Mit Schimpf und Schande
Karriere.«
»Was soll das alles, Sir?« Die Wut war aus ihrer Stimme verschwunden, und Verzweiflung minderte die Härte ihrer Augen. Trotzdem hielt sie seinem Blick mit einem untröstlichen Starrsinn stand, der ihm tief ins Herz stach. »Alles, worum ich Königin und Vaterland bitte – alles, worum ich je gebeten habe –, ist Gerechtigkeit, Mylord. Um mehr habe ich nicht zu bitten, aber darauf habe ich ein Recht. Ist es nicht das, was uns von den Havies unterscheidet?« Er kniff die Augen zusammen, und sie fuhr mit leiser, bittender Stimme fort: »Ich verstehe nichts von Politik, Sir. Ich weiß nicht, woher ein Pavel Young das Recht nimmt, alles zu zerstören, was er berührt, und sich dann hinter der Wichtigkeit von Kompromissen und politischem Konsens zu verstecken. Aber ich weiß, was Pflichtgefühl ist, und was sich gehört. Ich weiß auch, was Gerechtigkeit ist, und wenn niemand sie mir bieten kann, dann werde ich sie mir diesmal selber nehmen, ganz gleich, was sie mich kostet.«
»Und damit beenden Sie Ihre Karriere.« Nun war es wohl an White Haven, zu bitten. »Sie haben natürlich recht: Duelle sind legal, und man wird Sie deswegen nicht anklagen. Sie kommen vor kein Kriegsgericht. Aber Sie werden Ihres Kommandos enthoben. Es wird überhaupt keine Rolle spielen, wie gerechtfertigt Ihr Verhalten gewesen ist. Wenn Sie Young töten, dann nimmt man Ihnen die Nike ab, Honor. Man befiehlt Sie auf den Boden und läßt Sie dort verrotten, und weder ich noch sonst jemand kann irgend etwas tun, um das zu verhindern.«
Zum allerersten Mal benutzte er nur ihren Vornamen ohne jeden Titel, und in dem Moment wurde ihr bewußt, daß die Gerüchte doch recht hatten. Ob es nun an seiner Freundschaft mit Admiral Courvosier lag oder nur, weil er an sie glaubte – White Haven hatte ihre Laufbahn zu seiner persönlichen Sache gemacht. Vielleicht schuldete sie ihm dafür Zustimmung oder wenigstens doch das sorgfältige Erwägen seiner Argumente, aber diesmal – dieses eine Mal – war das mehr, als in ihren Kräften stand.
»Es tut mir leid, Sir«, beschied sie ihn leise, und beinahe gegen ihren Willen baten ihre Augen ihn um Vergebung. »Wenn meine Karriere der Preis ist, den ich zahlen muß, dann opfere ich sie. Ich habe keine andere Möglichkeit. Diesmal wird jemand Pavel Young zur Rechenschaft ziehen.«
»Das kann ich nicht zulassen, Captain.« Die Stimme des Earls war hart und rauher, als Honor ihn je gehört hatte; seine Augen funkelten vor Zorn. »Sie mögen zu stur sein, um es zu begreifen, aber Ihre Karriere ist mehr wert als ein Dutzend Pavel Youngs! Nur weil wir gerade die Havies vor uns hertreiben, bedeutet das noch lange nicht, daß es immer so bleiben wird. Das wissen Sie so gut wie ich! Wir liegen in einem Krieg, in dem das Überleben des Königreiches auf dem Spiel steht, und die Navy hat dreißig Jahre in Sie investiert. Sie sind ein Mittel, Captain Harrington, eine Waffe, und Sie haben kein Recht – überhaupt kein Recht –, diese Waffe unbrauchbar zu machen. Sie sprechen von Pflichterfüllung, Captain? Nun, der Königin sind Sie verpflichtet, nicht sich selbst!«
Mit kalkweißem Gesicht zuckte Honor vor ihm zurück und öffnete den Mund, aber seine wütende Stimme wogte wie ein Orkan über sie hinweg.
»Die Navy braucht Sie. Das Königreich braucht Sie. Das haben Sie bewiesen – jedesmal, wenn Sie ins Gefecht zogen, jedesmal, wenn Sie eines Ihrer gottverdammten Wunder abgezogen haben! Sie haben nicht das Recht, uns allen nun den Rücken zu kehren, um Ihrer persönlichen Vendetta zu frönen, ganz gleich, was Pavel Young Ihnen angetan hat!« Mit Augen so hart wie Stein beugte er sich noch näher an den Aufzeichner. »Daß Sie das nicht einsehen, Captain, macht es kein bißchen weniger wahr. Deshalb befehle ich Ihnen – hören Sie, ich erteile Ihnen den dienstlichen Befehl, den Earl von North Hollow nicht zum Duell zu fordern!«
26
Das Shuttle berührte den Boden auf Capital Field, dem größten Raumhafen der Stadt Landing. Die hundert Meter hohe Nadel aus poliertem Granit, die an die Landung des ersten Shuttles vom unterlichtschnellen Kolonistenschiff Jason erinnerte, ragte nahebei in die Luft. Sie glitzerte blutrot im Licht der aufgehenden Sonne, aber Honor hatte keine Zeit dafür übrig.
Sie erhob sich von ihrem Sitz, und innerlich empfand sie nichts weiter als Stille. Jede menschliche Regung hatte sie so weit zurückgedrängt, daß nur noch die Stille übrig war. Sie wandte sich der Luke
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