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Modesty Blaise 04: Ein Gorilla für die Lady

Modesty Blaise 04: Ein Gorilla für die Lady

Titel: Modesty Blaise 04: Ein Gorilla für die Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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Stoffasern entstanden, und die Wundärzte hatten empfohlen, die Kämpfenden sollten sich aus diesem Grunde bis zur Taille entblößen.
    McWhirter stieß ein ungläubiges Kichern aus. «Du lieber Himmel! Glauben Sie vielleicht, das ist beim ersten Blutstropfen erledigt? Der wird ein Sieb aus Ihnen machen, Mädchen!»
    Sie schaute durch ihn hindurch, bemerkte aber dennoch, wie seine Augen auf ihrem nackten Oberkörper verweilten und sein Gesicht eine Andeutung von Begehren zeigte. Nach ihrer Beurteilung stand McWhirter in sexueller Hinsicht auf dem Niveau eines Schuljungen. Sein Benehmen bestätigte jetzt ihre Einschätzung.
    Ein grobes Verlangen, sie zu berühren, kämpfte mit einer längst vergessenen Verbotsregel in seinem Innern.
    Wahrscheinlich hatte er eine presbyterianische Kindheit hinter sich.
    Er streckte ihr den Degen hin und hielt dabei den Knauf, so daß sie die Waffe an der Klinge fassen mußte.
    Dann trat er rasch aus ihrer Reichweite. McWhirter war ein vorsichtiger Mann. Wenn er sie nicht durch eine Waffe in Schach gehalten wußte, gestattete er sich nie, näher als auf vier Schritt an Modesty Blaise oder Willie Garvin heranzukommen.
    «Ach, in gewisser Hinsicht ist es eine Verschwendung von gutem Fleisch», bemerkte er grinsend. «Aber es wird mich glücklich machen, dich abgehen zu sehen, Blaise. Es gibt da eine ganze Menge, wofür noch zu zahlen ist.» Sein Grinsen verzerrte sich zu plötzlicher Bösartigkeit, und er wandte sich ab, um sich zu Gabriel und Delicata auf dem Podium zu gesellen. Der Griff des Degens war handgerecht entworfen und so geformt, daß die Finger ihn wie einen Pistolenknauf umfaßten. Sie probierte die Balance aus, und sofort wurde der Degen lebendig, als wäre er eine Verlängerung ihres Armes.
    Sie stützte die Spitze leicht auf den Boden und wartete gleichmütig. Es gab nichts, worüber man jetzt nachdenken mußte. Für das, was es hier galt, war ihre Strategie schon geklärt. Die Taktik hatte zu warten, bis sie bei Wenczel Maß genommen hatte.
    Er würde ein besserer Schwertkämpfer sein, das war sicher, und er würde den Vorteil der leichteren Zielfläche haben. Sie hoffte, daß sein Stolz stark genug sein würde, Delicatas Befehl zu widerstehen, der ihm auftrug, die ärmellose Jacke aus federleichtem Kettengewebe zu tragen; aber diese Hoffnung war minimal.
    Sie besaß zwei Vorteile: einer lag darin, daß Wenczel niemals versuchen würde, sie schon während der ersten paar Klingenbegegnungen zu töten. Diese Aussicht, den Degen in einem Duell zum Töten einzusetzen, war sein fanatischer Wunsch. Er würde das genießen wollen, würde seine ganze Geschicklichkeit daransetzen, sie langsam und anmutig durch kleine Verwundungen in einen blutverschmierten und geschwächten Zustand zu versetzen, ehe er den endgültigen Stoß führte. Für Wenczel würde dies wie das verlängerte Liebesspiel sein, das zum äußersten Höhepunkt führt. So würde sie zumindest Zeit gewinnen; Zeit, um ihren zweiten Vorteil zu erproben, der in Wenczels Auffassung vom Fechten als einer Kunstform lag. Aus Instinkt würde er dazu neigen, nach den Regeln zu fechten, die für ihn ein Leben lang maßgebend gewesen waren. Mit dem Degen prahlerisch zu hantieren würde Abscheu und Wut in ihm erregen.
    Modesty würde darüber keinen Abscheu empfinden.
    Wenczel mochte sich das schon selbst gesagt haben und auf irgendwelche unorthodoxen Tricks gefaßt sein.
    Schon das allein würde ihm ein gewisses Maß an Hemmung auferlegen.
    «Ah!» hörte sie McWhirter sagen.
    Wenczel schritt zwischen den zerbrochenen Steinpfeilern hindurch, die einst den Eingang zur Arena gebildet hatten. Er trug weiße Kniehosen, Fechtschuhe und eine herrliche Tunika aus feinem Maschenstahl, die bis zu seinen Oberschenkeln reichte. Das Gegenstück zu Modestys Degen hielt er in der rechten Hand.
    «Was geschieht jetzt?» flüsterte Dinah auf ihrem abblätternden Steinsitz in der ersten Reihe. Ihre Hand tastete nach der Willies und fand sie.
    «Wenczel», sagte er und bewegte dabei kaum die Lippen. «Jede Minute kann es jetzt losgehen. Sprich nicht mehr, Schatz.»
    Auf ihrer anderen Seite sitzend riß Collier seinen Blick von den Gestalten in der Arena, um besorgt in ihr angespanntes, erregtes Gesicht zu schauen. Jeder Nerv in seinem Körper zitterte. Er fühlte sich elend und blutleer. Einen Augenblick lang beneidete er Dinah beinahe um ihre Blindheit. Dies mitanzusehen war eine Qual, und doch war es unmöglich, nicht hinzuschauen.

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