MK Boeckelberg
aufhalten.« Hünner zog seine Hand zurück und ballte eine Faust. Dann öffnete er sie und betrachtete die Linien in seiner Handfläche. Eine Geste, die er von seinem Vater übernommen hatte. Sie hatte ihm schon als Kind gefallen, und er hatte bei jeder Gelegenheit ihre Wirkung ausprobiert. Sie sollte überlegen wirken.
»Was ist es dann?« Feusters tat gespannt. Er wusste nur zu gut, dass Hünner genau davor Angst hatte: Vor der Schmutzkampagne seiner Gegner, vor den Verleumdungen, den Tricks und den geheimen Recherchen, alles mit dem Ziel, ihn als Politiker zu vernichten.
»Ich mache gerade eine schwere Zeit durch. Sie wissen, meine Lebensgefährtin ist zu Tode gekommen. Noch sucht die Polizei. Die Gegenseite wird jedes noch so kleine und dumme Gerücht aufblasen, um mir zu schaden. Das macht mir Sorgen, Feusters, dass muss aufhören, noch ehe es angefangen hat.«
»Sie meinen, Sie haben dem nichts entgegenzusetzen? Sie haben Angst vor dem, was noch ans Tageslicht kommen könnte?«
Hünner nickte kaum merklich.
»Um den Gegner aushebeln zu können, müssen wir seine Strategie kennen, und wir müssen wissen, worauf er seinen Finger legen wird.
Ich muss das wissen, Hünner. Wovor haben Sie Angst? Sonst«, er machte eine Pause, »sonst kann ich Ihnen nicht helfen.«
Hünner schwieg. Feusters war zufrieden. Hünner musste erst einmal verdauen, was er eben gehört hatte. Politik war ein Spiel. Und Dirk Feusters kannte die Regeln. Und er wusste, dass am Ende nur er gewinnen konnte. Das war bisher immer so gewesen.
»Hören Sie, das haben Sie falsch verstanden, Herr Feusters. Ich habe nichts zu beichten. Und Sie sind nicht mein Beichtvater. Im Gegenteil, ich erwarte von Ihnen, dass Sie die Schwachstellen auf der anderen Seite suchen und finden. Und dann zuschlagen. Gnadenlos. Und wenn Sie dazu Geld brauchen, dann bekommen Sie es. Es ist genug da.«
Nun hatte er ihn da, wo er Hünner hin haben wollte. Geld. Das war das magische Wort. Das Weinhaus Menrath war in der Tat ein inspirierender Ort. »Ich verstehe. Sind Sie sicher, dass Sie so vorgehen wollen? Das wird nicht billig, Herr Hünner. Das wird nicht billig.«
Hünner zuckte gleichgültig mit den Schultern.
»Sind Sie sicher, dass die Polizei den Fall nicht bald abgeschlossen hat? Dann wäre das Thema sowieso vom Tisch. Und: Wer sollte Ihnen unterstellen, dass Sie möglicherweise etwas mit dem Tod Ihrer Freundin zu tun haben? Dass ist es doch, was Sie mir klarmachen wollen, oder? Wie tief stecken Sie in der Sache drin?«
»Was erlauben Sie sich?« Hünner schlug mit der Hand auf den Tisch.
Feusters lächelte. »Sehen Sie? So schnell sind Sie aus der Fassung zu bringen. Das ist nicht gut, Herr Hünner. Gar nicht gut. Sie müssen gelassener werden, viel ruhiger. Sie dürfen Ihren Gegnern keine Angriffsfläche bieten. Sonst sind Sie verloren.«
Hünner sank in seinen Stuhl zurück. Für einen Moment hatte er geglaubt, Feusters wolle ihn fertigmachen. »Sie haben mich ordentlich erschreckt. Aber Sie haben Recht. Wissen Sie, es ist nur so, dass ich im Moment ziemlich angespannt bin.« Hünner setzte einen gönnerhaften Blick auf. »Mir ist es lieber, dass ich Ihnen hier auf den Leim gegangen bin und nicht in einer Wahlkampfveranstaltung unvorbereitet auf irgendwelche Spinner getroffen bin. Das werde ich Ihnen nicht vergessen. Sie haben Ihr erstes Honorar längst verdient. Doppelt und dreifach.«
Feusters rieb sich innerlich die Hände. Die Sache lief hervorragend. Besser als erwartet. Solche Klienten hätte er gerne öfter. Hünner könnte so etwas wie seine Altersversorgung werden. »Sie müssen nur da weitermachen, wo wir gerade stehen. Lassen Sie die Sache mit Sabrina nicht so sehr an sich heran. Vertrauen Sie auf die Arbeit der Polizei. Vertrauen Sie auf Ihre Überzeugungskraft. Dann kann nichts schiefgehen. Und was die üblichen Spielchen der Opposition betrifft – damit werde ich schon fertig. Das ist reine Routine. Solange ich genug Geld zur Verfügung habe, solange brauchen Sie nichts zu befürchten. Noch etwas Wein?«
Hünner hielt ihm das Glas hin. »Ich bin froh, dass wir uns getroffen haben. Sie strahlen so eine Zuversicht aus. Von Menschen Ihres Schlages könnten wir mehr gebrauchen. Dann ginge es in unserer Republik endlich voran. Der Aufschwung braucht Experten wie Sie.«
* * *
Was bildete die Polizei sich eigentlich ein? Erst die DVD, dann die Briefe. So dumm konnte die Mordkommission doch nicht sein! Er schäumte vor Wut. Das würde er
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