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Mitten in der Nacht

Mitten in der Nacht

Titel: Mitten in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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war zu keinen weiteren Bewusstseinstrübungen mehr gekommen. Wenigstens keine, die er mitgekriegt hatte.
    Der Regen war schließlich weitergezogen, um Florida heimzusuchen, hatte ihm aber die ersten zarten Trompeten der Osterglocken beschert, die in Tuffs einen seiner Gartenpfade säumten.
    Im morgendlichen Wetterbericht waren zehn Zentimeter Neuschnee in Boston verkündet worden.
    Sofort rief Declan seine Mutter an, um schadenfroh darauf herumzureiten.
    Sonnenschein und Frühlingserwachen ließen ihn rascher als erwartet seine Arbeiten umstellen. Die Arbeit in der Bibliothek ließ er erst einmal ruhen und begann draußen damit, die Galerie im ersten Stock zu stabilisieren und beschädigte Bretter auszubessern.
    Dazu hörte er Ray Charles und fühlte sich gesund wie ein Pferd. Er beschloss, die Franks mit den Frühjahrspflanzungen zu beauftragen. Er hatte einfach nicht die Zeit dazu. Nächstes Jahr würde er sich selbst darum kümmern. Jedenfalls so viel er schaffen konnte.
    Im nächsten Frühjahr würde er am Sonntagmorgen hier draußen auf der Galerie sitzen, Beignets essen und Milchkaffee trinken – mit Lena. Lange, faule Sonntage mit Blick auf die Wiesen und den Garten. Und noch ein paar Jahre weiter auf Kinder, die auf dem Hof und im Garten spielten.
    Er wollte eine eigene Familie gründen, und dieses Wissen tat ihm gut. Noch nie hatte er dieses Bedürfnis verspürt, das Bedürfnis, gleichzeitig das Jetzt und das Morgen zu sehen.
    Auf diese Weise wusste er, dass seine Gefühle für sie richtig waren. Seine Pläne, die er für sie beide hatte. Er würde ihr in der Bar helfen, wenn sie ihn brauchte, ginge aber seiner eigenen Arbeit nach.
    Er drehte seine Hände um und studierte seine Handinnenflächen, die Schwielen, die sich darauf gebildet hatten. Die kleinen Kerben und Narben wusste er als seine Tapferkeitsmedaillen zu schätzen.
    Er würde seine Hände, sein Rückgrat und seine Vorstellungsgabe benutzen, um andere Häuser umzubauen. Wenn die Leute in der Gemeinde einen Bauunternehmer suchten, fiele ihnen sofort der Name Declan Fitzgerald ein.
    Ihr hättet das alte Haus sehen sollen, ehe er es in seinen Besitz nahm, werden sie sagen. Wenn du gute Arbeit haben willst, ruf Dec an. Er wird sich um alles kümmern.
    Diese Vorstellung belustigte ihn, und er riss das nächste morsche Brett heraus.
    Um vier Uhr war er mit der Arbeit am Fußboden der langen vorderen Galerie fertig und streckte sich bäuchlings darauf aus, um sich auszuruhen. Zu den Klängen von B. B. King, der seine Lucille anflehte, schlief er ein.
    Und schlief noch, als er aufstand und die wackelige, durchhängende geschwungene Treppe zur Rasenfläche vor dem Haus hinabstieg.
    Das Gras unter seinen Füßen war dicht, und die Sonnenhitze ergoss sich über sein Gesicht und brannte ihm trotz des Hutes, den er zum Schutz trug, auf seinen Kopf.
    Die anderen waren drinnen, aber er wollte zum Teich und sich die Seerosen ansehen. Er wollte sich in den Schatten der Weide setzen, der über das Wasser tanzte, und lesen.
    Er liebte den Gesang der Vögel und nahm dafür die Hitze gern in Kauf. Die Hitze war ehrlich. Im Herrenhaus war die Luft kalt und falsch.
    Es brach einem das Herz, zusehen zu müssen, wie das Haus, das er so sehr liebte, vor Bitterkeit verrottete.
    Er blieb am Teichufer stehen und sah hinab auf die grünen Blattteller und ihren Schmuck, die cremeweißen Seerosen. Fasziniert verfolgte er die vorbeischwirrenden Libellen, deren sonnenfunkelnde Flügel schillernd verschwammen. Ein Frosch platschte ins Wasser und ein Kardinal schrie.
    Als er seinen Namen hörte, wandte er sich um. Und lächelte, als seine Geliebte über den samtigen Rasen auf ihn zukam. Solange sie zusammen waren, solange sie sich liebten, würde Manet Hall existieren.
    »Declan, Declan.«
    Alarmiert packte Lena ihn an den Armen und schüttelte ihn. Als sie in seine Einfahrt gebogen war, hatte sie ihn die trügerischen Stufen heruntergehen sehen und dann verfolgt, wie er sich in einem merkwürdig schleppenden Gang, der gar nicht zu seinem üblichen forschen Schritt passen wollte, dem Teich genähert hatte.
    Seine Augen standen offen, waren aber starr und gaben ihr das Gefühl, dass er durch sie hindurchsah und sein Blick sich auf etwas – oder jemand anderes – richtete.
    »Declan.« Mit fester Stimme und festen Händen nahm sie sein Gesicht in ihre Hände. »Sieh mich an. Hörst du mich? Ich bin es, Lena.«
    »Wir wollen uns unter die Weide setzen, wo uns keiner sehen

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