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Miteinander reden von A bis Z

Miteinander reden von A bis Z

Titel: Miteinander reden von A bis Z Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedemann Schulz von Thun , Kathrin Zach , Karen Zoller
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entfernt vom Nullpunkt wird sie eingeordnet.
    Jede der vier Strebungen hat ihre Sonnen- und ihre Schattenseiten. Der Nähe-Strebung sind Einfühlungsvermögen und Hingabefähigkeit zugeordnet, gleichzeitig aber auch Konfliktscheu und übertriebene Anpassung. Die Distanz-Strebung hat ihr positives Potenzial in der Abgrenzungsfähigkeit ( →   Abgrenzung ) und Eigenständigkeit, während zu ihrer Schattenseite die Angst vor Nähe sowie die Tendenz zu arroganter Außenwirkung gehört. Die Dauer-Strebung ist durch Verlässlichkeit und Bodenständigkeit gekennzeichnet, aber auch durch Prinzipienreiterei, Pedanterie und Dogmatismus. Die Wechsel-Strebung wiederum sonnt sich in Begeisterungsfähigkeit und Lebendigkeit, zu ihrer Schattenseite können jedoch Launenhaftigkeit, Theatralik und Unzuverlässigkeit gehören.
    Stellt man die Ausprägung in den vier Strebungen für eine Person graphisch im Koordinatenkreuz dar, entsteht das Heimatgebiet der Person. Es spiegelt die Möglichkeiten und Grenzen ihres Verhaltens wider. Die Grenzen sind jedoch nicht starr, sondern entwickelbar. Zu jedem Heimatgebiet existiert ein Schattengebiet , welches dem Heimatgebiet über den Nullpunkt gesehen punktsymmetrisch gegenüberliegt (s. Abb.  58 ).
    Abb.  58 :
    Heimatgebiet und Schattengebiet
    Das Schattengebiet beinhaltet Verhaltensweisen, Bedürfnisse und Werte, die die eigenen Grundängste berühren. Manche Mitmenschen haben ein ähnliches Heimatgebiet wie man selbst, man fühlt sich ihnen verbunden und vertraut. Andere Menschen, die ihr Heimatgebiet dort haben, wo das eigene Schattengebiet liegt, erscheinen uns dagegen oft eher fremd. Diese Fremdartigkeit kann sowohl faszinierend als auch abstoßend sein.
    Je ferner uns ein Bedürfnis ist, welches an uns gerichtet wird, desto stärker reagieren wir abwehrend entsprechend unserem Heimatgebiet. Habe ich viele Anteile aus der Distanz-Strebung und mein Partner wünscht sich einen romantischen Urlaub zu zweit auf einer einsamen Insel, reagiere ich darauf vielleicht mit Ablehnung, da mein Bedürfnis nach Individualität bedroht ist («… aber nicht auf so einer Mini-Insel, wo man sich gar nicht mehr aus dem Weg gehen kann!»). Je mehr mein Partner mich von seiner Idee überzeugen will («Endlich mal nur wir beide, das hatten wir schon so lange nicht mehr!»), desto mehr werde ich mich sträuben («Wenn du da unbedingt hin willst, kannst du auch gerne alleine fahren. Mal zwei Wochen getrennt zu sein, täte uns bestimmt gut!»). Auf diese Weise kommt schnell ein →   Teufelskreis in Gang, in welchem beide Partner sich ihre Bedürfnisse gegenseitig zum Vorwurf machen und dabei mächtig übertreiben: «Du bist eine unselbständige Klette!» «Und du bist ein antisozialer Eigenbrötler!» ( →   Polarisierung ).
    Das Riemann-Thomann-Modell lässt sich auch als Entwicklungsmodell auffassen: Auf dem Wege zur «integralen Persönlichkeit» (G. Jun) kommt es darauf an, das angestammte Heimatgebiet zu erweitern und sich auch im Schattengebiet Terrain zu erobern. Der nähebegabte Mensch möge sich in Abgrenzung üben, der Dauerbegabte in Spontaneität und Improvisation, der Distanzbegabte in der Fähigkeit, sich einzulassen und der Wechselbegabte in der Kunst, Struktur, Ordnung, Beständigkeit und Ruhe walten zu lassen.
    Literatur
    Schulz von Thun, F.: Klarkommen mit sich selbst und anderen, S.  29 ff.
    Thomann, Chr./Schulz von Thun, F.: Klärungshilfe 1 , S.  173 ff.
    Thomann, Chr.: Klärungshilfe 2 , S.  230 ff.
    Jun, G.: Unsere inneren Ressourcen.

Rolle
    Die «Rolle» wird gemeinhin definiert als Summe der erwarteten Verhaltensweisen, die sich an den Inhaber einer Position richten. Diese Erwartungen betreffen die Beziehungen, die sich aus der Rolle ableiten (z.B. hierarchisch), sowie ihre Funktionalität (z.B. das Aufgabenprofil innerhalb einer Führungsrolle). Rollen regeln das soziale Miteinander auf eine sinnvolle Weise, indem sie Verhaltensnormen festlegen, die den Kommunikationspartnern Sicherheit geben.
    Die Klärung der eigenen Rolle ist das A und O in der Kommunikation, besonders dann, wenn es schwierig wird. Der Abteilungsleiter Herr Trennscharf ist disziplinarischer Vorgesetzter von Herrn Stiehl und als solcher ihm gegenüber weisungsbefugt. Wenn Stiehl und Trennscharf jedoch im Rahmen der Projektgruppe «Innovatives Produktdesign» unter der Leitung von Herrn Retro gleichberechtigt zusammenarbeiten, bedeutet dies einen Rollenwechsel. Wichtig ist, dass dieser Wechsel auch von

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