Mittwinternacht
Denny biss sich auf die Unterlippe, «… übernatürliche Vorfälle hören wollen?»
«An so etwas denkst du?»
«Manchmal», sagte Denny, «ist es die einfachste Erklärung.»
«Sie hat gesagt, dass dieses Schwert ihr Sachen erzählt», sagte Lol. «Sie hat mir sogar verboten, es anzufassen. Sie wollte die Verbindung nicht durch die Schwingungen einer anderen Person stören.»
«Wahnsinn», sagte Denny. «Vermutlich war sie einfach wahnsinnig.»
Lol stand auf, ging ans Fenster und sah auf die verschneite Capuchin Lane hinunter. «Sie wollte einfach glauben, dass sie in … fast körperlichem Kontakt mit ihren Vorfahren stand.»
«Und jetzt ist sie ganz bei ihrer verdammten Steinzeitverwandtschaft», sagte Denny bitter.
27
Beschütze sie in dieser Nacht
Übermorgen würde es Dezember sein. Inmitten der gefrorenen Felder verbreitete die Kirche von St. Cosmas und St. Damian, durch deren Bleiglasfenster Kerzenlicht schimmerte, eine friedvolle Stall-von-Bethlehem-Atmosphäre. Jedenfalls redete sich Merrily das ein.
Ein weiterer Versuch, ihre Angst loszuwerden.
Sie hatte eine volle Stunde gebraucht, um Ted Clowes loszuwerden, der sich als ihr Überwacher betrachtete, seit er ihr geraten hatte, sich um die Pfarramtsstelle in Ledwardine zu bewerben.Eigentlich hatte er seinen Einfluss hauptsächlich wegen seiner Schwester, Merrilys Mutter, geltend gemacht, die in der Überzeugung lebte, dass es nur eine Frage der Zeit wäre, bis eine Hilfsgeistliche in Liverpool vergewaltigt auf dem Friedhof entdeckt werden würde. Merrily wusste, dass Ted sich gegen sie wenden würde, sobald er glaubte, durch sie in ein schlechtes Licht zu geraten – ein diskreter Anruf beim Erzdiakon, eine nebenbei fallengelassene Bemerkung im Gemeinderat …
Sie hatte kaum noch Zeit gehabt, etwas Weihwasser abzufüllen und Jane zu erklären, wohin sie fuhr und weshalb Jane nicht mitkommen konnte. Merrily wollte Jane nicht dabeihaben. Falls es in dieser Kirche wirklich irgendeinen bösen Einfluss gab, wollte sie ihre Tochter heraushalten. Jugendliche in ihrem Alter waren leicht zu beeindrucken.
Aber Jane schien sich keine weiteren Gedanken zu machen. Sie wollte ohnehin mit Rowenna nach Hereford ins Kino.
Sie stellte ihren Volvo neben einem Suzuki Offroader und einem schlammverspritzten Mondeo ab und nahm aus dem Kofferraum ihre Tasche mit den Bibeln, dem Weihwasser und den kopierten Texten für das Segnungsritual und den Kleinen Exorzismus. Sie fror bis auf die Knochen. Vor der Abfahrt hatte sie ihr Messgewand angelegt, jetzt hüllte sie sich noch zusätzlich in ihren Klerikerumhang aus schwerem Loden, doch auch davon wurde ihr nicht wärmer.
Sie sah, dass sie am Rand des Friedhofs von ein paar Leuten erwartet wurde.
«Detective Sergeant Bliss.» Er leuchtete sich mit einer Taschenlampe selbst an. Sein rotblondes Haar strahlte auf. «Franny Bliss.» Der Aussprache nach stammte er aus Merseyside. «Ich bin katholisch. Das wollten Sie doch, oder, Frau Pfarrer?»
«Das ist … gut. Ich heiße Merrily.»
«Ich weiß. Hab Ihr Foto im Lokalblatt gesehen. Dieser Kerl hier ist Constable Dave Jones. Er ist Nonkonformist. Wie heißt noch mal deine Kirche, Dave?»
«Pisgah, Sergeant. Pisgah-Gemeinde.» PC Jones trug unauffällige Kleidung: einen dunklen Anorak und eine flache Mütze. «War allerdings schon Jahre nicht mehr dort.»
«Also», sagte Bliss, «nur zu Ihrer Information, Merrily. Wir haben noch jemanden bei dem Bauernhof da vorn postiert. Er praktiziert schon seit Ewigkeiten nicht mehr – deshalb muss er auch draußen im Kalten bleiben. Jedenfalls sind wir das Beste, was DCI Howe auf die Schnelle auftreiben konnte. Wo sollen wir uns aufstellen?»
«Ich weiß nicht, wie Sie vorgehen wollen.» Merrily stand an der Einfassungsmauer des Friedhofes und sah zu den kahlen, im Mondlicht silbern schimmernden Feldern hinüber. Der Wind zupfte an ihrem Umhang. «Das Ganze könnte sich für Sie als fruchtloses Unternehmen herausstellen.»
«Wie die meisten unserer Nachteinsätze», sagte der stämmige Dave.
Merrily zog den Umhang enger um sich. Sie hatte Angst – schon seit sie sich umgezogen hatte. Und sie fror entsetzlich.
«Fangen wir mal so an: Wer weiß über diese Sache hier Bescheid?», fragte Franny Bliss.
«Also, ich habe Major Weston informiert und der Höflichkeit halber meinen Kollegen in Dilwyn angerufen. Das heißt, ich habe ihm eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlassen. Außerdem habe ich bei
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