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Mitternachtspalast

Mitternachtspalast

Titel: Mitternachtspalast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Ruiz Zafón
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ihn stumm. Ben betrachtete die Höllenmaschine, die neben ihm stampfte, und bemerkte das ins Metall geprägte Symbol eines Vogels, der sich aus den Flammen erhob. Jawahals Hand ruhte auf dem vibrierenden Kessel und schien die Kraft zu absorbieren, die in seinem Inneren brannte. Ben besah aufmerksam das verworrene Gebilde aus Leitungen, Ventilen und Gastanks, das neben ihnen keuchte und hämmerte.
    »In einem anderen Leben war ich Erfinder, mein Sohn«, sagte Jawahal. »Meine Hände und mein Geist konnten Dinge erschaffen. Jetzt können sie nur noch zerstören. Das hier ist meine Seele, Ben. Tritt näher und sieh dir an, wie das Herz deines Vaters schlägt. Ich selbst habe es geschaffen. Weißt du, warum ich es den Feuervogel genannt habe?«
    Ben sah Jawahal an, gab jedoch keine Antwort.
    »Vor Tausenden von Jahren gab es eine verfluchte Stadt, fast so wie Kalkutta«, erklärte Jawahal. »Ihr Name war Karthago. Als sie von den Römern erobert wurde, war deren Hass auf den Mut der Phönizier so groß, dass sie sich nicht damit zufriedengaben, die Stadt zu schleifen und die Männer, Frauen und Kinder zu töten. Sie mussten jeden einzelnen Stein zerstören, bis nur noch Staub übrig war. Doch auch das reichte nicht aus, um ihren Hass zu besänftigen. Deshalb ordnete Cato, der ihre Truppen befehligte, an, jeden Winkel der Stadt mit Salz zu bestreuen, auf dass nie wieder Leben aus diesem verfluchten Boden keimen könne.«
    »Warum erzählen Sie mir das?«, fragte Ben. Er spürte, wie ihm der Schweiß den Körper hinabrann und in der stickigen Hitze, die von den Kesseln ausging, augenblicklich festklebte.
    »In dieser Stadt lebte eine Prinzessin, Dido, die ihren Körper den Flammen überantwortete, um den Zorn der Götter zu besänftigen und ihre Schuld zu sühnen. Aber sie kehrte zurück und wurde eine Göttin. Das ist die Macht des Feuers. Wie der Phönix, ein mächtiger Feuervogel, der sich aus den Flammen erhob.«
    Jawahal streichelte über seine tödliche Erfindung und lächelte.
    »Auch ich bin aus der Asche auferstanden und zurückgekehrt, um Feuer über mein Blut zu bringen und es wie Cato für immer auszulöschen.«
    »Sie sind verrückt«, stellte Ben fest. »Vor allem, wenn Sie glauben, Sie könnten sich meines Körpers bedienen, um am Leben zu bleiben.«
    »Wer sind hier die Verrückten?«, gab Jawahal zurück. »Jene, die die Gräuel in den Herzen ihrer Mitmenschen sehen und dennoch Frieden um jeden Preis suchen? Oder jene, die so tun, als sähen sie nicht, was um sie herum geschieht? Die Welt, Ben, gehört den Verrückten und den Heuchlern. Mehr Rassen als diese zwei gibt es nicht auf dem Antlitz der Erde.«
    Ben sah den Mann lange an, und zum ersten Mal glaubte er in ihm einen Schatten des Menschen zu entdecken, der einmal sein Vater gewesen war.
    »Und wofür hast du dich entschieden, Vater? Wofür hast du dich entschieden, als du zurückgekehrt bist, um Tod über die wenigen Menschen zu bringen, die dich liebten? Hast du deine eigenen Worte vergessen? Hast du die Geschichte vergessen, die du einmal geschrieben hast? Die Geschichte über die Tränen Shivas, die zu Eis wurden, als er bei der Rückkehr nach Hause feststellte, dass sich alle an einen wandernden Zauberer verkauft hatten? Mag sein, dass du auch mein Leben auslöschen wirst, so wie du es mit allen getan hast, die deinen Weg kreuzten. Ich glaube, es wird keinen großen Unterschied machen. Aber vorher sag mir ins Gesicht, dass du nicht auch deine Seele an diesen Zauberer verkauft hast. Sag es mir, die Hand auf diesem Herzen aus Feuer, in dem du dich versteckst, und ich werde dir bis in die Hölle folgen.«
    Jawahals Augenlider sanken schwer nach unten, während er langsam nickte. Eine allmähliche Verwandlung schien mit seinem Gesicht vorzugehen, und sein von glutheißem Dampf umflorter Blick erlosch, kraftlos und geschlagen. Es war der Blick eines großen Raubtiers, das sich zum Sterben in die Dunkelheit zurückzieht. Dieser Anblick, dieses Bild plötzlicher Verletzlichkeit, das Ben für einige Sekunden erahnte, erschien ihm erschreckender und beängstigender als alle vorherigen Erscheinungsformen dieses gequälten Geistes. Denn in diesem von Schmerz und Feuer verzehrten Gesicht sah Ben nicht länger einen Mörder, sondern nur einen traurigen Abglanz seines Vaters.
    Für einen Augenblick sahen sich die beiden an wie zwei alte Bekannte, die sich im Nebel der Zeit verirrt hatten.
    »Ich weiß nicht mehr, ob ich diese Geschichte geschrieben habe oder

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