Mitten im Gefühl: Roman (German Edition)
Knöchel in Händen gehalten hatte, konnte sie jetzt kaum Protest einlegen. »Danke, dass Sie mir geholfen haben, aber jetzt kehre ich am besten sofort zum Hotel zurück.«
»Sie sind doch eben erst angekommen«, tadelte Hector. »Geben Sie dem Ort eine Chance. Es gibt hier viel zu sehen.«
»Was für eine Begeisterung für die Natur.« Ihr Tonfall klang trocken. »Vermutlich sind Sie deshalb hier – um mit den Wundern der Schöpfung Gottes zu kommunizieren.« Sie betrachtete seine abgetragene Barbour-Jacke, die Cordhose, die grünen Hunter-Gummistiefel und fügte hinzu: »Sie sind doch Gast des Hotels?«
»Eigentlich nicht. Aber ich liebe diesen Ort.« Er zeigte auf das Gestrüpp an nackten Zweigen vor dem Fluss. »Darum ertrage ich den Gedanken nicht, dass Sie überstürzt nach London zurückkehren und all Ihren chicen Stadtfreunden erzählen, wie schrecklich Sie es hier fanden. Haben Sie überhaupt Schuhe ohne Absatz mitgebracht?«
Paula zögerte. Er schien charmant und war zweifelsohne attraktiv, aber sie hatte nicht die leiseste Ahnung, wer er war.
Ausflüchte suchend fragte sie: »Warum?«
»Wenn ja, dann könnten Sie sie anziehen und ich nehme Sie mit auf einen schönen, leichten Spaziergang – ich kann Sie sanft an die Natur heranführen.« Seine braunen Augen zwinkerten. »Und vielleicht können wir danach einen Tee trinken.«
Das war schwer. Wohnte er im Dorf? Konnte sie ihm vertrauen?
»Lieber nicht«, erwiderte Paula. »Aber danke für das Angebot.«
»Gut, kein Problem.« Er lächelte gewinnend und steckte die Abfuhr locker weg. »Aber wenn es Ihnen nichts ausmacht, begleite ich Sie zum Hotel zurück. Sie sollten etwas Antiseptikum auf Ihren Knöchel geben. Die Brombeerkratzer an Ihrem linken Bein haben geblutet.«
»Sie müssen mich nicht begleiten«, sagte Paula.
»Keine Sorge, ich tue Ihnen keinen Gefallen. Ich wollte sowieso in der Bar ein Bier trinken.«
Vielleicht war er der Dorfsäufer, charmant, aber arbeitsunwillig, ein Alkoholiker, der seine Tage damit verschwendete, zwischen seinen Saufgelagen durch die Landschaft zu streifen.
Auf dem Rückweg überquerten sie die Steinbrücke. Paula erkundigte sich neugierig: »Wissen Sie, wer ich bin?«
»Abgesehen davon, dass Sie eine Frau sind, die die Natur verabscheut?« Die Lachfältchen um seine Augen wurden sichtbar. »Ich mag ja wie ein Bauerntrampel aussehen, aber mein Schädel ist nicht mit Stroh ausgestopft.«
Bis sie den Hoteleingang erreichten, hatte sie erfahren, dass er pensioniert war, Golf liebte und gern Klavier spielte. Und er hatte sich unverblümt nach den schwachen Blutergüssen um ihre Augen erkundigt, woraufhin sie antwortete, dass sie unversehens in die Kulissen gelaufen sei.
»Tja, hier trennen sich unsere Wege.« Ihr freundlicher Retter wies auf die Bar zur Linken. »Es war nett, Sie kennen zu lernen. Wenn Sie sich mir später anschließen wollen, nur zu.«
Paula schenkte dem Mann ihr bestes professionelles Lächeln.
Offen gesagt fand sie, dass die Ansprüche des Hotels ziemlich niedrig sein mussten, wenn Besucher in Gummistiefeln Zutritt zur Bar bekamen. Auch wenn es die chicen Grünen von Hunter waren.
Zu ihrer Erleichterung war der Empfangsbereich halb leer, als sie eintraten. Prompt ging die Tür zum Büro der Geschäftsführerin auf.
»Um Himmels willen!« Daisy MacLean starrte die beiden entsetzt an. Ihr Blick fiel auf Paulas zerrissene Strümpfe und das blutende Bein. »Dad, kann man dich keine fünf Minuten allein lassen? Was um alles auf der Welt hast du unserem wichtigsten Gast angetan?«
In ihrem Zimmer zog Paula die absurd unangemessene Stadtkleidung aus. Tja, sie hatte nicht gewusst, dass ihr Aufzug absurd sein würde, als sie sich auf den Weg gemacht hatte. Natürlich war sie davon ausgegangen, dass die Wege rund um das Hotel asphaltiert waren.
Kurz darauf betrat sie in engen Lederhosen, einem Angorapulli und sorgfältig neu geschminkt die Bar.
Hector MacLean war bereits dort. Er hatte sein Landmann-Outfit schneller als sie gegen ein chices, schwarz-grün gestreiftes Hemd, schwarze Hosen und auf Hochglanz polierte, handgefertigte Schuhe ausgetauscht und saß an einem der Fenstertische, eine Kanne Kaffee vor sich.
»Sie haben gelogen«, schmollte Paula, als er aufstand, um sie zu begrüßen.
»Im Grunde nicht. Sie haben gefragt, ob ich ein Gast sei.«
»Na gut, aber Sie haben mich hinters Licht geführt. Warum haben Sie nicht einfach gesagt, dass Ihnen das Hotel gehört?«
Hector goss
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