Modesty Blaise 04: Ein Gorilla für die Lady
Francesca war verrückt danach.»
«Nun … das ist etwas Neues. Aber ich kann mir nicht denken, daß das einschlagen wird. Wer war denn der andere Fledermaus-Mann?»
«Pedro, der Fänger, für den ich einsprang. Ich glaube, sie war ein bißchen zu wild für ihn. Darum hat er sich wohl auch dem Suff ergeben.»
«Und wie erging es dir, Willie?»
Er fuhr sich mit der Hand über das borstige Stoppelkinn. «Ich glaube, ich hätte mich daran gewöhnt», sagte er zurückdenkend. «Aber beim drittenmal fielen wir herunter. Beim Üben hatten wir zwar immer ein Sicherheitsnetz, aber auch mit Netz ist ein doppelter Sturz eine riskante Sache. Deshalb bin ich abgehauen, ehe mir noch etwas passierte.» Seine Stimme klang jetzt vergnügt.
Hinter ihm sagte Steve Collier: «Ich habe nur den Schluß gehört und würde die ganze Geschichte sehr gern irgendwann einmal erfahren. Aber was ist eigentlich
foggara?
»
«Ein unterirdisch gegrabener Kanal, durch den man Wasser quer durch die Wüste befördert», erklärte Willie aufblickend. «Man ließ in gewissen Abständen Kamine stehen, damit die Kanalgräber atmen konnten und das Wasser später belüftet wurde. Unter der Erde verdunstete es nicht, wie es in einem offenen Kanal der Fall gewesen wäre. Es gibt die
foggara
noch in der Sahara in einer Gesamtlänge von gut zweitausend Meilen.
Man kann die Reihen der Kamine noch heute wie leere Sandburgen aufragen sehen.»
«Was brachte dich auf diese Frage, Steve?» erkundigte sich Modesty.
«Mrs. Tangye hat den Ausdruck verwendet. Ich fragte sie nach dem Wasser. Und ich glaube, wir haben etwas gefunden. Oder vielmehr Dinah hat etwas gefunden.»
Dinah trat zwischen die beiden Betten und setzte sich neben Willie. «Eine Art Aquädukt verläuft unter diesem Gemeinschaftsraum», sagte sie. «Er hat seit – ich weiß nicht wie lange – kein Wasser mehr geführt. Es mag Jahrhunderte her sein. Aber früher einmal hat er Wasser geführt.»
Modesty und Willie schauten einander an.
Collier sagte: «Mir kam der Einfall, daß zu der Zeit, als unser Freund Mus und seine Leute hier waren, dieser Ort gut mit Wasser versorgt gewesen sein muß.
Sobald nur zwei Römer beieinander waren, fingen sie doch schon an, einen Aquädukt zu bauen.»
Modesty schob das grobe Messer und den Stein in die Falten ihrer Decke.
«Hier unter uns?» fragte sie, tippte mit dem Fuß auf den sandbedeckten Boden und schaute Collier an. «Ist das nicht solider Fels?»
«Zum größten Teil schon.» Collier wies hinüber zu einer Längswand des Raums. «Aber als Dinah den Verlauf des Aquäduktes gefunden hatte, haben wir den Sand beiseite gewischt und genauer nachgesehen. Wir fanden dort drüben eine doppelte Reihe von in den Boden eingelassenen Steinfliesen, die parallel zur Wand verlaufen.»
Willie Garvin legte seine Werkzeuge beiseite und stand auf. Er hob Dinah in seine Arme und küßte sie herzhaft.
Als ihre Lippen wieder frei waren, daß sie sprechen konnte, sagte sie: «Es war Steves Idee.»
«Steve werde ich aber nicht küssen.» Willie setzte sie ab und faltete seine Decke auseinander. In ihr lag eine Anzahl verschiedener kleiner Gegenstände – Pfeilspitzen aus Feuerstein und Knochen, verrostete Eisenstücke, eine Spule Draht, zwei flache Metalleisten, die er von den Betten abgebrochen hatte, ein kantiges Stück Glas, eine Schlinge, die er aus einem Lederstreifen geformt hatte, und mehrere glatte runde Steine. Er nahm eine der Metalleisten zur Hand. Sie war an einem Ende leicht gebogen, und dieses Ende besaß eine geschliffene Kante wie ein Brecheisen. «Schauen wir mal nach», sagte er.
Auch wenn der Sand weggewischt war, konnte man die Steinplatten nur schwer erkennen. Sie waren trocken gesetzt worden, aber Staub und Sand hatten die Fugen ausgefüllt. Der Verlauf der Fliesen glich einem großen L. An einem Ende stießen sie gegen die hintere Wand. Der kurze, horizontale Strich des L endete an einer der Längswände des Raums in der Nähe der Tür.
Ohne die Sache zu besprechen, konzentrierten sich Modesty und Willie auf die Fliesen nahe bei der hinteren Wand. Sie brauchten eine halbe Stunde, um mit ihren groben Werkzeugen die Fugen zu reinigen, und eine weitere Stunde, um die erste Steinplatte zu heben.
Die zweite kam leicht heraus.
Darunter lag ein aus dem Fels gehauener Kanal mit viereckigen Seitenflächen, deren Ränder Vertiefungen aufwiesen, damit die Deckplatten gut angepaßt darauflagen. Der Kanal hatte eine Breite von etwa vierzig Zentimeter
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