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Mittwinternacht

Mittwinternacht

Titel: Mittwinternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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dachte Lol, und sie warten mit der Story, bis die amtliche Untersuchung der Todesursache abgeschlossen ist.
    Viv sagte: «Oh, ich habe übrigens mit meiner Freundin geredet, die immer noch ins
Pod’s
geht. Es kommt ihr ein bisschen merkwürdig vor, dass diese beiden Mädchen da wie aus dem Nichts aufgetaucht sind. Patricia, die in der Gruppe so eine Art Mutter Oberin ist, sagt, damit sich diese Jane, die ein ganz besonderer Menschzu sein scheint, dort wohl fühlt, müssen sie sich sehr um sie kümmern, weil sie zu Hause Probleme hätte – so was in der Art.»
    «Probleme
zu Hause

    «Ich erwähne das nur   … weil du vielleicht nicht so genau Bescheid weißt, wie du denkst. Du hast irgendwas mit ihrer Mutter am Laufen, ist es das? War das sie kürzlich, als du einfach rausgerannt bist?»
    Lol antwortete nicht. Viv hatte die
Hereford Times
auf die Ladentheke geworfen, sodass ihm die Schlagzeile ins Auge fiel.
     
    Krähe in Dorfkirche geopfert
     
    Er schnappte sich die Zeitung.

38
Nimmermehr
    «Wissen Sie eigentlich,
wie oft
ich in den letzten beiden Tagen auf Ihren Anrufbeantworter gesprochen habe?», fragte Sophie ärgerlich. «Ehrlich, selbst wenn Sie krank waren   …»
    Krank? Ja, sie war krank gewesen. Das verstand sie jetzt. Merrily saß in ihrem BFSG -Büro am Schreibtisch. Nichts hatte sich verändert, doch war alles anders. Das weiße Winterlicht fiel in den Raum. Sie musste einiges erledigen.
    «Es tut mir leid, Sophie, ich hab mich schlecht benommen.»
    Vielleicht ließ sich das Ganze rein psychologisch erklären. Und selbst wenn an ihren Messgewändern nur ein kaum merklicher Hauch von Denzils Ausdünstungen gehaftet hatte, konnte das unterschwellig Reaktionen hervorgerufen haben, die sich verstärkten, wenn sie besonders gestresst oder empfindlich war – zum Beispiel, als sie sich auf den Exorzismus in der Dorfkirche vorbereitethatte. Und so hatte es sich langsam festgesetzt und war von Zeit zu Zeit erwacht.
    Doch wie es auch war, jemand da draußen hatte versucht, sie fertigzumachen. Momentan spürte sie allerdings nur ein angenehmes, warmes Pulsieren im Magen: Sie war erlöst.
    Sophie trug ein Kostüm aus königsblauem Wollstoff. Ihr weißes Haar war zu einem strengen Knoten zusammengefasst. Sie wirkte ärgerlich und möglicherweise auch übermüdet, dennoch schien aus ihren Augen so etwas wie Hoffnung zu sprechen. Sie entwickelt sich langsam zur Mutterglucke, dachte Merrily.
    «Merrily, was Ihre E-Mail angeht   …»
    «Ach ja. Hat der Bischof die schon gelesen?» Ihr fiel selbst auf, wie sorglos ihre Stimme klang. Es spielte tatsächlich keine Rolle mehr, ob sie die offizielle Beraterin für spirituelle Grenzfragen war oder nicht. Das war ein irreführender Titel, der ihr keinerlei besondere Macht verlieh. Er war nichts weiter als ein Stück Schinken, mit dem man die Ratten aus ihren Löchern lockte.
    «Der Bischof liest seine Mails nicht», sagte Sophie. «
Ich
lese seine Mails, drucke aus, was relevant ist, und lege es ihm auf den Schreibtisch. Das hier ist Ihre. Was soll ich damit machen?»
    Sie legte ein DIN-A- 4-Blatt vor Merrily.
     
    Lieber Herr Bischof, nach reiflicher Überlegung   …
     
    Merrily wusste, was Sophie von ihr wollte – wie sie Sophie glücklich machen konnte. «Könnten Sie das verschwinden lassen?», fragte sie leichthin. «Ich war nicht ganz ich selbst, als ich das geschrieben habe.»
    Sophie klammerte sich einen Moment an die Schreibtischkante und ließ dann los.
    «Sophie?» Merrily stand auf und legte ihr die Hand auf den Arm.
    «Ich möchte nicht, dass Sie gehen und mich hier alleinlassen.» Sophie schluckte. «Manchmal kommt es mir so vor, als würde ich verrückt.»
    «Das sähe Ihnen aber ganz und gar nicht ähnlich.»
    «Ich weiß. Die fähige, zuverlässige alte Sophie – opfert sich geradezu auf für die Kathedrale. Aber genau da liegt das
Problem

    «Wo liegt das Problem?»
    «In der Kathedrale stimmt etwas nicht, und ich fürchte, Michael   …»
    Merrily seufzte. «Sie können es ruhig aussprechen, Sophie. Er sieht es nicht, oder? Er hat dafür kein Gespür, weil er nicht spirituell veranlagt ist. Wollten Sie nicht gerade sagen, dass die Kathedrale unter Michaels Führung nicht sicher ist?»
    Hochverrat.
    «Sophie?»
    Sophie fuhr sich mit dem Zeigefinger über die Augenbraue, als wolle sie einen Gedanken festhalten. «Wir müssen reden, Merrily.»
    Drüben in ihrem Büro klingelte das Telefon.
    «Klar», sagte Merrily.

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