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Mitternachtsschatten

Mitternachtsschatten

Titel: Mitternachtsschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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teurer ägyptischer Baumwolle, das seinen gebräunten Hals zeigte. Er hatte den lang gestreckten, muskulösen Körper eines Läufers. Seine Augen lagen unter schweren Lidern, und sie konnte weder ihre Farbe noch ihren Ausdruck erkennen. Doch sie war überzeugt davon, dass sie hellblau waren und neugierig schauten.
    Sie bückte sich und zog ihre Schuhe an, ohne sich länger darum zu kümmern, dass er sie beobachtete. Es war ihr auch egal, dass sie ihm dabei einen tiefen Einblick in ihr Dekolletee gewährte. Er machte nicht gerade den Eindruck, als könne ihn ein tiefer Ausschnitt aus der Fassung bringen.
    „Ich weiß es zu schätzen, dass Sie sich doch noch Zeit für mich genommen haben“, sagte sie, „aber ich wollte mit meinem Vater sprechen und nicht mit einem seiner Günstlinge.“
    „Einen Günstling hat man mich schon lange nicht mehr genannt“, sagte er gedehnt.
    Sie richtete sich zu ihrer vollen Größe auf. Noch immer war sie ein ganzes Stück kleiner als er, doch mit den hochhackigen Schuhen fühlte sie sich weniger verletzlich. „Wo ist mein Vater?“
    „Ich fürchte, er ist schon weg.“
    „Na gut, dann fahre ich eben zu ihm nach Hause …“
    „Er ist nicht in der Stadt. Er und Melba machen einen Kurzurlaub in Mexiko. Es tut mir sehr Leid, aber ich kann ihn dort nicht erreichen.“
    „Oh ja, ich sehe, wie Leid es Ihnen tut“, murrte Jilly, und es war ihr egal, wie unhöflich sie war.
    Coltrane schien nicht sonderlich beeindruckt zu sein, sein Lächeln war kühl und unverbindlich.
    „Ich will Ihnen nur helfen, verstehen Sie? Wenn Sie irgendein juristisches Problem haben, dann werde ich mich sehr gerne darum kümmern. Oder gibt es Schwierigkeiten mit Ihrem Exmann? Dann kann unsere Rechtsabteilung …“
    „Kann sich Ihre Rechtsabteilung auch um einen Eindringling kümmern, der meinem Bruder den Job weggenommen hat?“
    Jetzt öffnete er seine Augen weit, und Jilly war überrascht, dass sie nicht blau, sondern smaragdgrün waren. So verwirrend grün, dass es sich dabei nur um farbige Kontaktlinsen handeln konnte, und sie blickten nicht neugierig, sondern abschätzend.
    „Hat Ihnen Ihr Bruder das erzählt? Dass ich ihm den Job weggenommen habe?“ Die Vorstellung schien ihn zu belustigen, und Jilly wurde noch wütender.
    „Nicht nur seinen Job. Auch seinen Vater“, sagte sie, und ihre Stimme war genauso kalt wie seine.
    „Seinen Vater? Nicht Ihren? Jackson Meyer ist kein rührseliger Mensch. Ich glaube, dass er sich weder für mich noch für Ihren Bruder besonders interessiert. Er will nur, dass die Arbeit gut gemacht wird. Und das tue ich.“
    „Tatsächlich“, sagte sie jetzt ganz sanft. „Und was tun Sie sonst noch für ihn?“
    „Ich morde für ihn, ich verstecke die Leichen, ich tue alles, worum er mich bittet“, antwortete Coltrane unbeeindruckt. „Haben Sie heute Abend schon etwas vor?“
    „Das glaube ich Ihnen sofort“, murmelte Jilly, und dann erst registrierte sie seine Frage. „Was haben Sie gesagt?“
    „Ich fragte, ob Sie heute Abend schon etwas vorhaben. Es ist nach sieben, und ich habe Hunger. Und Sie sehen so aus, als könnten Sie mich noch mindestens eine Stunde lang beschimpfen, weil ich angeblich das Leben ihres kleinen Bruders ruiniert habe. Wenn Sie mit mir Essen gehen, dann können Sie mich ganz genüsslich auseinandernehmen.“
    „Ich habe keine Lust, mit Ihnen Essen zu gehen“, sagte sie verwirrt.
    „Na gut, dann bestellen wir uns etwas. Ihr Vater hat einen Lieferservice, der Tag und Nacht bereitsteht.“
    „Und außerdem ist er nicht mein kleiner Bruder. Er ist nur zwei Jahre jünger als ich“, fügte sie hinzu.
    „Vertrauen Sie mir“, sagte Coltrane, „er ist ganz bestimmt Ihr kleiner Bruder.“ Sie konnte den spöttischen Unterton in seiner Stimme nicht überhören, und das machte sie nur noch wütender. Sie hatte versagt, ihr Vater war mal wieder nicht zu erreichen, wie üblich.
    „Ich werde mit meinem Vater sprechen, wenn er zurück ist“, verkündete sie kühl und nahm ihre Handtasche. „Vielen Dank für Ihre Hilfe, Mr. Coltrane.“
    „Coltrane reicht völlig“, sagte er, „und meine Hilfe war noch nicht ausreichend. Sie kommen hier nämlich ohne mich nicht raus.“
    „Wie meinen Sie das?“
    „Dieses Gebäude hat ein Hochsicherheits-System. Hier kommt nach 19 Uhr niemand rein oder raus ohne eine Codenummer. Jetzt ist es Viertel nach sieben, und ich vermute mal, dass Sie den Code nicht kennen, oder?“
    „Nein.“
    „Wo haben Sie

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