1568 - Schreckenskammer
Delko ruhte normalerweise in sich selbst. Er konnte bei seinen Kunden nicht als nervöses Handtuch auftreten. Auch jetzt behielt er die Nerven.
Zudem war er ein Mann, der sich durchaus zu wehren wusste. Schon von der Körpergröße her konnte man ihn als respektabel bezeichnen. Er war groß, hatte breite Schultern, und seine Muskeln brauchte er ebenfalls nicht zu verstecken.
Gehört hatte Delko nichts. Er ging nur davon aus, dass sich die Anlage nicht geirrt hatte. Es war erst der zweite Einbruch in seine Firma. Er fragte sich nur, was einen Menschen dazu getrieben haben konnte, bei ihm einzubrechen.
Särge stehlen? Urnen mitnehmen? Oder Leichen, die bei ihm in Kühlfächern aufbewahrt wurden?
Es gab genügend Verrückte in dieser Welt. Sogar Leichen wurden gestohlen, um sich an ihnen zu vergehen. Es gab eigentlich nichts auf der Welt, was es nicht gab.
Das Büro lag praktisch in einem Mittelteil zwischen Geschäft und Lager.
Im Laden standen die Särge und Urnen zur Ansicht. Im Lager hatte Delko ebenfalls seine Waren stehen, und die Toten, die er für kurze Zeit in der Firma behielt, befanden sich in der Nähe in einem Kühlraum.
Aus einer Schublade entnahm Eric Delko eine Waffe. Es war eine Gaspistole.
Er hatte sich die Waffe nach dem ersten Einbruch zugelegt, sie aber noch nie eingesetzt. Das konnte sich an diesem Abend ändern, und Delko würde schießen, das stand fest.
Das Flackern der Lampe hatte ihn zwar gewarnt, es hatte ihm aber nicht gezeigt, wohin er gehen musste. Da verließ er sich auf sein Gefühl. Wer einbrach, der wollte Geld. Also konnte er davon ausgehen, dass der Unbekannt sich die Geschäftsräume vornehmen würde, weil er dort Geld vermutete Eric Delko lenkte seine Schritte in diese Richtung, und er versuchte möglichst lautlos zu gehen. Dabei lauschte er in die Stille hinein.
Da er sich in seinem Laden gut auskannte, brauchte er kein Licht. Er fand sich auch so zurecht.
Er hatte das Büro verlassen und ging durch einen Flur, der die einzelnen Geschäftsbereiche miteinander verband.
Im Geschäftsraum, in den Delko nun hineinschlich, hielt sich niemand auf. Da war alles okay. Von draußen her drang ein schwaches Licht durch die breite Scheibe und verteilte sich auf den ausgestellten Särgen und Urnen.
Wer hier einbrach und sich nicht auskannte, der brauchte Licht. Eine Lampe, um sich zu orientieren. Doch einen Lichtfinger sah der Bestatter nicht. Da wanderte nichts Helles durch die Finsternis, und so blieb nur eine Möglichkeit.
Der Einbrecher steckte im Lager, dort, wo sich die Leichen befanden.
Im Moment lagen dort zwei in den Kühlfächern. Sie würden morgen beerdigt werden. Seine Leute hatten sie bereits präpariert. Sie mussten nur noch in die schon bereitgestellten Särge gelegt werden.
Auch Urnen standen in zwei Regalen. Daneben gab es einen Schrank, der abgeschlossen war. In ihm wurden die Urnen aufbewahrt, in denen bereits die Asche der Verstorbenen lag und die bald ebenfalls in die Erde versenkt wurden.
Es war alles okay, bis eben auf den Einbrecher, denn an einen falschen Alarm glaubte der Bestatter nicht.
Man konnte das Lager von zwei Seiten betreten. Einmal vom Hof und dann von dem Flur her, in dem sich Eric Delko aufhielt. Er war in den vergangenen Sekunden noch angespannter geworden. Auf seiner Stirn klebte der Schweiß, und er hörte jetzt auch das Prasseln der Regentropfen gegen die Fensterscheiben.
Delko konzentrierte sich auf die Tür, die nicht abgeschlossen war. Er blieb davor stehen, lauschte, hörte nichts, aber er schaute noch durch das Schlüsselloch, und plötzlich umzuckte seinen Mund ein hartes Lächeln.
Er hatte genau das Richtige getan, denn er sah einen hellen Schein, der durch den Raum dahinter wanderte.
Also doch!
Delko nahm die Gaspistole in die rechte Hand. Er wusste, dass sich die Tür lautlos öffnen ließ. Er wollte und würde den Typ überraschen. Der Bestatter zog die Tür auf. Ja, da war jemand. Selbst durch den schmalen Spalt sah er den Lichtschein, der sich nicht mehr bewegte, weil der Einbrecher seine Lampe abgelegt hatte. Sie lag so, dass sie in eine bestimmte Richtung strahlte und ihm praktisch den Weg wies.
Der Kegel war auf den abgeschlossenen Schrank gerichtet, in dem sich die mit Asche gefüllten Urnen befanden, die in den nächsten Tagen beigesetzt werden sollten.
Das Möbelstück hatte ein kompaktes Unterteil. In seinem Oberteil befand sich eine geteilte Glastür. Sie musste geöffnet werden, um an die Urnen
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