Mitten in Amerika
Jersey-Butter aus Viertelliterkännchen ausgeschenkt wurde, wo die Ofenkartoffeln, mit winzigen Schirmchen verziert, Fußballgröße hatten und die Steaks so dick waren, daß man sie nur mit einem Samuraischwert schneiden konnte. Sein Onkel zuckte zusammen, als er die Preise las, und dann lobte er das Essen übermäßig, ein sicheres Zeichen, daß er Heimweh nach Chickee’s Place einen Block von seinem Laden entfernt hatte, wo er sich an einem Teller fritierter Hühnermägen oder Catfish-Eintopf gütlich tun konnte. Doch offenbar hatten seine Gedanken einen anderen Verlauf genommen, denn auf dem Gehsteig rülpste er und sagte: »Ich habe mir überlegt, mich auf Gemüse zu verlegen. Vegetarier zu werden. Fleisch ist einfachzu teuer. Oh. Warte mal. Bevor ich es vergesse. Wayne hat dir was geschickt. Und von mir gibt es auch eine Kleinigkeit.« Sein Onkel überreichte Bob zwei flache Päckchen. »Mach sie erst auf, wenn du dort bist«, sagte er.
»Bromo! Ich wußte gar nicht, daß du noch Kontakt zu ihm hast.«
»Tja. Habe ich. Haben wir. Wie auch immer.«
2. Künstlerisches Plastik
Als seine Eltern Bob auf der Türschwelle absetzten, hatte Onkel Tam einen Mitbewohner, Wayne Redpoll, mit wildem Blick und einer Visage wie aus Gummi, deren Züge sich um eine so auffällige Hakennase sammelten, daß seine Augen neben ihr verblaßten. Sein braunes Haar war gekräuselt und unbezähmbar, voll widerborstiger Energie. Bis zehn Uhr morgens, wenn der Laden öffnete, lümmelte er ohne Hemd herum und füllte Kreuzworträtsel aus, wobei er mit dem Stift an seine verfärbten Zähne klopfte. Er hatte eine eigenartige Brust, die Brustwarzen befanden sich beinahe unter den Achseln. Er war kein guter Kreuzworträtsellöser, er hatte keine Geduld und schrieb nach ein paar Minuten hin, was ihm in den Sinn kam, füllte die leeren Stellen mit irgendeinem beliebigen Wort aus, ob es paßte oder nicht. Bob konnte ihn nicht besonders gut leiden, und teilweise, um ihn beim Kreuzworträtsel zu schlagen, begann er sich mit Das große Kinderlexikon zu beschäftigen, das Onkel Tam aus einem Karton gefischt und ihm mit den Worten überreicht hatte: »Herzlichen Glückwunsch zu diesem wundervollen Mittwochmorgen.« Mit zwölf Jahren konnte er das dienstags erscheinende Kreuzworträtsel der New York Times in weniger als zwanzig Minuten mit einem Kuli lösen, doch donnerstags und freitags saß er mehrere Stunden mit dem Bleistift in der Hand davor, weil die Fragen schlau formuliert waren und Kenntnisse kultureller Vorgänge in finsterer Vergangenheit voraussetzten. Alle möglichen Wörter strömten durch seinen Geist – Ozelot, Strabismus, plat du jour , Archipel, Kontemplation, Phantom, Mesa, Sitar, Boutique. Wayne versuchte Bobs Können etwas entgegenzusetzen, indem er alteInformationen über Kreuzworträtsel ausgrub und sie ihm erklärte, als seien sie der Dreh- und Angelpunkt an der Sache: daß Kreuzworträtsel 1913 von einem Zeitungsmann aus Liverpool erfunden worden waren und 1924 ein landesweites Steckenpferd wurden. Meistens rümpfte er die Nase über das New York Times -Kreuzworträtsel, das, wie er behauptete, ein Kinderspiel sei – bedeutungsvoller Blick zu Bob –, verglichen mit den tückischen Rätseln der Briten, besonders denen mit kryptischen Formulierungen, wie sie die Altmeister Torquemada, Ximenes und Azed ersonnen hatten. Doch diese Persiflage nützte ihm nichts. Ihm fehlte das Können, das Bob hatte.
Wayne Redpoll hatte den Spitznamen »Bromo« nach einem ausgiebigen Besäufnis erhalten, nicht lange nach Bobs Ankunft. Er hatte einen Kater und jammerte, trank schwarzen Kaffee, um auf die Beine zu kommen, sagte: Verdammt, ich gehe mir die Beine vertreten, um einen klaren Kopf zu bekommen, landete in Chickee’s Place, wo er sich ein Bromo Seltzer bestellte, um sein aufgewühltes Innenleben zu beruhigen. Er trank die sprudelnde Mixtur und kotzte sie wenige Sekunden später auf die Theke.
Er hatte die Angewohnheit, seine Wörter hinter den Zähnen festzuhalten, und ließ sie nur durch den denkbar engsten Spalt zwischen den Kiefern hinausschlüpfen, so daß alles, was er sagte, von einem Zischen begleitet wurde. Er konnte vieles nicht ausstehen. Er verabscheute die »Trinkt Milch«-Kampagne, die Berühmtheiten mit geleerten Milchgläsern zeigte, ihre Oberlippe weiß, als tränken sie wie Tapire. Abgesehen von Flugzeugentführern verabscheute er das Fliegen, vor allem die munteren Aufforderungen des Personals, die Fenster zu
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