Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mitternacht

Mitternacht

Titel: Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
starken Margaritas - waren ausgelassene Orte. Bei Perez unterhielten sich jedoch nur etwa ein Drittel der Gäste angeregt an ihren Tischen. Die restlichen zwei Drittel aßen schweigend.
    Nachdem er das Glas geneigt und sich aus der frischen Flasche Corona eingeschenkt hatte, die er gerade bekommen hatte, studierte Sam einige der schweigsamen Esser. Drei Männer mittleren Alters saßen in einer Nische an der rechten Seite des Raumes und aßen Enchiladas und Tacos und Chimichangas, sahen auf ihr Essen oder vor sich ins Leere, gelegentlich auch einander an, aber ohne ein Wort zu spre chen. Auf der anderen Seite des Zimmers hatten sich zwei Teenagerpaare über Vorspeisenteller hergemacht, ohne die Mahlzeit mit dem Schwatzen und Kichern zu untermalen, die man von Kindern ihres Alters erwartet hätte. Ihre Konzentration war so angestrengt, daß es Sam um so seltsamer vorkam, je länger er sie betrachtete.
    Im ganzen Lokal waren Menschen verschiedenen Alters und in allen möglichen Gruppen einzig und allein aufs Essen konzentriert. Alles schienen herzhafte Esser zu sein und aßen Vorspeisen, Suppe, Salate und Beilagen; wenn sie fertig waren, bestellten manche >noch ein paar Tacos< oder >noch einen Burrito<, bevor sie Eis oder Nachtisch bestellten. Ihre Kiefermuskeln traten beim Kauen hervor, und kaum hatten sie geschluckt, schoben sie sich rasch mehr in den Mund. Manche aßen mit offenem Mund. Einige schluckten so heftig, daß Sam sie sogar hören konnte. Sie waren rot im Ge sicht und schwitzten, zweifellos wegen der mit Jalapeno gewürzten Sauce, aber kein einziger gab eine Bemerkung wie >Junge, ist das scharf< oder >Verdammt gut gewürzt< oder elementarste Kommentare zu seinem Nachbarn von sich. Das Drittel der Kunden, die sich fröhlich miteinander unterhielten und ihr Essen mit normaler Geschwindigkeit verzehrten, bemerkte offenbar nichts vom hektischen Essen der anderen Gäste. Natürlich waren schlechte Tischsitten nicht selten; mindestens ein Viertel aller Gäste in jeder Stadt hätte Knigge in den Wahnsinn getrieben, wenn sie mit ihm geges sen hätten. Dennoch schien die Gier einiger Kunden der Familie Perez für Sam erstaunlich zu sein. Er vermutete, die manierlichen Gäste waren dem Benehmen der anderen gegenüber gleichgültig geworden, weil sie es schon so häufig mit angesehen hatten.
    Konnte die kalte Meeresluft der nördlichen Küste dermaßen appetitanregend sein? Lehnte sich ein eigentümlicher ethnischer Hintergrund oder ein Bruch in der gesellschaftlichen Entwicklung von Moonlight Cove gegen die universelle Entwicklung allgemein akzeptierter Tischsitten der westlichen Welt auf?
    Was er im Perez Family-Restaurant sah, war ein Rätsel, auf das sich jeder Soziologiestudent, der verzweifelt nach einem Thema für seine Dissertation suchte, mit Vergnügen gestürzt hätte. Aber nach einer Weile mußte Sam sich von den gefräßigen Leuten abwenden, weil deren Benehmen ihm selbst den Appetit nahm.
    Später, als er über die Höhe des Trinkgelds nachdachte und Geld auf den Tisch legte, um die Rechnung zu begleichen, beobachtete er die Menge noch einmal, und jetzt stellte er fest, daß keiner der kräftigen Esser Bier, Margaritas oder sonst etwas Alkoholisches trank. Sie hatten Eiswasser oder Cola vor sich, manche tranken Milch, ein Glas nach dem anderen, aber jeder oder jede einzelne dieser Vielfraße schien Antialkoholiker zu sein. Wären er nicht Polizist gewesen und zwar ein guter - und ausgebildet, nicht nur zu beobachten, sondern auch darüber nachzudenken, was er beobachtete, wäre ihm diese Einzelheit vielleicht gar nicht aufgefallen. Er erinnerte sich, wie wenig Gäste in der Knight's Bridge Tavern Alkohol getrunken hatten.
    Welche ethnische Kultur oder Religion lehnte Alkohol ab, während sie gleichzeitig schlechte Manieren und Gier ermutigte?
    Ihm fiel keine ein.
    Als Sam sein Bier getrunken hatte und aufstand, um zu gehen, sagte er sich, daß er die unhöflichen Leute zu ernst nähme, daß diese befremdliche Fixierung aufs Essen auf ein paar Menschen beschränkt bliebe und nicht so verbreitet wäre, wie er vermutete. Schließlich hatte er von seinem hinteren Tisch nicht den ganzen Raum und jeden Gast sehen können. Aber als er hinausging, kam er an einem Tisch vorbei, an dem drei attraktive und gut angezogene junge Frauen gierig aßen, aber keine sagte etwas, und ihre Augen wa ren glasig; zwei hatten Essenreste auf dem Kinn, was sie gar nicht zu bemerken schienen, und die dritte hatte soviel Fla

Weitere Kostenlose Bücher