Mittagessen Nebensache
wie ein Kriminalroman. Sie sind einfach großartig, Ruth«, sagte
Larry bewundernd. »Aber wenn dieser Strolch die Schafe nun noch in der Nacht
verladen hätte?«
Ruth
errötete und wirkte einen Augenblick lang unsicher. »Ich — nun, mir war
bekannt, daß man sie erst heute morgen abholen würde.
Sie wissen ja, daß ein Viehtransport vorher bestellt werden muß. Ich redete
also Emily zu, sie solle ausharren, ich würde wiederkommen. Und anschließend
fuhr ich nach Hause.«
»Mein
Gott, welch eine Aufregung für die arme Emily«, stieß Larry aus. »Und für Sie
natürlich auch, Ruth«, fügte sie schnell hinzu.
»Dann
versuchte ich herauszubekommen, ob die Richards inzwischen nach Hause gegangen
waren. Sie dürfen nicht denken, daß ich am Telefon gelauscht hätte — ich rief
ihn ganz einfach an und fragte ihn, ob ein gewisser Mr. Smith bei ihm wohne,
wir hätten hier ein Telegramm für ihn. Und als ich mich dann wegen der Störung
entschuldigte, meinte er ganz leutselig, sie hätten noch nicht einmal mit dem
Tee begonnen. Die Gelegenheit war also günstig, und ich fuhr zurück.«
»Und Tantchen ? Haben Sie es ihr erzählt?«
»Nur
andeutungsweise. Man wird ja nie recht schlau aus ihr. Sie hörte meinen Anruf
und mußte natürlich wissen, daß ein Telegramm an Mr. Smith überhaupt nicht
existierte. Vermutlich hat sie sich ihr Teil gedacht, denn sie erkundigte sich
nebenher, ob ich zufällig bei Richards’ Weideplätzen vorbeigekommen sei. Als
ich sie später um den Wagen bat, sagte sie zu meiner Überraschung: >Der
Stall ist leer. Aber Sie wissen wohl, unsere Gesetze sind hart. Wenn jemand
eigenmächtig Schafe vom Grundstück eines anderen holt, so kann das ins Auge
gehen.< Ich erwiderte: >Das ist mir bekannt, machen Sie sich keine
Sorgen. Es kann spät werden. Sie wissen doch, Miss Adams, Larry liebt ihre vierbeinigen
Freunde über alles.<«
» Tantchen hat eine rasche Auffassungsgabe. Bestimmt hat sie
alles erraten.«
»Davon
bin ich überzeugt. Sie hat mich ziemlich lange und durchdringend fixiert und vor sich hingemurmelt, wer ein Lieblingsschaf
in die Konservenfabrik schicke, gehöre eigentlich ins Gefängnis. Dann sagte sie
noch sehr barsch, ich solle vorsichtig sein und vor allem nicht vergessen, daß
ich ausschließlich hierhergekommen sei, um ihr zu helfen, und nicht etwa, um
gute Werke zu vollbringen. >Überlassen Sie das ruhig Larry<, sagte sie
wörtlich und beschäftigte sich anschließend mit ihren Rechnungen. Sie hat nicht
einmal aus dem Fenster geblickt, als ich losfuhr.«
» Tantchen ist einfach wundervoll!« rief Larry
enthusiastisch. »Aber erzählen Sie weiter, ich platze beinahe vor Neugier. Ja,
Emily, nun hast du zuviel Möhren gefressen und Kolik
bekommen, aber du bist ja bald wieder zu Hause. Erzählen Sie weiter, Ruth.«
»Es
gibt nicht mehr viel zu erzählen. Es wurde dunkel, und die Pferche steckten
voller Schafe. Glücklicherweise aber war der, in dem Emily gefangengehalten wurde, nicht so voll wie die übrigen und befand sich außerdem direkt an der
Verladerampe. Ich fuhr rückwärts an die Rampe und lockte das Viecherl zu mir heran. Es kam auch sofort. Die Möhren, die
ich vorsichtshalber eingesteckt hatte, brauchte ich gar nicht. Die hohen
Bordwände am Wagen waren ebenfalls überflüssig, Emily wäre mir bestimmt nicht
davongesprungen. Sie schien richtig dankbar zu sein, denn während der Fahrt
blökte sie unentwegt, und ich antwortete ihr. Zu Hause angekommen, steckte ich
sie hier in den alten Stall, und sie schlief auf der Stelle ein, so erschöpft
war sie.«
Larrys
anschließende Dankeshymne nahm eine ziemliche Zeit in Anspruch, aber endlich
sprang sie auf. »Jetzt gehen wir hinüber zu Tantchen .
Schließlich muß ich mich auch bei ihr bedanken, aber vor allem möchte ich ihr
sagen, was sie für ein Prachtmensch ist.«
Ruth
blickte ein wenig beklommen drein. »Bitte — das geht auf gar keinen Fall. Ich
sagte Ihnen ja bereits, Miss Adams weiß lediglich, daß Emily hier im Stall
übernachtet hat. Mehr nicht. Daß ich persönlich mir eine Pflichtverletzung
erlaubt habe, ist meine Sache, aber schließlich trägt Miss Adams die
Verantwortung gegenüber den Behörden. Ich habe ihr Vertrauen mißbraucht .« .
Larry
gebärdete sich ganz aufgeregt. »Liebste Ruth, Sie sind einfach wundervoll! Sie
haben also doch am Telefon gelauscht?«
»Nein,
das hatte ich gar nicht nötig. Der Verkauf an die Fleischfabriken und die
Bestellung der Wagen wurde telegrafisch erledigt. Aber
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