Modesty Blaise 04: Ein Gorilla für die Lady
daraus.
«Nicht ernsthaft. Aber verzwickt. Selbst im Arabischen blieb Willie noch auf der Hut. Benutzte eine Menge Jargon. Er hat ein blindes Mädchen bei sich.
Zwei von Gabriels Handlangern haben ihre Schwester umgebracht und versucht, das Mädchen lebend zu entführen. Willie weiß nicht warum. Er hat sie in einer Hütte, die sich ungefähr eine Stunde von Panama City entfernt befindet. Beide halten sich dort versteckt.»
«Das wird auch besser sein», erklärte Tarrant düster.
«Gabriel gibt nämlich nicht auf.»
«Willie weiß das. Darum sind sie dort festgenagelt.
Er traut sich nicht, das Mädchen auf eigene Faust herauszubringen. Nach seiner Meinung ist jemand nötig, der ein Ablenkungsmanöver unternimmt, und außerdem jemand, der von der ganzen Sache überhaupt nicht betroffen ist und das Mädchen außer Landes bringen kann.»
«Gegenüber Gabriel würde ich mich auch nicht mit weniger zufrieden geben. Jedenfalls nicht in Panama. Ist Willie noch unentdeckt?»
«Das weiß er nicht. Gabriel kann es erraten haben.»
«Wie?»
«Willie hat die beiden Burschen umgelegt.»
«Messer?»
«Ich vermute. Er hat keine Einzelheit erwähnt.»
«Na schön.» Tarrant seufzte und rieb sich die Augen.
«Dann werden wir Aaronson eben versetzen.»
«Eine halbe Stunde macht keinen Unterschied. Man startet von Heathrow zur Ankunft in New York morgen um 18 Uhr 30, und von dort bringt mich eine DC-8 bis Samstag 19 Uhr 30 nach Panama City.» Sie klappte das dicke Buch zu und startete den Motor.
«Wenigstens kann ich mir ja anhören, was Aaronson zu sagen hat – und ihm anbieten, später nach Mus zu reisen, wenn Sie niemand anders dafür finden können.»
«Wollen Sie mit dem Mädchen auf direktem Weg nach England zurückkehren?» fragte Tarrant.
«Ich glaube schon. Hier wird sie sicherer sein. Dann können wir einige unserer alten Kontaktleute in Aktion setzen, um herauszufinden, was Gabriel im Schilde führt.»
«Und dann?»
«Gabriel erledigen.» Sie trat auf den Gashebel. «Das ist die einzige Möglichkeit, der Sache ein Ende zu machen.»
«Du lieber Himmel», sagte Collier ruhig. «Ich dachte, das alles hätten wir hinter uns.»
«Sei nicht albern, Steve. Du hast nichts damit zu tun.»
«Ich meinte dich.» Collier schwieg ein paar Sekunden lang und kämpfte gegen eine plötzliche blödsinnige Zwangsvorstellung an, die ihm widerlich durch den Sinn ging. Seine Handflächen wurden schweißfeucht und sein Herz schlug angstvoll und dumpf. Er fuhr fort:
«Aber wenn ich mich recht erinnere, brauchst du in Panama doch jemand, der von der ganzen Sache nicht betroffen ist, oder?» Tarrant wandte sich in seinem Sitz um und hob eine Augenbraue. «Da gibt es aber keinen Sicherheitsgurt», erklärte er sanft.
«Das weiß ich auch!» fuhr Collier auf. «Ich weiß das verdammt genausogut wie Sie. Mehr noch, ich kriege leicht Angst und tauge überhaupt nicht dazu, irgendwelchen Gangstern Messer in den Leib zu rennen. Aber wenn Modesty jemand braucht, der das Mädchen packt und wie der Teufel mit ihr davonrennt, während das ganze Theater anderswo stattfindet, dann bin ich bestimmt der Richtige.»
Modesty warf Tarrant einen Blick zu. «Vielleicht hat er recht. Und er hat immerhin einige Erfahrung hinter sich.»
«Erinnere mich nicht daran», sagte Collier abschätzig.
«Ich werde heute nacht ohnedies schlecht schlafen. Oh, und dann habe ich kein Visum für Panama. Aber du besitzt ja ohne Zweifel irgendeinen unheimlichen Bekannten, der mir innerhalb kürzester Zeit eines verschafft.»
«Für Panama brauchst du keins. Trotzdem muß ich heute nacht noch Dimple Haigh anrufen und mir von ihm einen Blankopaß für das Mädchen beschaffen lassen.»
«Dimple Haigh», echote Collier und wischte sich die Stirn ab. «Ich wußte es ja. Gott helfe mir, ich werde wie mein eigenes Paßbild aussehen, bis diese Geschichte vorbei ist.» Modesty warf ihm im Rückspiegel ein Lächeln zu.
«Wie pessimistisch.»
Fünf Minuten später fuhr der Wagen vor einem kleinen, terrassenartig angelegten Haus in einer Seitenstraße der Bayswater Road vor. Während Collier Modesty beim Aussteigen half, sah er vor der weißgestrichenen Haustür, zu der ein kurzer, gepflasterter Gartenweg führte, eine Gestalt.
Einen Augenblick lang traute er seinen Augen nicht recht. Der Körper erschien für einen Mann von unwirklicher Riesenhaftigkeit und völlig unproportioniert. In diesem Moment bewegte sich die Gestalt, und während sie die Hand hob, um auf die
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