MK Boeckelberg
Sie wird an deinem Tod zerbrechen, Frank. Weil er sinnlos ist. Sinnlos und dumm. Tu ihr das nicht an. Wenn du Lisa liebst, dann lebe. Lebe weiter. Und lebe weiter mit ihr.«
Zunächst passierte nichts. Dann ging ein merklicher Ruck durch Franks Oberkörper. Er nahm seine Hände aus seinen Jeanstaschen. Ecki hielt den Atem an. War er zu weit gegangen?
»Hol mich hier weg, Ecki. Ich habe Angst. Ich habe schreckliche Angst vor dem Abgrund.«
Ecki schossen Tränen in die Augen. Vor Freude, vor Verzweiflung. Er streckte seine Arme aus und wollte auf Frank zugehen. Er wollte ihn in den Arm nehmen und vor dem Sturz schützen. Aber er konnte sich nicht bewegen.
»Ich kann nicht, Frank. Ich kann nicht. Ich habe Höhenangst. Ich habe schon die Hosen voll. Ich kann mich nicht bewegen. Geh nur langsam einen Schritt zurück. Mach kleine Schritte. Frank, hörst du. Kleine Schritte.«
»Bleib wo du bist. Ich komme.«
Frank ging langsam, Schritt für Schritt, rückwärts. Er tastete erst mit einem Fuß nach einem Hindernis, bevor der den nächsten Schritt tat. Schließlich stand er mit seinem Rücken kurz vor Ecki. Er drehte sich um. In seinen Augen standen ebenfalls Tränen.
»Bring mich hier weg. Bitte.« Frank legte seine Arme um Ecki und drückte ihn an sich.
»Es ist gut. Es ist vorbei. Es ist vorbei. Es kann nichts mehr passieren. Du bist in Sicherheit, Frank. Ich bringe dich jetzt nach Hause. Mit unserem Mondeo.« Ecki schluchzte. Frank wollte leben. Er war glücklich. Und müde.
»Nein, nicht nach Hause. Das halte ich nicht aus. Bring mich ins Präsidium. Ich will einen Kaffee, und dann erzählst du mir, wie weit ihr mit den Ermittlungen seid. Du hast unseren Ford zurück? Mit Anlage?«
Ecki löste sich aus der Umarmung und sah seinen Freund an. »Weißt du eigentlich, wie du aussiehst? Du siehst, ehrlich gesagt, beschissen aus. Du müsstest dich mal sehen. Seit Tagen nicht rasiert, tiefe Ringe unter den Augen. Und, mit Verlaub, du stinkst wie ein Iltis. Deine Klamotten haben Flecken. Du brauchst dringend ein Bad.«
»Kein Bad. Ich dusche und zieh mich um. Du kannst derweil warten. Und, kann ich für ein paar Tage bei euch wohnen? Nur für ein, zwei Näçhte. Bis ich wieder klar denken kann. Unsere beiden leeren Wohnungen kann ich jetzt nicht ertragen.«
»Kein Problem. Wenn du mit der Musik keine Probleme hast?« Ecki grinste Frank vorsichtig abwartend an.
»Kein Problem. Die schockt mich bestimmt nicht.«
Ecki schlug seinem Freund auf die Schulter. »Das ist ein Wort. Marion wird sich freuen. Und die Kinder haben auch schon gefragt, wann sie dich noch einmal zu Gesicht bekommen. Du kannst in unserem Gästezimmer schlafen. Und so lange bleiben, wie du willst.«
»Danke.«
»Du weißt, dass ich dich laut Vorschrift in die Landesklinik bringen müsste, zur Beobachtung. Aber ich biege das schon hin, mit Böllmann.«
»Danke. Ich habe Hunger.«
»Frank?«
»Ja?«
»Wenn du reden willst, wir haben auch unsere Seelsorgerin.«
»Danke, nicht nötig. Du bist mir Pastor genug.«
* * *
Keine zwei Stunden später saß Frank auf seinem Bürostuhl und kratzte sich die Bartstoppeln. Er hatte in seiner Wohnung nach dem Duschen lediglich ein bisschen Wäsche eingepackt und dann mit Ecki auf dem Weg ins Präsidium einen Umweg über McDonald’s gemacht.
»Ist das alles, was ihr habt?« Frank gähnte herzhaft.
»Willst du dich nicht lieber doch ausruhen? Gönn dir doch noch einen Tag Auszeit.« Schalke sah Frank besorgt an.
»Quatsch.« Frank winkte ab und musste doch wieder gähnen.
»Ich denke, es reicht, um Hünner auf den Pelz zu rücken.« Ecki klopfte mit seinem Bleistift auf die Schreibtischunterlage. Auch Schalke nickte.
»Vielleicht. Mal sehen, wie lange es dauert, bis Hünner zusammenbricht. Wenn es stimmt, was Hefter schreibt, wäre Hünner um ein Haar sogar gänzlich ungeschoren aus der Nummer herausgekommen. Hefters Mörder hat wohl nicht damit gerechnet, dass Hefter Aufzeichnungen gemacht hat. Wo finden wir ihn jetzt?«
Ecki sah auf seine Armbanduhr. »Die Ratssitzung müsste im vollen Gange sein.«
»Dann los. Wir fahren nur zu dritt. Mehr brauchen wir nicht. Das Überraschungsmoment ist auf unserer Seite.«
Soweit Frank es überblicken konnte, waren die Fraktionen vollzählig. Jedenfalls waren alle Tische im hell erleuchteten Ratssaal besetzt. Gerade sprach der Fraktionsvorsitzende der SPD. Thema war offenbar die Haushaltssituation der Stadt.
Frank sah sich um. Auch die kleine Besuchertribüne
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