Mit Schimpf und Schande
Stirn.
Er konnte einfach nicht fassen, wie falsch alles gelaufen war. Dieser verräterische Bastard Tankersley hatte genau nach Plan ins Gras gebissen und North Hollow den ersten Triumph im Krieg gegen das Miststück beschert. Diesmal hatte er sie getroffen! O ja, das hatte gesessen. Wie süßen, sehr süßen Wein hatte er ihren Schmerz genossen. Als die Agni aufbrach, um ihr die Neuigkeit mitzuteilen, wußte er davon, und danach zählte er die Stunden und gönnte sich ein Abendessen bei Cosmo’s und eine Feiernacht mit Georgia an dem Tag, an dem seiner Berechnung nach die Botschaft Harrington erreicht haben mußte. Dann hatte er mit prickelnder Erwartung die Stunden bis zu ihrer Rückkehr gezählt. Aber dann war sie zurückgekehrt, und alles war den Bach hinuntergegangen.
Wie nur? Wie konnte die Schlampe erraten, daß er Summervale angeheuert hatte? Selbst der Teil der Presse, der ihm, dem Earl von North Hollow, feindlich gegenüberstand, hatte diesen Teil ihrer Konfrontation des Auftragskillers mit ungewohnter Zurückhaltung behandelt – möglicherweise aus dem Unwillen heraus, sich von dem Miststück benutzen zu lassen, wahrscheinlich aber eher wegen der monumentalen Schadensersatzzahlungen, zu denen sie jedes Gericht für die Verleumdung eines Peers verurteilen würde. Trotzdem war ihre Beschuldigung durchgesickert, und was hatte er sich selbst verflucht, sich jemals persönlich mit diesem Stümper getroffen zu haben, als die Gerüchte schließlich auch ihm zu Ohren kamen. Jemand mußte sie beobachtet und erraten haben, was gespielt wurde – und dann hatte er die Information an die Schlampe oder einen ihrer arschkriecherischen Freunde gegeben – wahrscheinlich verkauft. North Hollow hatte gewußt, daß die Sache gefährlich war, aber Georgia hatte ihm versichert, Summervale sei der Beste, und was sich über den Kerl in Erfahrung bringen ließ, hatte ihre Behauptung unterstützt. Aber wenn man den Besten wollte, dann mußte man sich seinen Regeln unterwerfen, selbst wenn ein Gefahrenelement darin enthalten war. Das hatte er sich jedenfalls eingeredet, als Summervale verlangte, den Handel mit ihm persönlich zu schließen, und so hatte er sich dem Ansinnen gefügt.
Verdammt noch mal! Zur Hölle damit! Er war sich sicher gewesen, daß jemand sie gesehen und die Geschichte Harrington hintertragen hatte. Nun aber war alles noch viel schlimmer, und bei dem Gedanken durchzog ihn die eisige Kälte des Weltalls bis auf die Knochen.
Er hatte das Duell beobachtet. Damals bedauerte er noch, daß die Reporter es nicht geschafft hatten, schon früher an Harrington heranzukommen, denn eigentlich hatte er sich darauf gefreut, den Schmerz in ihrem Gesicht stehen zu sehen. Er hatte sich gesagt, es sei so besser, ihre Abschottung sei die letzte Zutat für die Medien, um einen Wirbelsturm aus Spekulationen und Andeutungen zusammenzubrauen. Die Medien reizten den Aspekt der rachedurstigen Geliebten natürlich bis aufs letzte aus, machten Harrington zu einer Art tragischer Heldin, die sich darauf vorbereitete, dem kaltblütigen Duellanten gegenüberzutreten, der den Mann, den sie liebte, auf dem Gewissen hatte. Bei North Hollow reizte diese Geschichte selbstverständlich nicht die Tränendrüsen, sondern die Lachmuskeln, denn hinter aller Gefühlsduselei melkten die Medien die Story bis zum letzten. Sie erstatteten live Bericht vom Duellplatz, und mit einem Glas bestem Brandy hatte er sich zurückgelehnt, um Harringtons Vernichtung in allen prächtigen Farben mitzuerleben. Nur war nichts so gelaufen wie geplant, und North Hollow schauderte bei der Erinnerung an das, was wirklich geschehen war. Summervale bewegte sich wie eine zuschlagende Schlange, während das Miststück sich scheinbar überhaupt nicht rührte. Sie stand einfach da und blickte ihren Mörder an – und dann schoß sie, bevor Summervale seine Waffe auch nur halb in Anschlag gebracht hatte!
North Hollow hatte den Mund aufgesperrt, er war erbleicht, als Summervale zu taumeln begann. Alles geschah mit bestürzender Geschwindigkeit, und trotzdem schien die Zeit nur dahinzukriechen. North Hollow hatte jeden einzelnen Schuß gehört, jeden Lärmausbruch, und gesehen, wie sein hochbezahlter Killer wie eine Marionette zuckte, wie die Kugeln in ihn einschlugen. Und mit vor Schreck weit aufgerissenen Augen beobachtete er, wie der letzte Schuß Summervale den Schädel zerriß.
Das war einfach unmöglich! Das durfte einfach nicht passieren! Um Gottes willen, Harrington
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