Miteinander reden von A bis Z
Stiehl und Trennscharf vollzogen wird, denn sonst kommt es schnell zu Irritationen. Beispielsweise wäre es unstimmig, wenn Herr Trennscharf auch in der Projektgruppe den gewohnten Ton anschlägt und Herrn Stiehl Anweisungen erteilt.
Wenn in der Kommunikationsberatung die Frage aufkommt «Wie soll ich hier am besten reagieren?», dann hängt die Antwort nicht zuletzt davon ab, welche Rolle der Fragesteller innehat und wie er selbst sie definiert (Rollen-Selbstverständnis). Bist du der Chef? Oder bist du externer Berater? Bist du der leibliche Vater oder der Stiefvater? Bist du die Mutter oder eine gute Freundin? Je nachdem wird eine stimmige Kommunikation anders ausfallen müssen. Darum ist die Auseinandersetzung mit der eigenen Rolle in einem gegebenen Feld die Voraussetzung für Sicherheit und eine «klare Linie» in der Kommunikation. «Was macht die Rolle mit mir, und was mache ich aus der Rolle?» gehört zu den Schlüsselfragen der Selbstreflexion.
Wer eine Rolle übernimmt, muss für Konflikte nicht sorgen. Sie kommen von selbst, da die unterschiedlichen Rollenpartner (z.B. Kunden, Kollegen, Lieferanten) durchaus nicht nur und nicht immer dieselben Erwartungen an den Rolleninhaber hegen. Die Mitarbeiter von Frau Scheff erhoffen, dass sie sich für sie stark macht und bessere Arbeitsbedingungen durchsetzt. Der Vorgesetzte von Frau Scheff erwartet, dass sie ihre Mitarbeiter zu verstärkter Einsatzbereitschaft motiviert. Wenn sie nun konfliktscheu nach der Devise «allen wohl und niemand weh!» agiert und kommuniziert, kommt sie bald in Teufels Küche. Notwendig ist die Erarbeitung eines Eigenstandpunktes, der dann nach beiden Seiten hin, notfalls auch mit Nachdruck, zu vertreten ist. Solche Konflikte, die innerhalb einer Rolle angelegt sind, werden Intra-Rollenkonflikte genannt.
Dagegen entstehen Inter-Rollenkonflikte , wenn jemand zwei oder mehr Rollen innehat und diese in einen Widerstreit geraten. In der Klasse von Lehrer Schimmelcent sitzt auch seine eigene Tochter. Wenn sie ihn zu Hause bittet, ihr bei der Vorbereitung auf die bevorstehende Klassenarbeit zu helfen, sind spätestens dann der Vater (der für seine Tochter das Beste will) und der Lehrer (der weiß, was drankommt) nur schwer voneinander zu trennen. Es kommt gar nicht so selten vor, dass jemand in einer gegebenen Situation «zwei Hüte» gleichzeitig auf dem Kopfe trägt. In dem Fall ist es günstig, wenn er klarmacht, aus welcher Rolle heraus er jeweils spricht (z.B. «Das sage ich jetzt nicht als Moderator, sondern als betroffener Abteilungsleiter»).
Literatur
Miteinander reden 3 , S. 190 ff. (S. 163 ff.)
Schweigen
Schweigen scheint das Gegenteil von Kommunikation zu sein. Weit gefehlt! Es gibt ein «beredtes Schweigen», ein «demonstratives Schweigen», in manchen Situationen kann es geradezu ein kommunikativer Kunstgriff sein, durch Schweigen den anderen zu nötigen, als Erster Farbe zu bekennen. Mitunter ist Schweigen «Gold», wenn es darum geht, Informationen nicht an der falschen Stelle auszuplaudern. Oder «wenn der Worte genug gewechselt sind» und es als Wohltat empfunden wird, wenn jemand «endlich mal die Klappe hält». In Kommunikationsseminaren wird das Schweigen nicht gelehrt und trainiert, es handelt sich um eine unterschätzte Schlüsselqualifikation. In der Schule gilt das Schweigen als Mangel (an Unterrichtsbeteiligung) und wird mit schlechten Noten für «das Mündliche» bestraft. Manche Menschen verhalten sich zeitlebens so, als ob es immer noch gute Noten für mündliche Beteiligung gäbe.
Nach diesem kleinen Loblied auf das Schweigen wollen wir aber nicht verhehlen, dass es auch eine «Mauer des Schweigens» gibt, die es wert ist, überwunden zu werden. Bin ich als Führungskraft, Seminarleiter oder Moderator einer Besprechung mit anhaltendem Schweigen konfrontiert, kann es sinnvoll und aussichtsreich sein, den Hintergrund des Schweigens zu erkunden. «Ist Ihr Schweigen ein andächtiges oder ein skeptisches, Herr Senkpiel?» «Weder noch, eher ein nachdenkliches.» «Nämlich?»
Unsere Erfahrungen lassen es zu, eine kleine «Typologie des Schweigens» vorzuschlagen, die auf den unterschiedlichen Hintergründen der Wortlosigkeit beruht:
Anspruchbefürchtung: Jemand hat Sorge, seine Äußerung könne zu banal, undurchdacht oder uninteressant für andere sein.
Blockade: Eine Person ist innerlich stark mit etwas beschäftigt, was sie im Moment weder aussprechen noch benennen kann.
Fehlende Passung: Jemand
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