Mitten in der Nacht
ist es, ihn glücklich zu machen. Ich mache ihn glücklich. Du bist mit ihm blutsverwandt, Julian. Sein Zwillingsbruder. Es ist nicht rechtens, dass wir uns derart uneins sind. Ich will versuchen, dir eine Schwester zu sein. Deine Freundin.«
Er kippte den Rest des Brandys hinunter. »Du willst meine Freundin sein?«
»Ja, Lucian zuliebe sollten wir –«
»Wie freundlich bist du?« Er stürzte sich auf sie und packte ihre Brüste, dass es wehtat.
Sie wurde starr vor Schreck. Siedend heiß durchzuckte sie die Demütigung, die mit dem Schrecken einherging. Der Hieb, der ihn an der Wange traf, war mit genügend Wucht geführt, ihn taumeln zu machen.
»Bastard! Du Tier! Wenn du mich noch ein Mal anfasst, bringe ich dich um. Ich gehöre Lucian. Ich bin die Frau deines Bruders.«
»Die Hure meine Bruders!«, schrie er ihr nach, als sie zur Tür rannte. »Ehe ich zulasse, dass du dir nimmst, was mir gehört, bist du tot, du Cajun-Schlampe.«
Wutentbrannt stieß er sich vom Kamin ab. Der schwere silberne Kerzenhalter stürzte herab, knallte gegen den Kachelrand und schlug eine Ecke heraus.
Declan hatte sich nicht von der Stelle bewegt. Als er wieder zu sich kam, saß er noch immer am Kamin, den Rücken dem prasselnden Feuer zugekehrt. Noch immer klatschte der Regen auf die Erde und lief über die Fensterscheiben.
Genauso wie während seiner... Vision? Seines geistigen Wegtretens? Seiner Halluzination?, überlegte er.
Er presste seinen Handballen zwischen die Augen, von wo aus der Kopfschmerz sich wie ein Stachel in seinen Schädel bohrte.
Vielleicht hatte er gar keine Geister im Haus, überlegte er. Vielleicht hatte er einen Gehirntumor. Das ergäbe mehr Sinn. Alles ergäbe mehr Sinn.
Mit schlagenden Türen, kalten Stellen, ja sogar mit dem Schlafwandeln als Nebenprodukte des Hauses konnte er leben. Aber er hatte diese Menschen gesehen, in seinem Kopf gesehen. Sie dort gehört – ihre Worte, ihren Tonfall. Und er hatte sie sogar gespürt, was ihn noch stärker verunsicherte.
Er hatte weiche Knie, konnte sich kaum auf den Beinen halten, als er aufzustehen versuchte. Am Kamin Halt suchend, klammerten sich seine Finger so fest daran, dass er sich nicht gewundert hätte, wenn der Marmor zerbröckelt wäre.
Sollte mit ihm körperlich oder geistig tatsächlich etwas nicht in Ordnung sein, musste er das in den Griff kriegen. Ein Fitzgerald steckte nicht einfach seinen Kopf in den Sand, wenn es brenzlig wurde.
Nachdem er wieder einigermaßen zu Kräften gekommen war, ging er in die Küche, um nach Aspirintabletten zu kramen. Er nahm sich vier Stück und schluckte sie in dem Wissen, dass er ebenso gut versuchen könnte, ein Buschfeuer auszupinkeln. Danach drückte er das leer getrunkene kalte Glas an seine Stirn.
Er würde nach Boston fliegen und dort seinen Onkel aufsuchen. Der jüngste Bruder seiner Mutter war zwar Kardiologe, aber er kannte bestimmt den richtigen Neurochirurgen. Ein paar Tage, ein paar Tests und er würde wissen, ob er verrückt war, von Geistern heimgesucht wurde oder sterbenskrank war.
Schon wollte er nach dem Telefonhörer greifen, da hielt er inne und schüttelte den Kopf. Verrückt, dachte er, das traf es wohl am besten. Wenn er zu Onkel Mick ginge, würden sich seine potenziellen gesundheitlichen Probleme wie ein Virus in seiner Familie ausbreiten.
Außerdem, wofür sollte er zurück nach Boston? Auch in New Orleans gab es Ärzte. Er würde sich von Remy einen empfehlen lassen. Er könnte seinem Freund erklären, er suche einfach einen Arzt und einen Zahnarzt hier in der Gegend. Das wäre nur logisch.
Er würde sich durchchecken lassen und den Arzt dann bitten, ihn an einen Spezialisten zu überweisen. Ganz einfach, direkt und effizient.
Wenn die Geister es schon nicht vermochten, ihn aus Manet Hall zu vertreiben, verdammt sollte er sein, wenn es ein Gehirntumor vermöchte.
Als er sein Glas absetzte, schlug eine Tür im ersten Stock. Er blickte einfach hoch an die Decke und grinste mürrisch.
»Ist ja gut, ich habe auch eine Scheißlaune.«
Bis zum Mittwoch hatte er sich wieder gefangen. Vermutlich hatte die Vorfreude, Lena wieder zu sehen, dazu beigetragen, seine Stimmung zu heben – in Kombination mit der Arbeit, die er in jenen letzten Tagen vor der Fastenzeit zu Ende bringen konnte. Für die folgende Woche hatte er einen Termin bei Remys Arzt vereinbart, und nachdem er diesen Schritt erst einmal getan hatte, gelang es ihm, die Sorge um seinen Geisteszustand zu verdrängen.
Es
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