Mittsommerzauber
perfekten Idee entwickelt hatte.
»Reederei Olsson, guten Tag.«
»Hier ist Bertil Svensson«, sagte er ein wenig unbeholfen. »Ich hätte da eine Frage.« Seine Stimme wurde fester, und mit einem Mal fielen ihm die Formulierungen ganz leicht. »Es betrifft Ihre Kreuzfahrtflotte. Vielleicht können Sie mich mit jemandem verbinden, der mir eine bestimmte Auskunft geben kann...«
*
Harald kam aus seinem Zimmer, hochzufrieden mit sich und der Welt. Das Gespräch, das er vorhin geführt hatte, war mehr als aufschlussreich gewesen, und alles, was er jetzt noch brauchte, war eine Bestätigung der erhaltenen Information von einer weiteren Stelle. Sobald das passiert war, wäre er auf der sicheren Seite.
Natürlich lief er auf dem Weg zur Haustür prompt seiner Mutter in die Arme, doch das konnte seine gute Laune nicht dämpfen.
»Hej, Mama«, sagte er aufgeräumt.
Sie machte aus ihrem Ärger keinen Hehl. »Was tust du hier? Ich dachte, du bist in Malmö!«
»Ich bin vorhin zurückgekommen und will auch gleich wieder an die Arbeit.« Er wollte an ihr Vorbeigehen, doch sie trat ihm in den Weg. »Ich muss dir wohl nicht erst sagen, was ich davon halte, dass du dich vor der Fahrt mit Robert Dahlström gedrückt hast!«
Er gab sich unschuldig. »Aber ich habe mich doch gar nicht davor gedrückt! Ich musste wirklich dringend nach Malmö. Es ging um einen Auftrag der Papierfabrik, mit der wir neulich schon korrespondiert haben.«
»Ich hoffe, du hast alles geregelt.«
Harald zuckte nur die Achseln. Noch nicht, dachte er. Aber fast.
*
Robert stand in der offenen Tür, umweht von einem Hauch Morgenkühle, die an ihm vorbei in das Innere der Hütte drang. Die Umrisse seines hoch gewachsenen Körpers wirkten im Gegenlicht wie gemeißelt, und wenn Anna genau hinschaute, konnte sie zwischen seinen Schulterblättern auf seiner Haut die Spuren der Leidenschaft entdecken, die sie in der vergangenen Nacht geteilt hatten. Sie konnte sich nicht erinnern, ihn gekratzt zu haben, und doch musste sie es getan haben, denn gestern waren diese Striemen noch nicht da gewesen. Sie hatte jeden Zoll seines Körpers erforscht und kannte ihn inzwischen fast so gut wie ihren eigenen.
Genießerisch streckte sie sich, während sie sich an die Einzelheiten der letzten Nacht erinnerte. Es war ein einziges rauschendes Fest der Sinne gewesen, mit ihm zu schlafen, und sie musste gar nicht erst darüber nachdenken, um genau zu wissen, dass es vorher noch nie so gewesen war. Auch wenn sie nicht viel Erfahrung hatte - Bertil war ihr erster und bisher einziger Mann gewesen -, ahnte sie, dass dergleichen nicht beliebig wiederholbar war. Jedenfalls nicht mit einem anderen. Schon gar nicht mit Bertil. Die paar Mal, die sie in diesem Jahr mit ihm im Bett gewesen war, konnte sie bequem an einer Hand abzählen, und sie würde dazu nicht einmal alle Finger brauchen.
Anna stand auf und ging die wenigen Schritte bis zur Tür. Sie schmiegte sich an Roberts Rücken und legte ihren Kopf gegen seine Schulter. Während sie von hinten die
Arme um ihn schlang, schaute sie an ihm vorbei nach draußen. Nebelschwaden lagen auf den Wiesen, und über den Baumwipfeln hingen noch vereinzelte Wolkenfetzen. Der Bach war durch den Regen über Nacht weiter angeschwollen, aber die Sonne hatte bereits begonnen, die feuchten Steine am Ufer zu trocknen. Es würde wieder ein schöner Tag werden.
Ein Elch löste sich aus dem Schatten des Waldes und trottete gemächlich auf die Lichtung hinaus, wo er stehen blieb, um zu äsen.
»Schau«, wisperte Anna, doch Robert hatte das mächtige Tier bereits gesehen. Er legte seine Hände auf ihre und drückte sie gegen seinen nackten Bauch, der sich unter ihren Fingerspitzen weich und zugleich hart anfühlte, wie Seide auf Stahl. Sie drückte einen verlangenden Kuss auf die Stellen, die sie letzte Nacht zerkratzt hatte. Obwohl er ihre Lust so gründlich gestillt hatte, dass sie vor dem Einschlafen geglaubt hatte, auf ewig keinen Sex mehr zu brauchen, spürte sie, wie erneut die Begierde von ihr Besitz ergriff.
Er drehte sich schweigend zu ihr um, doch als sie ihn zum Bett ziehen wollte, blieb er stehen und hielt ihre Hände fest. »Ich nehme den Job bei deiner Mutter an«, sagte er unvermittelt. »Ich wäre dumm, wenn ich es nicht täte.«
Anna bewegte sich unruhig in seinem Griff. Sie wollte nicht darüber sprechen. Nicht ausgerechnet jetzt, da die Stimmung zwischen ihnen so vollkommen war.
»Und du?«, fragte er. »Was hast du
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