MK Boeckelberg
habe ich das nicht gemeint, Herr Borsch. Natürlich sind Sie unabhängig. Und das sollen Sie auch bleiben. Aber Sie müssen bitte auch mich verstehen. Für mich steht viel auf dem Spiel.«
Frank ließ sich von dem Rückzieher des Politikers nicht beeindrucken. »Was steht für Sie schon auf dem Spiel? Ihre Freundin ist tot. Grausam getötet. Was bedeutet da noch Ihre Kandidatur?«
Daniel C. Hünner versuchte ein Lächeln. »Natürlich haben Sie Recht mit Ihrer Kritik, Herr Hauptkommissar. Aber, lassen Sie mich das bitte sagen, ein Politiker muss anders denken. Für ihn kommt die Moral zuletzt. Wichtig ist der politische Sieg. So ist das nun mal.«
»Politik ist ein schmutziges Geschäft.«
»Wenn Sie das so sehen wollen. Ich jedenfalls kann mir zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Sentimentalitäten leisten. Damit Sie mich nicht falsch verstehen, meine Herren, ich habe Sabrina Genenger geliebt. Sehr sogar. Aber ich kann sie nicht ins Leben zurückholen. Und das würde ich, verdammt noch einmal tun, wenn ich die Mittel dazu hätte. Aber Sabrina ist tot. Und ich muss nun versuchen, ohne sie klarzukommen. Und ich will und ich werde diese Wahl gewinnen. Darauf können Sie sich verlassen. Mit oder ohne die Hilfe Ihres Polizeipräsidenten.«
Frank und Ecki ließen Hünners überraschenden Wortschwall unkommentiert stehen.
Die anschließende Befragung von Katja Steins brachte wenig Neues. Sie hatte Sabrina Genenger tatsächlich von der Schule her gekannt. Nach dem Abitur hatten sie sich dann aus den Augen verloren. Erst durch Sabrinas Beziehung zu Daniel C. Hünner hatten sich die ehemaligen Schulfreundinnen wiedergetroffen. Sie hatte ihr zwar aus dem Urlaub geschrieben, aber von einer Freundschaft mochte sie nicht sprechen, gab Katja Steins an. Von einem ehemaligen Freund, der angeblich als Fotograf in Frankreich leben sollte, wusste sie nichts.
Bevor die beiden Ermittler Hünners Firma verließen, kam der Unternehmer noch einmal aus seinem Büro. »Ich habe noch eine Bitte, meine Herren. Kann ich Sabrina noch einmal sehen?«
»Wir werden sehen.«
Als Hünner Frank und Ecki wegfahren sah, griff er zum Telefonhörer. »Herr Feusters? Ich brauche dringend Ihren Rat. Ja. Dringend.«
* * *
Heinz-Jürgen Schrievers hatte Frank erst einen Platz freiräumen müssen, bevor er mit seiner Suche begann. Seither arbeitete er sich schweigend durch mehrere Aktenstapel.
Frank nutzte die Gelegenheit, um sich in Schrievers »Heiligtum« umzusehen. Seit er das letzte Mal im Archiv war, hatte sich einiges verändert. Das Büro ihres dicken Polizeihauptkommissars war nicht nur vollgestopft mit Schränken, Registraturen, Akten, Büchern und Broschüren – an den wenigen, noch freien Wänden hingen mittlerweile mehrere alte Ölbilder.
»Fühlst du dich eigentlich wohl in deinem Chaos? Noch dazu, wo du jetzt auch noch die letzten freien Stellen in deinem Büro zugehängt hast?« Frank hatte er das Gefühl, von der Enge förmlich erdrückt zu werden.
»Im Gegenteil, Frank. Was du als Chaos bezeichnest, ist für mich die einzige Atmosphäre, in der ich arbeiten kann.«
»Jedem das seine.« Frank lächelte freundlich. Wenn Heini diese Umgebung für seine geniale Arbeit brauchte, dann sollte es wohl so sein.
»So.« Schrievers drehte sich zu Frank um und schlug dabei einen Ordner auf. »Daniel C. Hünner, 44, geboren in Mönchengladbach. Führt in mittlerweile vierter Generation ein Baugeschäft. Vor allem sein Vater hat die Firma groß gemacht. 120 Mitarbeiter. Die Hünners haben so ziemlich alles Wichtige in der Stadt gebaut. Und hatten immer schon einen guten Draht zur Politik, wenn du verstehst, was ich meine.«
»Nicht wirklich.«
»Wenn meine Informationen stimmen, hatte der alte Hünner beste Verbindungen bis in die Spitzen der Stadtverwaltungen von Rheydt und Mönchengladbach. Nur wenige Ausschreibungen gingen an ihm vorbei.«
»Filz? Bestechung?«
»Wo ist da die Grenze? So genau wird man das nicht trennen können. Hünner Senior war ein begnadeter Strippenzieher. Aber man hat ihm nie etwas nachweisen können. Selbst der WDR hat sich mal mit dem Thema beschäftigt. Unter dem Titel ›Bauern, Bonzen, Demokraten, wenn ich mich recht erinnere. Hat damals für ziemlichen Wind gesorgt. Aber auch den Wirbel hat der alte Hünner problemlos überstanden.« Schrievers blätterte weiter.
»Hast du noch mehr?«
»Sein Sohn ist in ziemlich große Fußstapfen getreten. Der junge Hünner hat sich in seinen Sturm-und-Drang-Zeiten eher
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