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Mitternacht

Mitternacht

Titel: Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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heiß vor Zorn wurde. Er wollte sie alle umbringen.
    Er hob mit seiner guten Hand die 38er Pistole auf und hielt sie im Schoß fest. Sie würden ihn noch eine ganze Weile nicht finden, aber er fühlte sich wohler mit der Waffe in der Hand.
    In der Armee hatte er Wettbewerbe im Gewehrscharfschießen und im Schießen mit Faustfeuerwaffen gewonnen. Das war schon lange her. Er hatte seit zwanzig Jahren keine Waffe mehr abgefeuert, nicht einmal zur Übung, seit er aus jenem wunderschönen asiatischen Land zurückgekehrt war, wo er an einem Morgen mit außergewöhnlich schönem, blauen Himmel für den Rest seines Lebens zum Krüppel gemacht worden war. Er hielt den 45er und die 38er sauber und geölt, weil es eine Gewohnheit geworden war; die Lektionen und der Drill eines Soldaten wurden fürs Leben gelernt - und jetzt war er froh darum.
    Ein Poltern.
    Das Summen von Motoren.
    Der Fahrstuhl.

18
    Als er den halben Weg durch den Korridor zurückgelegt hatte, in der linken Hand die trübe Taschenlampe, in der rechten seinen Revolver, und Chrissie gerade einholte, hörte Sam draußen eine Sirene näher kommen. Sie war nicht lebensgefährlich, aber sie war nahe genug. Er konnte nicht sagen, ob der Streifenwagen sich der Rückseite des Schulgebäudes näherte, wohin sie flohen, oder ob er zum Eingang fuhr.
    Chrissie war sich offenbar auch nicht sicher. Sie blieb stehen und sagte: »Wohin, Sam? Wohin?«
    Tessa sagte hinter ihnen: »Sam, die Tür!«
    Er verstand einen Augenblick nicht, was sie meinte. Dann sah er die Tür am anderen Ende des Flurs aufgehen, etwa dreißig Meter entfernt, dieselbe Tür, durch die sie hereingekommen waren. Ein Mann trat ein. Die Sirene heulte immer noch und kam näher, also war Verstärkung unterwegs, ein ganzes Bataillon. Der Mann, der durch die Tür gekommen war, war lediglich der erste - groß, ungefähr einen Meter neunzig, aber ansonsten nur ein Schatten, der von der Sicherheitsleuchte rechts außerhalb der Tür nur minimal beleuchtet wurde.
    Sam feuerte einen Schuß mit seinem 38er ab, ohne festzustellen, ob der Mann ein Feind war, denn sie waren alle Feinde, jeder einzelne - ihr Name war Legion -, und er wußte, der Schuß ging fehl. Seine Treffsicherheit wurde von dem verletzten Handgelenk beeinträchtigt, das nach ihren Abenteuern im Tunnel teuflisch schmerzte. Mit dem Rückstoß schössen Schmerzen durch das Gelenk bis zur Schulter hin auf und wieder zurück, Herrgott, die Schmerzen strömten wie Säure durch ihn, von der Schulter bis zu den Fingerspit zen. Er hätte beinahe die Waffe fallengelassen.
    Während das Echo von Sams Schuß noch von den Wänden des Flurs hallte, eröffnete der Bursche am anderen Ende das Feuer mit seiner eigenen Waffe, aber er verfügte über schwere Artillerie. Eine Schrotflinte. Glücklicherweise konnte er nicht damit umgehen. Er zielte zu hoch, weil er offenbar nicht wußte, wie sehr der Rückstoß die Mündung hochreißen würde. Als Folge dessen ging der erste Schuß nur zehn Meter von ihm entfernt in die Decke und riß eine der ausgeschalteten Neonröhren und ein paar schalldämpfende Fliesen herunter. Seine Reaktion bestätigte mangelnde Er fahrung im Umgang mit der Waffe; er glich den Rückstoß zu sehr aus und hielt die Mündung zu weit nach unten, als er zum zweiten Mal abdrückte, daher traf die zweite Ladung den Boden weit vor dem Ziel.
    Sam blieb kein müßiger Beobachter der Fehlschüsse. Er packte Chrissie und stieß sie nach links, quer über den Flur in ein dunkles Zimmer, während der zweite Schuß Fetzen aus dem PVC-Boden riß. Tessa war direkt hinter ihnen. Sie schlug die Tür zu und lehnte sich dagegen, als würde sie sich für Superwoman halten und denken, daß alle Kugeln, die durch das Holz drangen, harmlos von ihrem Rücken abprallen würden.
    Sam hielt ihr die erbärmlich dunkle Taschenlampe hin. »Ich brauche mit der Handgelenksverletzung beide Hände, um mit der Waffe zu schießen.«
    Tessa leuchtete mit dem schwachen gelben Schein in dem Zimmer herum. Sie waren im Raum des Orchesters. Rechts von der Tür stiegen breite Stufen mit Stühlen und Notenständern bis zur Rückwand empor. Links befand sich ein großer Freiraum und das Podium des Dirigenten, ein Pult aus hellem Holz und Metall. Und zwei Türen. Beide standen offen und führten in angrenzende Zimmer.
    Chrissie mußte sich nicht bitten lassen, Tessa zur nächstgelegenen der beiden Türen zu folgen, und Sam machte den Schluß, ging rückwärts und behielt die Tür im Auge,

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