Mit sich selbst befreundet sein
Wirtschaftens an Werte, an eine gesellschaftliche, soziale und ökologische Verantwortung. Auch Ökonomie kommt nicht umhin, »Sinn zu machen« und kann Menschen dabei nichts vormachen: Nicht proklamierte, nur nachvollziehbare Zusammenhänge kommen für eine nachhaltige Sinngebung in Frage.
In der Hauptsache aber antwortet die Arbeit am Sinn auf die Frage: »Was hat die Arbeit mit meinem Leben zu tun?« Arbeit, welche auch immer, ist kein »Sinn an sich«. Sinn gewinnt sie nur im Rahmen von Zusammenhängen, insbesondere mit dem eigenen Leben. Lebensarbeit ist Arbeit an ideellen Zusammenhängen , vor allem eine ideelle Aneignung der Arbeit, auch der Erwerbsarbeit, um sie als Teil des Lebens zu sehen. Dies nicht, um den Interessen eines so genannten »Kapitals« Genüge zu tun, sondern aus wohlverstandenem Eigeninteresse des Selbst: Aneignung als autonomer Akt, um auf die Gefahr der Enteignung zu antworten, die darin besteht, Arbeit als etwas bloß Äußerliches zu sehen;denn damit wird ihr möglicher Sinn verschenkt und Lebenszeit vertan. Zwar ist das Selbst frei, sowohl sinnvoller als auch sinnfreier Arbeit nachzugehen, aber die Arbeit, die keinen Sinn macht, kann nicht lange durchgehalten werden: Sie kostet zu viel Kraft und repräsentiert nicht selbst eine Quelle von Kraft. In abhängiger Tätigkeit sind es die größere Eigenverantwortung und Möglichkeiten zur Umsetzung eigener Ideen, die zur Aneignung der Arbeit beitragen; am meisten aber die innere Beteiligung, die Investitition seiner selbst in die Arbeit. Keine Aufopferung ist damit gemeint, keine Übermotivation, kein ausufernder zeitlicher Umfang der Arbeit – eher im Gegenteil: Die reduzierte Zeit kann dem wachsenden Interesse an der Arbeit förderlich sein. Eine Teilzeitarbeit schont die nervliche Verfassung des Selbst und erlaubt ihm, anderen Aspekten der Lebensarbeit mehr Zeit zu geben und das Leben sinnvoller und erfüllter zu gestalten.
Die vollständige Aneignung der Arbeit und deren Integration in die Lebensarbeit aber scheint in freier Tätigkeit möglich zu sein, denn bei dieser Arbeit geht es um die Existenz, sowohl im materiellen als auch im ideellen Sinne. Es handelt sich um eine riskante Lebensform, aber auch um ein umfassend angeeignetes Leben, eine Form von Selbstmächtigkeit, bei der das Selbst Herr und Sklave seiner selbst zugleich ist, charakterisiert durch Subsistenz, lateinisch subsistere , das Bestehen durch sich selbst, das »Standhalten« der individuellen Existenz, die ideell und materiell in erster Linie für sich selbst produziert. War »Subsistenz« lange Zeit die Bezeichnung für ein Wirtschaften auf extrem niedrigem Entwicklungsniveau, so wird sie auf fortgeschrittenem, vielleicht elektronisch gestütztem Niveau zum Begriff für die eigenständige freie Tätigkeit. Bei aller Mühe und Anstrengung kommt damit die mögliche Freude an Arbeit, das Glück, das mit ihr verbunden sein kann, die Arbeit als Erfüllung wieder in den Blick. Erstrebenswert erscheint jedoch, in jeder Arbeit Fülle und Erfüllung erfahren zu können, aufgrund der vielfältigen Vernetzung mit anderen, nicht allein für sich, sondern »unter Menschen zusein«; aufgrund der Vielzahl von Erfahrungen, die den Spielraum des Selbst erheblich erweitern; aufgrund von Herausforderungen, die gesucht und angenommen werden, in denen das Selbst wachsen und sich um Exzellenz bemühen kann: Arbeit als Kunst, als gezielte Verwirklichung von Möglichkeit und als Bemühen um exzellente Verwirklichung.
Aber geht es in der Hauptsache nicht doch ums Geldverdienen? Im Falle existenzieller Not sehr wohl, da mit dem Lebensunterhalt das Leben in Frage steht. Ansonsten ist die Klärung ideeller Fragen die Voraussetzung dafür, nun auch materiellen Zusammenhängen relativen Sinn zugestehen zu können. Auf dieser Basis allein kann Geld und Besitz von Bedeutung sein: ideeller Sinn als Voraussetzung dafür, materielles Eigentum zu bilden und damit auch zurechtzukommen. Ein möglicher Sinn kann darin zu sehen sein, dass Geld und Besitz Freiheit im Sinne von Befreiung verbürgen und aus diesem Grund zu einer Angelegenheit der bewussten Lebensführung und der Lebenskunst werden: um über Lebensmöglichkeiten zu verfügen, nicht in unerwünschte Abhängigkeiten zu geraten oder aber sich daraus zu lösen, gesicherte Lebensbedingungen für sich und seine Familie zu schaffen, und eine Absicherung für das Leben im Alter zu erreichen – oder auch einfach nur um ins Kino gehen, sich eine
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