Modemädchen Bd. 2 - Wie Marshmallows mit Seidenglitzer
Puppenkleider gemacht, die zugunsten der Kampagne »Wir sind fair« von Miss Teen versteigert wurden. Doch die Auktion war erst der Anfang. Fast jede Woche tritt Andy Elat im Fernsehen auf und verkündet eine neue Initiative gegen soziale Ungerechtigkeit. Bei Miss Teen schießen die Verkäufe in den Himmel. Lakshmi nennt ihn »Mister Held«. Das liegt daran, dass eine der Zeitungen ihn als Held der High Street bezeichnet hat, und der Name ist hängengeblieben. Er sieht immer ein bisschen verlegen aus, wenn die Leute ihn auf den Spitznamen ansprechen, und sagt dann Sachen wie: »Ach, ich tue nur meine Pflicht für unseren Planeten«, aber man sieht ihm an, dass es ihm runtergeht wie Öl. Besonders, als er zum ersten Mal für einen Fair-Trade-Preis nominiert wird.
Interessanterweise erwähnt er nie, wo er seine Ideen herhat. Bei diesem Thema wird er plötzlich ganz schweigsam. Manche glauben, er ist eben einfach ein Genie in Modedingen. Andere »Insider« meinen, es hat mit seinem brillanten PR-Guru Paolo Perugino zu tun. Ein paar wenige denken, es ist seine Tochter.
»Das ist einfach nicht zu fassen«, sagt Jenny, als wir wieder in der Schule sind und mit der Oberstufe anfangen (und ich dachte, die Mittelstufe wäre schwer). »Er hat euch nicht mal angerufen. Er hat einfach eure Ideen übernommen und die ganzen Lorbeeren für sich eingesackt. Warum machst du denn nichts, Nonie? Und du, Edie?«
Na ja, erstens ist Edie viel zu nett. Außerdem ist Edie klar, wie mir auch, dass Andy alle unsere Forderungen erfüllt hat, vielleicht sogar noch viel mehr. Er ist nicht der Typ, der sich von einer Bande Teenager auf der Nase rumtanzen lässt. Und das ist seine Art, alles richtig zu machen. Und es ist gut so. Wir können uns nicht beschweren.
Außerdem denke ich an das Kleingedruckte. Das ist auch so was, das man lernt (irgendwann), wenn man in der Modebranche ist. Den neuen Vertrag über die Weißes-Licht-Kollektion lese ich sehr, sehr genau. Ohne es extra zu erwähnen, hat Andy eine Zeile eingefügt, in der steht, dass »alle Rechte an dem Namen KRÄHE, insofern er als Modemarke benutzt wird, einzig und allein und ohne Einschränkung bei der Designerin liegen«.
Was bedeutet, dass Krähe ihren Namen wiederhat. Ohne zu fragen. Was unter dem Strich heißt, dass Andy Elat auch unser Held ist und wir ihn wirklich mögen.
Ich lese Krähe die Zeile vor und erkläre ihr, was es damit auf sich hat. Natürlich sagt sie nichts. Doch über einen von Grannys Freunden ist sie an eine sehr alte, sehr schöne Smokingjacke von vor dem Ersten Weltkrieg gekommen, die sie mit gemusterter Seide gefüttert und von Hand mit Herzen und Vögeln bestickt hat.
Andys »Danke« klang ziemlich schroff, als sie ihm die Jacke geschenkt hat. Doch er hatte sie an, als er den Fair-Trade-Preis entgegengenommen hat. Und er sah toll darin aus.
Es ist kurz vor Weihnachten. Jenny trägt ein weißes Baumwollkleid mit großen, bauschenden Ärmeln und hochhackige Sandalen, die von einem der besten Schuhdesigner Indiens extra für sie entworfen wurden. Das Kleid ist an der Seite geschlitzt und darunter blitzen eine Tunika aus weißem Damast hervor und weiße Leggings, die so geschnitten sind, dass sie ihre schönen Waden und Knöchel betonen. Die Leute von der Kleiderfabrik haben extra noch mal nachgefragt, als sie hörten, dass wir die Muster in Größe 40 wollten und nicht in der Erdnussgröße der professionellen Models, die normalerweise bestellt werden. Doch glücklicherweise hat Jenny, seit die Königin des Bösen wieder nach Hollywood abgerauscht ist, ihre alte Figur zurück. Sie sieht gesund aus und ihr Gesicht leuchtet, so wie immer, wenn sie richtig glücklich ist.
Ich glaube, inzwischen hat Andy Elat Angst vor mir, denn als ich vorgeschlagen habe diesmal wirklich Jenny zum Gesicht von Krähes Weißes-Licht-Kollektion zu machen, hat er mich nachdenklich angesehen und gesagt: »Vielleicht ist das eine gute Idee, Kind«, statt »Machst du Witze?«, wie beim letzten Mal.
Jenny posiert vor dem Taj Mahal für die Kamera, umringt von lachenden Straßenkindern, neben deren schmächtigen Körpern sie wie eine Riesin aussieht. Doch ihre Ärmel sind nicht das Einzige, was sich bauscht – auch das Taj Mahal hinter ihr bauscht sich und der Fotograf muss immer wieder unterbrechen. Sanjay läuft hektisch hin und her auf der Suche nach jemandem, der die Leinwand mit dem gemalten Taj Mahal besser an ihrem Rahmen befestigen kann.
Letzte Woche wurden die
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