MK Boeckelberg
um den Verein, Herr Bongartz. Sie verkennen die Situation. Ein Mensch wurde ermordet, nicht der Verein.« Ecki war entsetzt.
»Ich wollte lediglich zum Ausdruck bringen, dass es unter Fußballfans keine Mörder gibt. Da können die Fangesänge noch so gewalttätig klingen. Das ist nur Spaß. Das ist nur ein Ritual. Mehr nicht. Kommen Sie doch mal wieder ins Stadion und sehen Sie zu.«
»Und die Hooligans?« Schalke schaltete sich ein.
»Ich sprach von Fußballfans. Das sind keine Fußballfans. Wir lehnen jede Form von Gewalt ab.«
»Kannten Sie eigentlich Sabrina Genenger?« Schalke wechselte unvermittelt das Thema.
»Wie meinen?« Günter Bongartz schien die Frage nicht zu verstehen.
»Sabrina Genenger.«
»Ja, ich habe schon verstanden. Nein, persönlich kannte ich sie nicht. Wir sind uns einmal in einer unserer Logen vorgestellt worden. Ich weiß schon gar nicht mehr, wann das war. Ich habe damals sicher nicht viel mit ihr gesprochen. Ich kenne Frau Genenger im Grunde nur aus der Zeitung. Wenn über Hünner berichtet wurde.«
* * *
Ecki seufzte. Allein und ohne Frank im Büro hocken zu müssen war nicht leicht. Er vermisste seinen Kollegen. Allein schon, weil ihm ihr »Dauerstreit« um die einzig hörenswerte Musik fehlte. Stattdessen hatte er an der Seite von Staatsanwalt Ralf Böllmann die unmittelbar nach der Obduktion von Hefters Leiche angesetzte Pressekonferenz durchstehen müssen. Die halbe Stunde im großen Raum neben dem Aufzug im G-Gebäude war die Hölle gewesen. Der weiß gestrichene Saal hatte kaum Platz geboten für die zahlreichen Kamerateams. Die Reporter hatten zum Teil auch im Gang vor dem Raum stehen müssen. So viele Journalisten hatte Ecki noch nie auf einer Pressekonferenz des KK 11 erlebt. Dabei hatten sie wenig mitzuteilen gehabt. Aber Böllmann war der Ansicht gewesen, dass die Presse unmittelbar unterrichtet werden müsste. Selbst auf die Gefahr hin, dass noch nicht alle Umstände des Todes und des Lebens des Opfers klar waren. So hatten sie es in der Kürze der Zeit noch nicht einmal geschafft, sich die Wohnung des Opfers ansehen zu können. Ecki war mit erheblichen Bauchschmerzen vor die Presse getreten, aber Böllmann hatte ihn schließlich mit dem Hinweis beruhigen können, dass die Journalisten ohnehin nur am Tatort und an den Reaktionen des Vereins interessiert sein würden.
Ecki seufzte erneut. Er hatte Frank in den vergangenen Tagen mehrfach vergeblich zu erreichen versucht. Viola Kaumanns war offenbar der einzige Mensch gewesen, der seit Lisas Totgeburt zu Frank Zugang hatte finden können. Das bedeutete nichts Gutes. Ecki konnte sich nicht erinnern, dass er seinen Freund jemals zuvor in einer solchen Verfassung erlebt hatte. Selbst während der Trennung von seiner ersten Frau Ruth nicht. Frank war immer abgeklärt und cool gewesen. Sah man mal von ihrem Besäufnis beim Mexikaner ab, das als harmloses Abendessen zweier Kumpel begonnen und nach jeweils 15 Tequila mit einer ausdrucksstarken Kotzorgie geendet hatte. Obwohl das schon einige Jahre zurücklag, erinnerte sich Ecki nur mit Schaudern an den Abend. Seither hatte er Tequila nicht mehr angerührt.
Ecki ging zum Fensterbrett und schaltete das Kofferradio ein, mit dem er seit ein paar Tagen gegen die Stille in ihrem Büro ankämpfte. Er sah auf die Straße. Ausnahmsweise war kein Verkehr. Die Stadt schien einen Gang zurückgeschaltet zu haben.
Zwei Kinder waren tot. Im Alter von Niels und Enrica. Und zwei tote Erwachsene. Und sie hatten nur einen halben Verdächtigen. Ausgerechnet jetzt ließ Frank ihn im Stich.
Viola Kaumanns war ihm auch keine große Hilfe gewesen. Das konnte doch nicht so schwer sein, mal ein paar Ideen zu entwickeln. Vielleicht hatte Frank ja doch Recht und sie überforderten Viola.
Ecki würde sich selbst helfen müssen. Und der Gedanke beruhigte ihn keineswegs. Ecki hatte Kopfschmerzen und das Gefühl, keine Luft zu bekommen. Er öffnete einen Fensterflügel. Tief atmete er die kühle Luft ein. Gedankenverloren betrachtete er die kümmerlichen Grünpflanzen auf den Fensterbrettern. Er hatte sie, ganz entgegen seiner Art, in der letzten Zeit doch ziemlich vernachlässigt. Er befühlte die Erde in einem Topf. Schon fast zu trocken, dachte er und putzte die krümelige Erde an seinem Hosenbein ab.
Es klopfte. Erschrocken führ Ecki herum.
»Ecki, hör zu. Das ist es.« Heinz-Jürgen Schrievers stand vor Ecki und war völlig außer Atem.
»Was ist los? Du siehst ja aus, als sei der Teufel
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