Mittwinternacht
beunruhigend. Ich glaube, Joy ernährt sich von Ihnen.»
«Sagen Sie das nicht.»
«Wenn man sich diesen Dingen nicht stellt, kann man keine Gegenmaßnahmen ergreifen. Ich vermute, Sie waren in letzter Zeit nicht ganz Sie selbst, oder? Waren Sie besonders müde? Erschöpft? Regen Sie sich schneller auf als sonst?»
«Na ja, wenn Sie so fragen. Und so etwas wie Grippesymptome hatte ich auch: leichte Halsschmerzen, Schnupfen, erhöhte Temperatur. Ich dachte, es ist der Stress.»
«Haben Sie keine Energie mehr, dagegen zu kämpfen?»
«Die Hälfte der Zeit will ich nur noch weglaufen. Ich meine … Also, um ehrlich zu sein, war das mein letzter Auftrag als Beraterin für spirituelle Grenzfragen … Diözesan-Exorzistin.»
«Sie geben auf?» Eine Augenbraue hob sich über den Brillenrand. «Unter anderen Umständen hätte ich diese Entscheidung natürlich begrüßt.»
«Ich hatte das Gefühl, es nicht schaffen zu können. Es kam mir so vor, als würde ich von allen Seiten nur angegriffen.»
«Das kann ja auch sein. Es könnte genau das sein, was gerade passiert. Wie viele Leute wissen denn von Ihrer schrecklichen Erfahrung mit diesem Mann?»
«Ich weiß nicht genau. Die Krankenschwestern, die in dieser Nacht Dienst hatten … meine Tochter Jane … der Lehrer aus meinem Exorzistenkurs. Und Kanonikus Dobbs natürlich.»
«Weil er die Sache vermutlich eingefädelt hat? Die schiere
Ignoranz
des Klerus ist wirklich nicht zu fassen. Wer noch?»
«Sonst habe ich niemandem davon erzählt, wenn ich mich richtig erinnere. Sie können sich ja vorstellen, dass ich nicht besonders gerne darüber spreche. Und was würde das auch ändern?
Ich
bin diejenige, die den Auftrag im Krankenhaus falsch angepackt hat,
ich
habe ihm einen Zugang ermöglicht, daran ist kein anderer schuld.»
«Zugegeben, die Vorstellung, dass sich ein unglücklicher Geistim Moment des Todes an einen lebenden Menschen hängt, ist nicht neu, schon gar nicht in einer sexuell aufgeladenen Situation. Aber ich glaube, Sie sollten auch die Möglichkeit eines Angriffs auf Ihre Psyche durch eine oder mehrere unbekannte Personen in Betracht ziehen. Das ist viel,
viel
verbreiteter, als die meisten Leute denken. Die Grundform davon ist, schlecht über jemanden zu denken, aber in diesem Fall ist es sicherlich wesentlich vielschichtiger. Ich könnte Ihnen ja Dion Fortunes
Selbstverteidigung mit PSI
ausleihen.»
«Was soll ich damit? Ich bin Christin.»
«Genau wie Fortune auf ihre Art. Merrily, wie schnell nach dem Vorfall im Krankenhaus hat sich diese unreine Anwesenheit bemerkbar gemacht?»
«Ich war gleich danach sehr müde, aber das war normal. Schließlich hatte ich die ganze Nacht nicht geschlafen. Ich glaube, richtig bewusst wurde es mir erst, als ich zur rituellen Reinigung einer entweihten Kirche gerufen wurde.»
«Interessant. War das, während Sie den Ritus ausführten?»
«Na ja, ich habe ihn nicht ausgeführt … Es war
davor
.»
«Als Sie die Kirche betraten?»
«Ich …» Merrily erinnerte sich daran, wie sie vor der Kirche mit den Polizisten gesprochen hatte und ihr aufgefallen war, wie steif und klamm sich ihre Messgewänder anfühlten. Oder hatte sie das zuerst während der Autofahrt bemerkt?
«Denken Sie nach, Merrily. Wo waren Sie, als Ihnen zum ersten Mal auffiel, dass etwas nicht stimmte?»
«Als ich mit den Polizisten gesprochen habe? Ich weiß nicht, ich kann mich nicht konzentrieren. Ich bin ziemlich durcheinander, und außerdem weiß ich nicht, ob es richtig ist, dass ich, eine Pfarrerin der anglikanischen Kirche, mein Herz einer praktizierenden Okkultistin ausschütte, die durch Willenskraft ein Spukhaus geschaffen hat.»
«An wen würden Sie sich denn normalerweise wenden, wenn Sie spirituelle Hilfe brauchen?»
«An Huw, meinen Kursleiter. Er war mit in der Kirche, als ich reichlich viele Symptome für die Besessenheit durch einen Dämon gezeigt habe.»
«Aber dann, warum zum Teufel …»
«Es ist kompliziert.»
«Also gut.» Athena White legte Merrily die Hand aufs Knie. Sie fühlte sich kein bisschen nach Pferdefuß an. «Gehen Sie nach Hause, ziehen Sie Ihr Bett in die Mitte des Zimmers und zeichnen Sie ein Pentakel …»
«Das kann doch nicht Ihr
Ernst
sein!»
«Na gut, dann zeichnen Sie einen Kreis um das Bett – mit Salz, Kreide geht auch. Führen Sie was auch immer für einen Ritus aus, den Ihre Religion erlaubt, aber ergänzen Sie ihn, wenn Sie im Bett liegen, dadurch, dass Sie leuchtende
Weitere Kostenlose Bücher