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Mittwinternacht

Mittwinternacht

Titel: Mittwinternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Zeremonie.»
    «Auf Knien den Boden geschrubbt, mh? Was haben Sie sich für heute vorgenommen?»
    «Einen Kleinen Exorzismus.»
    «Man soll nie übertreiben.»
    «Eine Reinigung. Weihwasser.»
    «Ja, ich würde eine Runde durch die ganze Kirche drehen. Sollen wir zuerst zusammen beten?»
    «Das wäre gut.»
    Sie setzten sich nebeneinander in die erste Bank vor der Kanzel. «Ich fasse mich kurz», sagte Huw, «und dann sammeln wir uns einen Moment. – Herr, sei bei uns an diesem befleckten Ort. Hilf dieser jungen Frau, Merrily, ihn wieder für Dich in Besitz zu nehmen und alle dunklen Schatten zu vertreiben, die sich noch in den Winkeln verstecken mögen. Beschütze sie in dieser Nacht. Amen.»
    «Amen», echote Merrily.
    Während des anschließenden Schweigens spürte sie nichts – zuerst.
    Als sie ihre Augen schloss, sah sie weder Blau noch Gold, noch den erleuchteten Pfad. Sie sah nur einen grauen Wirbel. Sie fühlte sich unwohl auf der fremden, schiefen Kirchenbank. Sie rutschte ein bisschen herum, ihre Soutane fühlte sich klamm an. Sie schwitzte. Schweiß stand auf ihrem Rücken.
Komm schon, beruhige dich.
Sie knöpfte ihren Umhang auf, ließ ihn von den Schultern gleiten und öffnete ein wenig die Augen.
    Die Lampe warf ihr Licht auf die Sandsteingesichter des Ritters und seiner Dame, die dicht neben Merrily auf dem Boden ihr Grab hatten. Man hielt die beiden, wie Merrily wusste, für John und Agnes de la Bere. Die de la Beres waren fast das gesamte Mittelalter hindurch die Herren des örtlichen Rittergutes gewesen. John trug Rüstung und Schild, seine Frau war mit Kleid und Brusttuch angetan, schlank und von mädchenhafter Schönheit. Ein anderer Ritter, vermutlich Johns Vater Robert, lag zusammen mit seinerFrau Margaret vorne im Altarraum. Manche Steinplastiken waren schrecklich, aber diese wirkten edel und freundlich und wahrhaftig. John de la Bere war untersetzt, hatte schmale Augen und eine große Nase.
    Mit anderen Worten: Merrily fühlte sich wohl mit ihnen. Und in der Kirche. Warum war sie dann so unruhig?
    Sie schloss erneut die Augen, presste ihre Handflächen aneinander, genau wie John und Agnes de la Bere ihre Hände zum Gebet gefaltet hatten, und betete im Stillen
St.   Patricks Harnisch
. Sie roch das Desinfektionsmittel, das sie sich bei dem Bauern geliehen hatte, und ignorierte das Jucken, das in ihrer linken Handfläche einsetzte und dann in der rechten, als sei es von einer Hand in die andere gewandert.
    Huw beobachtete sie inzwischen ganz genau. Sie sehnte sich nach eine Zigarette. Sie rutschte auf ihrem Platz herum. Das Jucken in ihren Handflächen wurde heftiger, sie konnte es nicht mehr ignorieren, musste sich beherrschen, um ihre Hände nicht an der Kante der Bank zu reiben.
    Kratz-Kratz.
    Die winzige Vogelkralle, der gebogene Nagel an einem gelblichen Finger. Der Geruch des Desinfektionsmittels wurde süßlich und ranzig, bohrte sich ihr in Nase und Kehle wie ein dünner Draht.
    Wundbrand und Katzenkot.
    Ihr wurde schlecht. Sie musste husten und konnte nicht mehr aufhören. Sie krümmte sich auf der Bank, ihre Augen tränten. Sie spürte Huws Arme um sich, hörte ihn hektisch flüsternd beten, klammerte sich an ihn, und immer noch schüttelte sie der Husten. Dann glitt sie von der Bank.
    «Trinken», hörte sie Huw drängend sagen. Der harte Rand eines Glases drückte sich an ihre Lippen und stieß an ihre Zähne.
    Merrily griff nach dem Glas und trank, fiel gegen die Bank zurück,Weihwasser lief ihr übers Kinn, das Licht der Lampen und Kerzen verschwamm vor ihren Augen. Behutsam zog Huw sie auf die Füße und legte ihr den Umhang über die Schultern.
    «Raus hier, junge Frau», sagte er sanft. «Und kommen Sie nicht zurück, ja?»

28
Alte Vettel mit Kröte
    Lol sah, dass Dick Lyden ins Schwimmen kam und sich nun auf sicheres Terrain zurückziehen wollte. Dick schenkte Lol und sich selbst einen Glenmorangie ein. Er wirkte immer noch aufgeregt; nicht unbedingt erschüttert, sondern eher ein bisschen genervt. Lol ging davon aus, dass es das erste Mal gewesen war, dass sich einer von Dicks Klienten das Leben genommen hatte.
    Tja, in der Psychotherapie konnte man nie wissen.
    Dick setzte sich hinter seine Schreibtischlampe, ein Art-déco-Teil mit einem kühlblauen Schirm. Die Lampe stellte Distanz her.
    «Und die Polizei, Lol   … Was sagt die Polizei?»
    «Halten den Deckel drauf. Kein Verbrechen, keine Schuldigen. Vermutlich tun sie ihr Bestes, um alles zu übersehen, was ein

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