Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mittland 2 - Das Feuer der Drachen: 1.100 Seiten Fantasy (German Edition)

Mittland 2 - Das Feuer der Drachen: 1.100 Seiten Fantasy (German Edition)

Titel: Mittland 2 - Das Feuer der Drachen: 1.100 Seiten Fantasy (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Ferkau
Vom Netzwerk:
Beinen geht. Du besitzt Moral und kennst die Grundzüge der Ethik. Man erkennt deine Klugheit nicht an deinen Antworten, sondern an deinen Fragen. Fragen, die uns zum Rascheln gebracht haben und viele Risse in unsere Rinden. Doch wir waren uns unserer Verantwortung stets bewusst. Du bist ein Kleinod unseres Waldes, denn du bist etwas Besonderes. Du bist jener, der mit uns spricht , und so jemanden hat es nie zuvor gegeben.«
    Öklizaboraknorr stockte der Atem. In seinem Kopf überschlugen sich die Gedanken. »Bedeutet das ... keiner meines Stammes konnte mit euch reden? Keiner von ihnen konnte Instrumente bauen oder Feuer machen?«
    Erneut schwieg der Baum, als suche er nach der richtigen Antwort, dann brummte er: »So ist es.«
    »Waren ... waren die Bailiffs dumm?«
    »Nein, das waren sie nicht. Sie waren und sind die klügsten Tiere, die es im Mittland gibt. Sie kennen die Grundzüge der Logik, sonst wäre deine Mutter nicht in diesen schrecklichen Konflikt gestürzt, doch was du tust, war ihnen fremd. Gegen dich sind sie wie Urweltwesen. Einfache Bailiffs mit einer einfachen Sprache und einfachen Handlungen.«
    »Also ... also bin ich ein Produkt dämonischer Magie?«
    »Nein, junger Freund. Diese schwarzen Erschütterungen sind schon lange nicht mehr existent. Sie waren es nur kurze Zeit.«
    »Aber ... aber ...«
    »Du bist ein Produkt des Waldes und seiner Schwingungen, seiner Gedanken, seiner Lust nach Wachstum und dem Willen nach oben zu streben, seine Blätter zu entfalten, größer und stärker zu werden. Du bist ein Resultat von vielen Gedanken, denen du von klein auf ausgesetzt warst, denn du hast die Erziehung der Natur genossen. Es gibt Menschen, die behaupten, je näher sie der Natur sind , desto näher sind sie den Göttern. Du kennst das Gefühl der Erhabenheit , und gleichzeitig weißt du, was Einsamkeit und Abgeschiedenheit bedeuten. Niemand war den Göttern jemals näher , als du es bist, kleiner Bailiff.«
    Der Baum schwieg , und Öklizaboraknorr lauschte in den Wald. Ein Unwetter nahte und es wurde kühl. Er würde die Gucklöcher verschließen und sich unter eine aus Gras geflochtene Decke legen.
    Ich kann flechten!
    Ich bin ein Tier, das flechten kann!
    Der Schock traf ihn gnadenlos. Und mit ihm die Gewissheit, eine Laune der Natur zu sein, wohingegen sein Volk irgendwo, vielleicht nicht weitab lebte, Tiere, die zu klug waren, um in Fallen zu stolpern, aber zu unwissend um
    (flechten)
    zu können. Öklizaboraknorr schlug seine Schneidezähne in die Bettstatt, in die Unterlage, die er sich mit dem Messer
    (geschnitzt!)
    hatte. Er war ein Tier, das ...
    Der Baum schnurrte , und die Schwingungen übertrugen sich auf den Bailiff. Beruhigende tiefe Töne, als wolle Vater Baum dem Gast in seinem Inneren Mut zusprechen.
    Ein Tier, das
    (schnitzen!)
    konnte. Er konnte Feuer machen und ... und ... er wusste Dinge, die ein Tier nicht wissen konnte , und noch nie hatte er das in Frage gestellt, denn er kannte es nicht anders. Deshalb also hatten die Bäume so lange gewartet, bis sie sich ihm offenbarten. Sie wussten, dass es ihn wahnsinnig gemacht hätte, wäre er zu jung gewesen. Oder war eben das ein Fehler? Machte es ihn jetzt wahnsinnig, weil er denken konnte? Weil er sich zu lange an sein Leben gewöhnt hatte?
    »Wie man es macht, kann es falsch sein. Niemand kennt die Wahrheit und den richtigen Weg, denn die Wahrheit ist ganz individuell in jedem von uns , und der richtige Weg bleibt uns manchmal verschlossen. Beides müssen wir in uns entdecken und daran glauben, dann darf es richtig sein. Ich weiß, dass du die Wahrheit erträgst, sonst hätte ich geschwiegen«, sagte Vater Baum.
    »Was soll ich mit der Wahrheit anfangen ?«, Öklizaboraknorr riss seine Zähne aus dem Holz - Ach, das tat gut! - und keuchte. »Was nutzt sie mir? Bisher war ich glücklich mit meinem Leben. Doch nun ...«
    »Unwissenheit, mein Freund, ist die Nacht des Geistes, eine Nacht ohne Mond und Sterne. Deshalb musstest du es erfahren.«
    »Kluge Worte, wie ich sie von dir kenne, Vater Baum, aber was nutzen sie mir?«
    »Du bist verzweifelt , und du wirst lange über das nachdenken, was ich dir sagte. Doch warum sollte ich deiner Bitte nach Aufklärung nicht entsprechen?«
    Das stimmte. Er selbst hatte es so gewollt. Er war neugierig gewesen und erkannte, dass die Neugier an erster Stelle für ein Problem stand, dass er nun lösen musste. Die Erkenntnis traf ihn wie der Blitzschlag, der nicht unweit einschlug. Die Eiche bebte

Weitere Kostenlose Bücher