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Mit offenen Karten

Mit offenen Karten

Titel: Mit offenen Karten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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sagen darf. Ich hoffe zuversichtlich, dass alle anderen ebenso vernünftig sein werden.»
    «Was man nicht ändern kann, muss man ertragen», sagte der Doktor gut gelaunt. «Ich bin mit meiner Sprechstunde hier fertig. Ich muss jetzt meine Visiten machen. Ich lasse Ihnen meine Schlüssel da und sage meiner Sekretärin rasch Bescheid, dann können Sie nach Herzenslust stöbern.»
    «Das ist sehr entgegenkommend und liebenswürdig», sagte Battle, «aber ich möchte noch einige Fragen an Sie richten, ehe Sie fortgehen.»
    «Über den fatalen Abend? Ich habe Ihnen wirklich alles gesagt, was ich weiß.»
    «Nein, nein, nicht über jenen Abend. Über Sie selbst.»
    «So, Verehrtester, schießen Sie los! Was wollen Sie wissen?»
    «Ich möchte nur einen kurzen Abriss Ihrer Laufbahn, Dr. Roberts. Geburt, Heirat usw.»
    «Eine Fingerübung fürs Lexikon», meinte der Doktor trocken. «Meine Karriere verlief völlig normal. Ich bin in Ludlow in der Grafschaft Shropshire geboren. Mein Vater war dort praktischer Arzt. Er starb, als ich fünfzehn Jahre alt war. Ich wurde in Shrewsbury erzogen und studierte Medizin wie mein Vater. Ich habe an der St. Christopher’s promoviert – aber die beruflichen Daten haben Sie vermutlich schon alle?»
    «Ja, ich habe sie nachgeschlagen. Sind Sie einziges Kind oder haben Sie Geschwister?»
    «Ich bin einziges Kind. Meine Eltern sind beide tot, und ich bin unverheiratet. Genügt das für den Anfang? Ich hatte mich hier mit Dr. Emery zusammengetan. Er hat sich vor ungefähr fünfzehn Jahren zurückgezogen und lebt jetzt in Irland. Wenn Sie wollen, gebe ich Ihnen seine Adresse. Ich lebe hier mit einer Köchin und zwei Mädchen. Meine Sekretärin kommt täglich. Ich habe ein gutes Einkommen und bringe nur eine relativ geringe Anzahl meiner Patienten um. Zufrieden?»
    Battle grinste.
    «Das ist kurz und bündig, Dr. Roberts. Ich bin froh, dass Sie Sinn für Humor haben. Jetzt möchte ich noch eine Frage an Sie stellen.»
    «Ich bin ein hochmoralischer Mensch, Superintendent.»
    «O nein, das habe ich nicht gemeint. Nein, ich wollte Sie nur bitten, mir die Namen von vier Freunden – Leuten, die mit Ihnen seit einer Reihe von Jahren befreundet sind – zu nennen. Gewissermaßen als Referenz, wenn Sie verstehen, was ich meine.»
    «Ja, ich glaube schon. Warten Sie, Leute, die eben jetzt in London sind, wären Ihnen wohl am liebsten?»
    «Es vereinfacht die Sache, aber es spielt eigentlich keine Rolle.»
    Der Doktor überlegte ein bis zwei Minuten, dann kritzelte er mit seiner Füllfeder vier Namen und Adressen auf ein Blatt Papier und schob es Battle über den Tisch zu.
    «Wird das genügen? Es sind die besten, die mir im Augenblick einfallen.»
    Battle las aufmerksam, nickte befriedigt mit dem Kopf und verstaute den Bogen in einer inneren Tasche.
    «Es ist nur eine Frage der Elimination», sagte er. «Je eher ich eine Person ausschließen und zur nächsten übergehen kann, um so besser ist es für alle Beteiligten. Ich muss mich restlos davon überzeugen, dass Sie mit dem verstorbenen Mr Shaitana nicht auf Kriegsfuß standen und keine geheimen oder geschäftlichen Beziehungen zu ihm hatten; dass nie die Rede davon war, dass er Sie irgendwie geschädigt hat, und dass Sie keinen Groll gegen ihn hegten. Ich kann Ihnen natürlich glauben, wenn Sie mir sagen, dass Sie ihn nur flüchtig gekannt haben – aber es handelt sich nicht darum, was ich glaube oder nicht glaube. Ich muss sagen können, dass ich mich überzeugt habe.»
    «Oh, ich verstehe vollkommen. Sie müssen jeden für einen Lügner halten, bis bewiesen ist, dass er die Wahrheit spricht. Hier sind meine Schlüssel, Superintendent. Die sind für die Schreibtischladen – der für das Pult – der kleine ist der Schlüssel zum Giftschrank. Vergessen Sie nicht, ihn wieder abzusperren!»
    Er drückte auf einen Knopf auf seinem Schreibtisch.
    Die Tür öffnete sich fast im gleichen Moment, und ein tüchtig aussehendes Mädchen erschien.
    «Sie haben geläutet, Dr. Roberts?»
    «Miss Burgess – Superintendent Battle von Scotland Yard.»
    Miss Burgess musterte Battle mit einem kalten Blick, der zu sagen schien: «Um Himmels willen, was ist das für ein Ungeheuer?»
    «Ich wäre Ihnen sehr verbunden, Miss Burgess, wenn Sie alle Fragen beantworten würden, die Ihnen Superintendent Battle stellen wird, und ihm in jeder Hinsicht behilflich wären.»
    «Gewiss, wenn Sie es wünschen.»
    «Nun», sagte Roberts und erhob sich, «ich muss jetzt fort.

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