Modesty Blaise 04: Ein Gorilla für die Lady
Türbogen der kleinen Kammer hinaus.
Sie wartete ein paar Sekunden und sprach dann behutsam zu Collier. «Hörst du jetzt zu, Steve?»
«Entschuldigung. Hat man das gemerkt? Ich war mit meinen Gedanken ein bißchen abwesend.»
«Das macht doch nichts; aber dies ist jetzt für dich bestimmt.» Ihre Augen schauten durch ihn hindurch mit einem nachdenklich fernen Ausdruck. «Delicata bereitet ein Kabinettstück an Belustigung vor. Er hat jetzt wohl die Vorfreude lange genug genossen.»
«So ist es.» Colliers Mund war trocken. «Was wird denn nach deiner Meinung geschehen?»
«Es geht um Willie.» Sie streckte die Hand aus und umfaßte die Dinahs mit festem Griff. Das Gesicht des Mädchens war leichenblaß. «Machen Sie sich keine Sorgen, Dinah, denn ich werde es nicht geschehen lassen. Ich verspreche es.» Sie schaute wieder Collier an. «Du bist Delicata am nächsten. Du kennst seine Launen am besten, Steve. Laß es mich wissen, wenn du glaubst, daß er im Begriff steht, etwas Schlimmes anzuzetteln.»
«Gut.» Collier schluckte. «Aber wie gebe ich dir Bescheid – wenn ich keine Zeit finde, mit dir zu sprechen?»
«Mach irgendeine Szene. Tu so, als hättest du dir den Fuß an einer Spitzhacke gestoßen, erhebe ein großes Wehklagen und humple herum. Du wirst deine Szene so spielen müssen, wie es sich gerade ergibt.»
Collier nickte. «Es kann jederzeit soweit sein», sagte er mit leiser Stimme. «Heute sprach er davon, daß er einen Geschmack am Tode hätte. Er ist meiner Meinung nach bald soweit, diesem Geschmack zu huldigen.»
Modesty überlegte. Als sie wieder sprach, geschah es mit scheinbarer Flüchtigkeit. «Skeet Lowry landet morgen abend, nicht wahr?»
«Müßte er eigentlich. Er kommt jetzt alle zwei Nächte und bringt zusätzlich Wasser und Verpflegung. Und gestern nacht war er hier.»
Wieder herrschte Schweigen. Collier konnte die Intensität ihrer Gedanken beinahe spüren. Er fragte sich, welcher Art sie wohl sein mochten, und Angst zog sich übelkeiterregend in seinem Magen zusammen.
Endlich sagte sie langsam: «Ja … das müßte klappen.» Der abwesende Ausdruck verschwand von ihrem Gesicht, und ihre weißen Zähne entblößten sich zu einem plötzlichen Lächeln. Noch immer hielt sie Dinahs Hand, die sie jetzt leicht schüttelte. Den Blick weiter auf Collier gerichtet, sagte sie: «Hört auf, so kläglich dreinzuschauen, ihr zwei.»
«Mir ist kläglich zumute», erwiderte Collier unbehaglich. «Was zum Teufel heckst du da aus?»
Das Lächeln verwandelte sich langsam, bis sie ihn mit einer Art verzerrtem Mitgefühl betrachtete. «Ich fürchte, du wirst dich gegen einen oder zwei Schocks wappnen müssen, Liebling. Aber versuch einfach, dich daran zu erinnern, daß es keine andere Möglichkeit gibt.»
Sein unbehagliches Gefühl steigerte sich zu heftigster Beunruhigung. Er setzte sich steil auf. «Das ist keine vernünftige Antwort!»
Sie beugte sich vor und küßte ihn. «Ich weiß, und es tut mir leid. Aber das ist alles, was du vorläufig erfahren wirst.»
17
Es war beinahe sieben, und der Himmel war rosa überhaucht, als Modesty Delicata und Steve Collier aus dem geschützten Seitenarm des Tals kommen sah, in dem die behaglichen Quartiere des riesenhaften Mannes und seiner Kollegen lagen. Delicata redete und bewegte den langen Arm in einer ausladenden Geste.
Modesty hob einen Felsstein aus dem Graben, in dem sie arbeitete. In Delicatas Verhalten lag etwas Neues und Energiegeladenes. Sie konnte es selbst auf diese Entfernung erkennen, und in ihrem Nacken regte sich ein Kribbeln wie das Signal einer Gefahr.
Willie Garvin arbeitete mit seiner Gruppe dreihundert Meter entfernt im Bezirk des Forums. Ein kleines Stück hinter ihr nach links führte Wenczel seine einsamen Gefechte. Ein paar von Tangyes Leuten gruben in der Nähe. Sie sah Collier und Delicata den oberen Rand einer langen Anhäufung aus Sand und Gesteinsbrocken betreten und entlanggehen, die ein paar Fuß tief schräg abfiel. Collier schien fehlzutreten. Er glitt aus und rollte den Abhang hinunter. Schwach vernahm sie seine Stimme, die vor Schmerz und Ärger schrill klang. «Mein Knöchel! Um Himmels willen, er ist gebrochen! Seht doch her – ihr habt gut lachen!»
Wenczel wandte sich um, starrte zu der entfernten Szene hinüber, zuckte verächtlich die Achseln und stellte sich dann wieder mit gezogenem Degen vor dem aufrechtstehenden Brett in Position.
Etwas undeutlich hörte er eine Stimme sagen: «Blöder Idiot –
Weitere Kostenlose Bücher