MK Boeckelberg
»Klingt interessant.«
»Yes, das ist es auch. Unsere Techniker haben nämlich herausgefunden, das die Schuhe im indischen Bangalore hergestellt wurden.«
Klar, Indien, in den alten Kolonien, wo sonst. Tea Time, Elefanten, Kinderarbeit, exotische Bilder gingen Ecki durch den Kopf. »Das ist aber nicht gerade vielversprechend.«
»Wie man es nimmt, Mister Eckers.«
Der sagte wirklich Mister! »Da bin ich aber gespannt!«
»Ja, denn diese Charge wurde fast ausschließlich nach Belgien und nach Kanada ausgeliefert.«
Belgien! In Eckis Kopf gingen sämtliche Alarmlampen an. »Ja?«
»Nun, es ist nicht ausgeschlossen, dass der Junge aus Belgien oder aus Kanada stammt. Oder er hat die Schuhe bekommen, weil seine Eltern in Belgien und/oder in Kanada stationiert waren.«
»Sehr interessant.«
»Das ist es. Ja, das ist es. In der Tat. So sehen wir das auch. Das verkleinert den Kreis der Verdächtigen.«
»Heißt das, dass ›Billy‹, ich meine, dass der Junge aus Belgien nach Mönchengladbach entführt und hier getötet wurde?« Ecki nickte Schrievers zu, dessen Wangen vor Aufregung rosa angelaufen waren.
»Das können wir nicht ausschließen. Jedenfalls werden wir jetzt unsere Listen nach Familien durchforsten, die eine Zeitlang in Belgien oder in Kanada stationiert waren.«
»Und wenn der Junge doch von hier ist und die Schuhe als Souvenir bekommen hat?«
»In der Tat, auch das berücksichtigen wir, selbstverständlich.«
Dieser Colonel Barry Digby klang so staubtrocken, dass Ecki Durst bekam. »Seien Sie mir nicht böse, aber ich kann nicht erkennen, dass diese Erkenntnis uns in irgendeiner Weise voranbringt.«
Digbys Stimme war eine Spur zu neutral, um nicht doch beleidigt zu wirken. »Wie Sie meinen.«
»Bitte, Colonel Digby, ich möchte nicht unhöflich wirken. Ganz im Gegenteil. Es wäre wirklich schön, wenn wir auf diesem Weg weiterkämen.« Ecki hatte das Gefühl, dass dieser Digby nach dem Telefonat schnurstracks in den Offiziersclub gehen und von seiner hervorragenden Zusammenarbeit mit den deutschen Behörden berichten würde. »Ich freue mich außerordentlich, dass Sie so kooperativ sind.«
»Es ist mir eine Freude, mit Ihnen zu arbeiten, Mister Eckers. Vielen Dank. Ich bin sicher, dass wir zu einem Erfolg kommen werden.«
Der Colonel klang, als habe er sein deutsch-englisches Wörterbuch eins zu eins auswendig gelernt. »Yes, thank you, Colonel Digby.« Ecki freute sich, dass er seine Englischkenntnisse nicht ganz vergessen hatte. »Es ist mir ein Vergnügen. Ich meine, it is a pleasure, really.«
»Wir werden Sie selbstverständlich, wie sagen Sie in Ihrem Land?, auf dem Laufenden bringen.«
Ecki verdrehte die Augen. »Good bye, Mister Colonel.«
Es klickte. Digby hatte aufgelegt.
»Und jetzt?« Ecki sah Schrievers nicht besonders glücklich an.
»Ist doch klasse, dass die Briten euch nicht hängen lassen.«
»Prima. Aber es kommt nichts dabei herum, wenn du mich fragst.«
»Abwarten. Das weiß man nicht. Die Briten sind wahre Meisterdetektive.« Schrievers schmunzelte.
»Klar, Miss Marple und Sherlock Holmes.«
»Genau. Übrigens. Miss-Marple-Bücher habe ich auch gefunden. Willst du sie mal lesen?«
»Danke, verschone mich. Die Zeit habe ich nun wirklich nicht.«
»Na ja, fällt ja auch nicht gerade unter Fortbildung.«
»Habe ich die nötig?« Ecki meinte, einen süffisanten Unterton gehört zu haben.
»Spinnst du?«
»War nur so eine Idee. Sorry.«
Schrievers schüttelte den Kopf, sagte aber nichts.
»Der Anruf war ja ganz nett. Aber mehr auch nicht.«
»Ich meine, soll ich dir bei der Durchsicht der Akten aus England helfen? Vier Augen sehen mehr als zwei.«
Ecki hob die Augenbrauen. »Wenn du magst, gerne.«
Schrievers wollte gerade aufstehen, als es klopfte.
»Herein?« Ecki war gespannt.
Die Tür öffnete sich, und Viola Kaumanns stand vor den verdutzten Polizeibeamten.
»Hi.« Viola Kaumanns hob lässig die Hand.
Sie sah aus wie immer. Und dazu verdammt gut.
»Komm rein, Viola. Neue Frisur? Was macht der Lehrgang?«
Viola Kaumanns ging zu Schrievers und drückte ihn. Soweit das ging, denn der Archivar war sitzengeblieben. Dann streckte sie Ecki die Hand hin. »Hi, Ecki, heißt Aubergine, die Farbe. Der Lehrgang ist anstrengend, aber effektiv. Bin ganz zufrieden.«
»Chic, die Farbe. Passt zu deinem Outfit.«
»Frank geht es mies.« Ohne zu fragen, setzte sich Viola auf die Kante von Franks Schreibtisch und sah Schrievers und Ecki erwartungsvoll
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