Modemädchen Bd. 2 - Wie Marshmallows mit Seidenglitzer
klar. Und je mehr ich von dieser Strategie höre, desto besser gefällt sie mir.
Am Abend tritt Andy Elat im Fernsehen auf und hält eine Rede. Zuallererst, erklärt er, wird es ein »Wir sind fair«-Team geben, das Vollzeit damit beschäftigt sein wird, in allen Fabriken, mit denen Miss Teen zusammenarbeitet, die Bedingungen zu kontrollieren, unter denen die Kleider hergestellt werden. Jedes Kleidungsstück bekommt ein neues cooles Etikett mit dem Slogan »Augen auf« und den Details seiner Herkunft. Außerdem wird die Miss-Teen-Mode-Stiftung ins Leben gerufen, die Tausenden von Kindern zugutekommen soll, die in der Textilindustrie ausgebeutet wurden. Und zu guter Letzt will Andy ein Komitee aller größeren Modehandelsketten gründen, dessen Vorsitz er übernehmen wird, um die neuen Richtlinien durchzusetzen.
In dem Gespräch, das seiner Erklärung folgt, deutet Andy weitere Ideen an und plötzlich ist Miss Teen in aller Munde und die Erwartungen sind groß.
Edie bekommt von No Kidding einen Rosenstrauß geschickt, der Joe Yule ernsthaft Konkurrenz macht.
Nach der Erdkundeprüfung kommt mir das Leben nicht mehr allzu schwer vor. Fast fange ich schon an den Sommer zu genießen, als mir nach etwa einer Woche Lulu Frost im Westend über den Weg läuft und ich einen Rückschlag erleide.
Krähe und ich sind mal wieder im großen gruseligen Schauspielhaus, um Jenny in Tochter ihres Vaters brillieren zu sehen (»erbettelt, borgt oder klaut eine Karte …«). Ich bin zum siebten Mal da, Krähe zum dritten Mal. Sie geben uns billige Karten und quetschen uns irgendwo rein und inzwischen weiß ich, dass sie hier den gleichen Eiscremelieferanten haben wie im Royal Opera House, in der Pause wird es also lecker.
Wir stehen wie üblich in der Schlange, um unsere Eis-Reserven aufzufüllen, als mir jemand auf die Schulter tippt, und es ist Lulu. Was ist das bloß mit dieser Frau und Schlangestehen?
»Hallo«, sagt sie und lächelt uns nervös an. »Nonie, du siehst ganz schön müde aus.«
Vielen Dank. Das würdet ihr auch, wenn ihr mitten in den Prüfungen für Bio und Englisch stecken würdet. Zum Glück hat Krähe Henry überredet mir in Englisch zu helfen. Er ist ein unglaublich guter Nachhilfelehrer in Literatur. Vielleicht bekomme ich sogar eine Zwei.
»Alles bestens«, lüge ich. »Du siehst toll aus.« Auch eine Lüge. Sie sieht völlig fertig aus. ABER DAS SAGT MAN NICHT.
»Danke.«
Wieder lächelt Lulu nervös und fummelt an den Bommeln ihrer Handtasche herum. Oje. Anscheinend will sie, dass ich sie etwas frage. Warum machen die Leute so was? Warum bin immer ich diejenige, die das Gespräch am Laufen halten muss?
»Tut mir leid, das von Alexander zu hören«, sage ich.
Krähe tätschelt mir den Arm und verschwindet zu ihrem Platz. Auch wenn sie häufig so wirkt, als bekomme sie nichts mit, weiß sie, was zu tun ist, wenn es um Beziehungen geht. Und sie weiß, wie viel Lust ich habe, mit Lulu über diese spezielle zu reden. Überhaupt keine.
»Ach«, sagt Lulu. »Danke. Na ja, das ist Geschichte. Da war die Kleine in dem Klub. Und es gab Gerüchte, dass da noch eine andere war. Eine, in die er echt verknallt war. Natürlich hat er alles abgestritten.«
Sie sieht mich lange und durchdringend an. Ich konzentriere mich darauf, müde auszusehen. Einfach nur müde.
»Du Arme«, sage ich. Wahrscheinlich müsste ich sagen: »Tut mir leid, dass ich mit deinem Freund rumgeknutscht habe, ich wusste nicht, dass ihr noch zusammen wart, was für ein mieser Typ, oder?« Aber so mutig bin ich nicht. Der Ansatz »Puh, bin ich müde, ich habe keine Ahnung, worauf du hinauswillst« kommt mir sehr viel einfacher vor.
Aber – verknallt? Verknallt.
Meine Laune wird etwas besser. »Lulu«, sage ich, »darf ich dich mal was fragen?«
Jetzt sieht sie noch nervöser aus. Trotzdem sagt sie Ja.
»Es geht um Harry. Meinen Bruder. Und Svetlana. Du bist doch mit ihr befreundet. Weißt du, warum die beiden sich getrennt haben? Mir sagt er nämlich nichts und ich frage mich das schon die ganze Zeit.«
Ihr Blick wechselt von nervös zu erleichtert.
»Ach. Harry. Svetlana sagt, eigentlich ist es nur um ihre Wohnung gegangen.«
Ihre Wohnung ? An die Stelle in Romeo und Julia erinnere ich mich gar nicht. Oder in der Geschichte vom Taj Mahal.
»Was meinst du damit?«
»Nur dass Harry davon ausging, dass er bei ihr einzieht, sobald er mit dem College fertig ist. Sie hat so eine coole kleine Wohnung in TriBeCa, wenn sie in New York
Weitere Kostenlose Bücher