Mit Pflanzen verbunden
Neuankömmlinge, wenig über ihr wahres Wesen und ihre heilenden Eigenschaften. 4 Im Gegensatz zu jenen Pflanzen, die schon seit dem Ende der Eiszeit oder dem Neolithikum Teil unserer Kultur sind, umranken kein altes Brauchtum, keine Märchen und Sagen, kein ausgeprägtes Heilwissen die Neophyten aus Amerika oder Asien. Das macht es umso leichter für die Naturpuristen, sie als nutzlos oder gefährlich zu brandmarken.
Langsam und unaufhaltsam jedoch werden diese Neophyten Teil unserer Kultur, sogar der gefürchtete Riesenbärenklau. Der visionäre Schweizer Maler Fred Weidmann hat dem bizarren Doldenblütler mit Künstleraugen in die Seele geschaut und dabei wunderbare andersweltliche Traumzeitlandschaften entdeckt. Der Elementarmusiker Hky Eichhorn hat aus den abgestorbenen Stängeln Yedaki oder Windhörner (Didgeridoos) hergestellt und dem Instrument Traumzeitstimmen entlockt. Man müsste mehr mit der Pflanze meditieren, um ihre Botschaft zu verstehen. Auch sollte man sich in der Ethnobotanik des Kaukasus umschauen, um zu erfahren, was die Herkulesstaude dort den Pflanzenschamanen einst von ihren Kräften und Geheimnissen offenbarte.
Wissenschaftler an der Universität Oldenburg haben inzwischen entdeckt, dass der Japanische Riesenknöterich, der stark überdüngte Auenlandschaften besiedelt, gift- und schwermetallverseuchte Böden sanieren kann. Die schnell wachsenden Pflanzen nehmen Blei, Cadmium und Zink aus dem Erdreich auf, werden dann abgeerntet und entsorgt. In Japan selbst sind die Frühjahrssprossen des Knöterichs – selbstverständlich von gesunden Böden – als säuerlich schmeckendes Gemüse beliebt. Sie gelten, wie der Spargel bei uns, als besondere Kost, die nur für kurze Zeit im Frühjahr gegessen wird. Unter anderem werden die Triebe durch Bedecken gebleicht und, gesalzen, wie Sauerkraut eingemacht.
Das Drüsige Springkraut war eine der ersten Blütenessenzen, die Dr. Edward Bach entdeckte. Er verschrieb Impatiens bei Zuständen der krankhaften Ungeduld (Scheffer/Storl 1999: 80). In Kaschmir werden die großen schwarzen Samen dieser stattlichen Pflanze als „Snack“ gegessen; sie schmecken nach Walnuss. Hautpilz wird mit einem alkoholischen Auszug der Blüten behandelt.
Aus der amerikanischen Nachtkerze, die sich bei uns überall an Bahndämmen und Autobahnen breit macht, züchteten europäische Gärtner vor hundert Jahren ein inzwischen wieder vergessenes köstliches Gemüse: die Schinkenwurzel. Inzwischen gilt das gammalinolensäurehaltige Öl der Samen als medizinisches Wundermittel.
Der amerikanische Fuchsschwanz ( Amaranthus sp.), eine heilige Pflanze der Azteken, ist inzwischen von Naturköstlern entdeckt worde – die jungen Blätter als Suppengrün, die reifen, nahrhaften Samen als Getreide. Auch das Franzosenkraut, richtig zubereitet, ist ein leckeres Wildgemüse. Knopfkrautauflauf mit Schafskäse ist eine russische Spezialität. Die Pflanze wird von den peruanischen Indianern als Heilmittel eingesetzt.
Die Beispiele vom Nutzen und der Heilkraft der zugewanderten Pflanzen könnten beliebig weitergeführt werden. Es sollte aber genügen, zu sagen, dass wir eigentlich dankbar sein sollten für die grünen Freunde, die uns Mutter Gaia zur Gesundung unserer Umwelt und unserer Leiber schickt. Hier ist die Weisheit der Natur am Werk, die unser beschränktes Kopfwissen übersteigt.
Die Nachtkerze
Die Nachtkerze, eine weitere meiner Verbündeten, ist einer der Neuankömmlinge aus der Neuen Welt. Im Gegensatz zu anderen Neophyten hat sie sich schnell einen Platz in der Volkskultur und im Herzen der Europäer erobert. Wie müssen die Gärtner im botanischen Garten von Padua gestaunt haben, als sie zum ersten Mal in der Abenddämmerung ihre leuchtend schwefelgelben Blüten öffnete, wie ein Schmetterling, der seinem Kokon entschlüpft. Jeder Blumengartenbesitzer in der Barockzeit wollte diese „Nachthimmelschlüssel“, diese schönen „schlafenden Jungfrauen“, diese „Nachtlichter“ sein eigen nennen. Hundert Jahre später entdeckten die Bauern, dass die zweijährige Pflanze eine fleischige Pfahlwurzel ausbildet, die sehr gut schmeckt. Zartrosa wie feiner gekochter Schinken ist die Wurzel, so dass man ihr in katholischen Landen gleich einen Schutzpatron verpasste, und zwar den Heiligen Antonius, den Schweinepatron oder „Sautöni“, wie er im Allgäu heißt. Nun hieß die Wurzel „Schinkenwurz“ (französisch Jambon de St. Antoine; niederländisch Sint Teunis Bloem) . Das
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