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Mitternacht

Mitternacht

Titel: Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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sich, sich zu übergeben. Als sie an der verwesten Masse vorbei wa r, hielt sie inne und streifte den Schuh am Betonboden des Rohrs ab.
    Dann eilte sie weiter in das Abflußrohr. Sie wuselte sich mit gebeugten Knien, eingezogenen Schultern und gesenktem Kopf vorwärts, und ihr wurde klar, daß sie wie ein Troll aussehen mußte, der in seine geheime Höhle verschwindet.
    Fünfzig oder sechzig Schritte nach dem unbekannten toten Ding blieb Chrissie stehen, bückte sich und drehte sich um, damit sie zur Öffnung des Schachts sehen konnte. Sie konnte den Graben im Mondlicht durch die kreisförmige Öffnung erkennen, sie sah sogar mehr als sie erwartet hatte, weil die Nacht im Kontrast zur Dunkelheit im Rohr heller wirkte als draußen.
    Alles war still.
    Von den Gullygittern der Highways östlich über ihr wehte ein sanfter Wind herab und trieb den Gestank des toten Tiers von ihr weg, so daß sie nicht einmal eine Spur mehr davon wahrnehmen konnte. Die Luft roch lediglich nach Dunkelheit und einem Hauch Mehltau.
    Stille hielt die Nacht umklammert.
    Sie hielt einen Augenblick den Atem an und lauschte angestrengt.
    Nichts.
    Sie blieb geduckt stehen und verlagerte das Gewicht von einem Fuß auf den anderen.
    Stille.
    Sie fragte sich, ob sie tiefer in das Rohr vordringen sollte. Dann fragte sie sich, ob Schlangen im Abflußrohr sein könnten. War dies nicht der perfekte Ort für Schlangen, wenn sie Schutz vor der kühlen Nachtluft suchten?
    Stille.
    Wo waren ihre Eltern? Tucker? Vor einer Minute waren sie dicht hinter ihr gewesen, zum Greifen nah.
    Stille.
    Klapperschlangen waren in den Hügeln an der Küste zu Hause, aber um diese Jahreszeit nicht aktiv. Wenn ein Nest Klapperschlangen...
    Die anhaltende unnatürliche Stille raubte ihr die Nerven, und sie verspürte den Drang zu schreien, nur um den Bann des Schweigens zu brechen.
    Ein schriller Schrei zerriß die Stille draußen. Er hallte durch den Betontunnel, an Chrissie vorbei und prallte im Durchgang hinter ihr von Wand zu Wand, als würden sich ihr die Jäger nicht nur von außen, sondern auch aus den Tie fen der Erde hinter ihr nähern.
    Schemenhafte Gestalten sprangen in den Graben außerhalb des Rohrs.

12
    Sam fand zwei Blocks von seinem Motel entfernt ein mexikanisches Restaurant in der Serra Street. Er schnupperte nur einmal die Luft in dem Lokal und wußte, daß das Essen gut sein würde. Diese Melange war das geruchsmäßige Äquivalent eines Albums von Jose Feliciano: Chilipulver, kochendes Chorizo, das süße Aroma von mit masa harina gemachten Tortillas, Cilantro, Pfefferschoten, der strenge Geruch von Jalapenochilis, Zwiebeln...
    Das Perez Family-Restaurant war so unprätentiös wie sein Name, ein einziger rechteckiger Raum mit Nischen aus blauen Vinyl an den Seitenwänden, Tischen in der Mitte, der Kü che im hinteren Teil. Die Familie Perez hatte, anders als Burt Peckham in der Knight's Bridge Tavern, mehr Betrieb als sie verkraften konnte. Das Restaurant war zum Brechen voll, abgesehen von einem kleinen Tisch mit zwei Stühlen hinten, an den Sam von einer Teenagerkellnerin geführt wurde. Kellner und Kellnerinnen waren leger in Jeans und Pullover gekleidet, das einzige schwache Zugeständnis an eine Uniform waren weiße Halbschürzen, die sie um die Taillen gebunden hatten. Sam fragte nicht einmal nach Guinness, das er noch nie in einem mexikanischen Restaurant gefunden hatte, aber sie hatten Corona, und das war fein, wenn das Essen gut war.
    Das Essen war sehr gut. Nicht wahrhaft, unvergleichlich großartig, aber besser als man in einer nördlich gelegenen Küstenstadt mit dreitausend Einwohnern hätte erwarten dürfen. Die Maisfladen waren hausgemacht, die Salsa dick und sämig, die Bondigas -Suppe wohlschmeckend und so scharf gewürzt, daß ihm ein wenig der Schweiß ausbrach. Als er die Krabbenenchiladas mit Tomatenpüree gegessen hatte, war er halb überzeugt, daß er tatsächlich so schnell wie möglich nach Moonlight Cove ziehen sollte, auch wenn er eine Bank ausrauben müßte, damit er sich den vorzeitigen Ruhestand leisten könnte.
    Nachdem er die Überraschung wegen des Essens überwunden hatte, fing er an, den anderen Gästen ebensoviel Aufmerksamkeit zu schenken wie dem, was er auf dem Teller hatte. Allmählich fielen ihm einige Seltsamkeiten an ihnen auf.
    Wenn man bedachte, daß sich achtzig bis neunzig Menschen in dem Restaurant aufhielten, war es ungewöhnlich still. Erstklassige mexikanische Restaurants - mit gutem Essen, gutem Bier und

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