Mit Schimpf und Schande
er wies mit einem Wedeln der Hand auf die Menschenansammlung auf einer Seite des Feldes.
»Mylady, diese Sache tut mir sehr leid.« Der Verdruß ließ ihn mit tieferer Stimme sprechen, und er bedachte die Zuschauer mit einem ärgerlichen Blick. »Es ist eine Schande, aber ich kann ihnen von Rechts wegen die Anwesenheit nicht verbieten.«
»Sie meinen die Medien?« fragte Honor.
»Ja, Mylady. Sie sind mit Macht angerückt, und … die dort oben …« – er zeigte mit dem Finger nach der kleineren Ansammlung auf dem niedrigen Hügel am gegenüberliegenden Ende des Rasens –, »die haben Telefotos und Spürmikrofone – denen entgeht nicht ein Wort. Die tun gerade so, als wär das hier eine Art Zirkus, Mylady.«
»Ich verstehe.« Mit düsterem Blick musterte Honor ihr Publikum einen Moment lang, dann berührte sie Castellano leicht an der Schulter. »Das ist nicht Ihre Schuld. Wie Sie schon sagten, wir können sie nicht des Platzes verweisen. Ich nehme an«, sie verzog die Lippen zu einem säuerlichen Grinsen, »das Beste, auf das wir hoffen können, ist ein Fehlschuß in ihre Richtung.«
Castellano zuckte zusammen, offenbar völlig unvorbereitet auf selbst diese Art Scherz, dann warf er ihr ein schmales, humorloses Lächeln zu.
»Dem stimme ich zu, Mylady.« Er rief sich innerlich zur Ordnung. »Also, wenn Sie mir bitte folgen wollen?«
»Natürlich«, murmelte Honor. Sie und ihre Begleiter schlossen sich ihm an. Ihre Füße hinterließen dunkle Flecken im taufeuchten Gras. Ein einfacher Zaun, nicht mehr als ein weißes Holzgeländer auf niedrigen Pfosten, umgab einen absolut ebenen Streifen Rasen im Zentrum des Feldes. Dort blieb Castellano stehen und sah LaFollet und Candless entschuldigend an.
»Verzeihen Sie, Mylady. Ich bin selbstverständlich über Ihre Leibwächter im Bilde. Das Gesetz verbietet jedoch die Anwesenheit von bewaffneten Anhängern irgendeiner Partei bei einem Treffen. Wenn Ihre Leute hierzubleiben wünschen, müssen sie mir ihre Warfen übergeben.« Die beiden Graysons erstarrten in augenblicklicher Auflehnung, und LaFollet setzte schon zu einem Protest an – aber er schloß den Mund schnell, als Honor die Hand hob.
»Ich verstehe, Lieutenant«, sagte sie und wandte sich an die Waffenträger. »Andrew. Jamie.« LaFollet begegnete ihrem Blick für nur einen Sekundenbruchteil; er stand kurz davor, den Gehorsam zu verweigern. Dann seufzte er jedoch nur und zog den Pulser aus dem Halfter. Er überreichte ihn Castellano, und Candless tat das gleiche. »Und jetzt noch die andere, Andrew«, fügte Honor in ruhigem Ton hinzu.
LaFollet starrte sie mit großen Augen an, und Ramirez bedachte ihn mit einem erstaunten Blick. Der Grayson biß die Zähne zusammen und versteifte sich am ganzen Körper, dann seufzte er wieder. Er machte eine seltsame, knappe Bewegung mit der Linken, und ein kleiner Pulser fiel ihm aus dem Ärmel in die Hand, eine kurzläufige, kompakte Waffe, die als letztes Mittel gedacht, aber dennoch nicht weniger tödlich war. Mit einer Grimasse reichte er sie weiter.
»Ich hätte nicht gedacht, daß Sie davon wissen, Mylady.«
»Das habe ich gewußt«, erwiderte Honor trocken und schlug ihm sachte auf die Schulter.
»Na, wenn Sie es bemerkt haben, dann könnte es auch jemand anderes sehen«, brummte LaFollet. »Jetzt muß ich mir eine andere Stelle ausdenken, an der ich sie verstecken kann.«
»Ihnen wird schon etwas einfallen«, beruhigte sie ihn, während Castellano die kleine Waffe mit unbewegtem Gesicht entgegennahm. Ramirez beobachtete LaFollet noch immer – und fragte sich, ob der Grayson ihm bei einer Weigerung, die Leibwächter an Bord des Schiffes Waffen tragen zu lassen, diesen versteckten Pulser offenbart hätte.
»Ich danke Ihnen, Mylady«, sagte Castellano. Wie durch Zauberei erschien an seiner Seite eine Polizistin, der er die Pulser übergab, dann hob er die Hand und wies in Richtung des abgezäunten Rasenstücks. »Sind Sie bereit, Mylady?«
»Das bin ich.« Honor ließ die Schultern kreisen, als wollte sie ihr Gewicht ordnen, dann blickte sie Ramirez ins Gesicht. »Also gut, Tomas. Bringen wir’s hinter uns.«
Denver Summervale stand auf seinem Turf des Tötens und beobachtete, wie sein nächstes Opfer über das feuchte Gras auf ihn zuschritt. Er trug die dunkle Kleidung des erfahrenen Duellanten, die keinen Farbtupfer aufwies, um dem Gegner keine Zielmarkierung zu bieten, und verbarg ein verächtliches Grinsen, während er Harrington musterte. Sie
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