Mittsommerzauber
ging voraus und watete durch das Wasser. Dort, wo es tiefer war, fand sie Halt auf den Felsen. Robert folgte ihr und schloss auf, und als sie über den nächsten Felsen kletterte, reichte er ihr die Hand, um ihr zu helfen. Dabei geriet er selbst aus dem Gleichgewicht und drohte ins Wasser zu fallen, doch sie hielt ihn fest und zog ihn zu sich heran, zurück auf den sicheren Felsen. »Du«, sagte sie. »Bleib bei mir!«
Robert hielt sie bei den Schultern. Ihre Augen waren geweitet und ihre Lippen geschwollen von seinen Küssen. Regen strömte über ihr Gesicht und ihren Körper, und als Robert sah, wie sich unter ihrem nassen BH die Brustwarzen abzeichneten, schoss Verlangen in ihm auf.
»Du hast mich schon wieder gerettet«, stellte er heiser fest.
Sie nickte. »Allmählich bist du mir was schuldig.«
Den Rest des Weges übernahm er die Führung. Bis zum anderen Ufer waren es nur noch ein paar Meter, und nachdem sie es erreicht hatten, rannten sie Hand in Hand zu der Forsthütte hinüber. Anna nahm einen Schlüssel von einem der Fensterstürze und öffnete die Tür.
Robert hatte im Inneren eine Art primitives Campinglager erwartet und war überrascht, eine gemütliche Wochenendunterkunft vorzufinden mit einer kleinen Einbauküche, einer Sitzecke aus dunkel gebeiztem Holz und zwei übereck stehenden Betten, die aus Matratzen auf einfachen Gestellen bestanden, aber offenbar sauber bezogen waren.
»Seit dem Tod meines Vaters kommt manchmal mein Bruder hier raus, um nach dem Rechten zu sehen«, erzählte Anna. »Und unsere Männer übernachten auch hier, wenn sie hier im Wald zu tun haben und es spät wird. Ich war schon ewig nicht mehr hier draußen, aber es wird alles in Schuss gehalten.«
Das war nicht das, was Robert in diesem Moment interessierte.
»Gibt es hier noch jemand anderen außer uns?«, fragte er. »Ich meine - könnte hier jemand reinkommen und uns stören?«
Anna schüttelte den Kopf. In ihren Augen stand derselbe Hunger, der ihn verzehrte, und ohne ein weiteres Wort hob er sie auf seine Arme und trug sie hinüber in die Ecke, wo die Betten standen.
*
Bertil zuckte zusammen, als ein weiterer Blitz in unmittelbarer Nähe niederfuhr, fast zeitgleich mit dem Krachen des Donners.
Er trug einen Stapel von Sitzkissen ins Café und klappte anschließend die Sonnenschirme zu. Silke hastete von einem Tisch zum anderen, um die Tischdecken einzusammeln.
Der Regen trommelte in dicken Tropfen auf das Kopfsteinpflaster und bildete Pfützen auf den Straßen, und als Bertil beim nächsten Donnerschlag nach oben schaute, schien es ihm, als kündigte der Himmel mit seiner drohenden Schwärze nur den Beginn des wirklichen Unheils an.
»Ich weiß nicht, warum sie nicht an ihr Handy geht«, sagte er zu Silke, die mit einem Arm voll nasser Tischdecken an ihm vorbeigeeilt kam. Sie wirkte ungeduldig, vermutlich, weil er ihr schon seit einer Viertelstunde mit dem Thema in den Ohren lag.
»Vielleicht ist ja doch was passiert.« Er wiederholte es bereits zum dritten Mal und kam sich dabei vor wie eine Schallplatte mit einem Sprung, doch er konnte nicht anders, als ständig wieder davon anzufangen.
»Mach dir keine Sorgen, sie kennt sich dort aus. Solche Unwetter hat es früher schon oft gegeben, wenn sie mit ihrem Vater da oben war.«
»Ich mache mir keine Sorgen«, log Bertil. »Sie weiß, was sie tut.«
Triefend nass folgte er ihr in das Café und wäre um ein Haar auf den Fliesen ausgerutscht, wo Straßenstaub und Regenwasser sich zu schmutzig feuchten Schlieren vermischt hatten.
»Pass auf«, warnte Silke ihn.
Er fragte sich, ob sich diese Äußerung auf seine Ungeschicklichkeit oder sein Verhalten im Allgemeinen bezog, und er kam zu dem Schluss, dass es keine Rolle spielte. Wahrscheinlich hatte seine Schwester beides gemeint.
Alles, was keinen Regen vertragen konnte, war geborgen und ins Café gebracht worden, und Bertil verabschiedete sich von seiner Schwester. In der Apotheke wartete bereits ein Kunde, den er lustlos bediente. Immerhin konnte er sich noch dazu aufraffen, dem Sohn des Mannes einen Lutscher zu überreichen.
»Hier, das ist für dich. Zuckerfrei und mit Johannisbeergeschmack.«
Der Junge schnitt ein Gesicht, brachte aber auf Geheiß seines Vaters ein artiges Dankeschön hervor.
Bertil wartete, bis die beiden die Apotheke verlassen hatten, dann ging er ins Büro, um zu telefonieren. Vorhin während des Platzregens war ein Gedanke in ihm aufgekeimt, der sich soeben zu einer bestechend
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