Mit Zähnen und Klauen: Horror-Thriller von Bestseller-Autor Craig DiLouie (German Edition)
verbrannt werden?«, fragt Ross, den sie Adlerauge nennen, weil er unheimlich genau mit dem M4-Karabiner zielt. Er ist gerade aufgewacht und noch verschlafen. »Mann, das ist krass.«
»Kann nur an den Haaren herbeigezogen sein«, glaubt McLeod. »In manchen Städten gibt es Massengräber, um die Toten vorübergehend zwischenzulagern, aber verbrannt wird niemand, um Himmels willen.«
»Wenn die Leute paranoid genug werden, sind sie dazu imstande«, erwidert Williams.
»Was ich damit sagen will: Was habe ich hier in New York verloren?«, fragt sich Boyd laut. »Warum bewachen wir keine Klinik in Idaho, zum Beispiel in Boise? Ich sollte dort sein – zu Hause, bei meinen Leuten, wenigstens im gleichen lausigen Bundesstaat … Ich muss meine Mom anrufen.«
»Ich wette, in Boise und den Nachbarorten sitzen auch Soldaten, genauso wie wir hier«, sagt Ruiz. »Unter ihnen befinden sich vermutlich New Yorker, die sich wünschen, daheim zu sein, und passen auf deine Familie auf, wie du es hier mit ihrer machst – genauso, wie jeder in diesem Platoon den Arsch für die anderen hinhält, verstanden?«
»Ich weiß nicht, Sergeant …«, wirft Boyd ohne Begeisterung ein.
Die Männer beginnen schweigend, ihre Ausrüstung anzulegen: Feldanzug, Stiefel, Knieschoner, Panzerweste, Brustgurt, Armbanduhr, Munition und Messer, Handschuhe, Primärwaffen und Helm.
»Gut, jetzt sind wir also schon so weit, dass wir uns gegenseitig in Brand setzen, aber wendet man den Gedanken vom halbvollen und halbleeren Glas auf dieses weltweite Krepieren an, fallen durchaus ein paar Dinge auf, über die wir ziemlich froh sein sollten«, sagt McLeod nach einer Weile, um das Eis zu brechen. »Zum Beispiel bekommen wir drei warme Mahlzeiten täglich, liegen acht Stunden in der Falle und haben sogar fließendes Wasser. Außerdem müssen wir nicht in Gegenden auf Streife gehen, wo es aussieht wie in Tijuana nach einem Splitterbomben-Angriff und die Gefahr besteht, dass uns improvisierte Sprengkörper oder irre Hadschis die Klöten abreißen.«
»Mund halten, McLeod«, brummt Ruiz.
»Ich versuche bloß, euch alle ein wenig aufzuheitern, indem ich darauf hinweise, dass vielleicht 200 Millionen Menschen sterben mögen und die Welt vor die Hunde geht, doch wenigstens sind wir selbst mit heilen Ärschen und nach wie vor beiden Eiern aus dieser Araberhölle entkommen. Und zwar ohne dass wir jetzt in irgendwelche Plumpsklos voller Fliegen kacken müssten – also Missionsziel erreicht. Stimmt’s, oder hab ich Recht?«
Fast alle lachen, aber der Sergeant steht schon vor McLeod, der ruckartig Haltung annimmt und geradeaus ins Leere starrt, während er sich bemüht, den Mund geschlossen zu halten und verschämt ein Lächeln unterdrückt. Ruiz tritt noch näher, sodass nur wenige Zentimeter Abstand zwischen ihnen bleiben. Seine Augen fordern eine Entschuldigung, doch McLeod bleibt respektvoll ausdruckslos. Letztlich schüttelt der Sergeant den Kopf übertrieben angewidert und entfernt sich. »Vamos, Ladys!«
Nachdem Ruiz den Saal verlassen hat, klopft Williams McLeod auf den Rücken. Ihre Freundschaft reicht bis zur Grundausbildung zurück, in der sie den Ernstfall Seite an Seite übten. Oftmals trug McLeod die Schuld daran, wenn sie Liegestützen verrichten mussten oder zum Latrinen-Putzen verdonnert wurden. Entweder waren sie im Unterricht eingenickt oder hatten die Ausbilder anderweitig verärgert.
»Wenn du weiterhin den Quertreiber spielst, wird dir Magilla ordentlich den Arsch aufreißen, Alter«, stellt Williams in Aussicht. Er meint es ernst: Ruiz ist ein redegewandter und umsichtiger Unteroffizier, jedoch mit nur kurzem Geduldsfaden, und dank seines ständigen Trainings präsentiert er einen derart muskelbepackten Körper, dass er an eine Bulldogge erinnert. Die Soldaten nennen ihn insgeheim Magilla, kurz für die Cartoonfigur Magilla Gorilla.
McLeod quittiert die Warnung mit überzeichnetem Achselzucken.
Als Boyd wieder anfängt, vor sich hin zu murmeln, während er langsam sein Rüstzeug anlegt, blafft Corporal Hicks ihn an: »Reiß dich zusammen, Rick. Fast jeder in diesem Platoon hat jemanden dort draußen, der infiziert wurde.«
»Ich sollte bei ihnen sein«, klagt Boyd. »Sie sind alles, was ich auf dieser Welt habe.«
»Wenn wir zielstrebig bleiben, stehen wir das durch, und damit meine ich uns alle. Wenn der Verband anfängt, sich aufzulösen, weil jeder seinen eigenen Kopf durchsetzen will … tja, dann möge uns Gott beistehen, denn
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