Höhe, und seine schlauen Augen blickten in die Battles.
    «Jetzt möchten Sie meine persönlichen Papiere durchsehen, nicht wahr?»
    «Das war meine Absicht.»
    «Haben Sie einen Haussuchungsbefehl?»
    «Nein.»
    «Nun, Sie könnten ihn sich vermutlich leicht beschaffen. Ich mache keine Schwierigkeiten. Es ist nicht sehr angenehm, unter Mordverdacht zu stehen, aber ich kann Sie nicht für das tadeln, was offensichtlich Ihre Pflicht ist.»
    «Danke sehr», sagte Battle dankbar. «Ich weiß Ihre Haltung sehr zu schätzen, wenn ich so

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