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Modesty Blaise 04: Ein Gorilla für die Lady

Modesty Blaise 04: Ein Gorilla für die Lady

Titel: Modesty Blaise 04: Ein Gorilla für die Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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sein Wesen. Beides wirkte auf sie seltsam heilend.
    Wenn er sie wegen ihrer Blindheit bedauerte, hatte er es jedenfalls nie ausgesprochen. Er vermied andererseits nicht die Erwähnung der Tatsache, daß sie blind war. Über all das war sie froh. Auch in einer zwanglosen Unterhaltung vergaß er nie, daß sie nicht sehen konnte. Als sie von Balboa erzählte, hatte er nicht gefragt, ob sie die Orchideengärten gesehen, sondern, ob sie sie gerochen habe. Das Häuschen war ein ebenerdiges Gebäude mit Giebeldach und dicken Lehmwänden.
    Es lag, wenige Meilen vom Pan American Highway entfernt, etwas abseits von einer Landstraße und war von Bäumen abgeschirmt. Es gehörte einem Engländer, der Lokalvertreter einer Londoner Importfirma für Schildkrötenpanzer und Perlmutt war und sich mit seiner Frau gerade auf einem dreimonatigen Heimaturlaub befand. In dem Häuschen gab es ein Schlafzimmer, ein großes Wohnzimmer, eine Küche und einen kleinen Raum, der als Büro gedacht war. Willie hatte in diesem ein Feldbett für sich aufgestellt.
    Nur ein einziges Mal – am ersten Morgen – hatte er das Haus verlassen. Aber auch da hatte er den alten Pontiac, der in der mit Asbest verkleideten Garage hinter dem Haus stand, nicht benutzt. In Bauernkleidung war er mit dem von dem Inhaber der Bootsreparaturwerkstatt in Puerto de Chorrera geliehenen verbeulten Lieferwagen fortgefahren. Mit Kleidern, Toilette-Artikeln und Make-up für Dinah und mit Lebensmittelvorräten für mindestens zehn Tage war er nach vier Stunden zurückgekehrt. Auch eine Polaroid-Kamera hatte er eingekauft. Jene vier Stunden waren die einzige Zeitspanne gewesen, in der sie Angst verspürt hatte.
    Die Hütte besaß elektrischen Strom, einen Kühlschrank und ein Telefon. Das Telefon hatte Willie für sein Gespräch nach London allerdings nicht benutzt, denn alle Einzelheiten über internationale Ferngespräche wurden bei der Telefonvermittlung Panama City registriert. Und nach Willies Worten konnte jemand «mit den richtigen Beziehungen sich für 10 Dollar einen Einblick in dieses Register verschaffen».
    Aber im Pontiac gab es eine Art Funkgerät. Zweimal hatte Willie um 18 Uhr den Wagen aus der Garage gefahren und ein Gespräch geführt. Als er heute ins Haus zurückgekehrt war, hatte sie seine innere Befriedigung schon erspürt, ehe er ihr sagte, daß Modesty Blaise in den nächsten zwei oder drei Tagen in Panama City eintreffen würde.
    Modesty Blaise. Er hatte Dinah von ihr erzählt, aber nicht viel. Sie fand es noch immer ungewöhnlich, daß Willies Freund in London, der Freund, der zu Hilfe kam, um sie herauszuholen, eine Frau war; und noch ungewöhnlicher war, daß Willie diese Frau als seine Vorgesetzte anzusehen schien. Als sie Willie danach gefragt hatte, hatte er schlicht geantwortet: «Sie ist besser als ich. Besser als jeder andere.»
    Es war jetzt schon nach Mitternacht, und Willie war noch immer wach und mit irgend etwas im Wohnzimmer beschäftigt. Ihre empfindlichen Ohren konnten hin und wieder eine Bewegung wahrnehmen, und manchmal pfiff er leise und beinahe tonlos vor sich hin, als konzentrierte er sich auf etwas.
    Dinah Pilgrim warf das Bettuch zurück, setzte sich auf und griff nach dem Hausmantel, den er über einen Stuhl neben dem Bett gelegt hatte. Wenige Augenblicke später öffnete sie die Tür und trat ins Wohnzimmer.
    Willie Garvin schaute auf und sah sie in der ihm nun schon vertrauten Pose dastehen – die Augen auf einen Fleck etwas seitlich von ihm gerichtet, den Kopf geneigt, um zu lauschen. Er sah, daß sie ein wenig Lippenstift aufgetragen hatte, der leicht verrutscht war.
    «Sie sollten eigentlich schlafen», sagte er. «Brauchen Sie irgend etwas, Mädchen?»
    «Nein. Ich fühlte mich nur ein bißchen unruhig.»
    «Wir haben zur Zeit eine ziemlich schwüle Hitze.»
    «O gewiß. Aber das stört mich nicht. Möchten Sie eine Tasse Kaffee, Willie?»
    «Sehr gern.» Er bot ihr nicht an, an ihrer Stelle den Kaffee zu bereiten oder ihr dabei zu helfen, sondern schaute nur rasch herum, um sich zu überzeugen, daß alles Zubehör sich am richtigen Platz befand. Sie schickte ein Lächeln in seine Richtung und ging quer durch das Zimmer auf die Küche zu.
    Als sie zuerst in das Häuschen gekommen waren, hatte sie sich mit leicht geschürzten Lippen und unter einer Anzahl von kurzen, kaum hörbaren Pfiffen überall umherbewegt. Ihre Ohren waren darauf eingerichtet, die Reflexion des Tones zu registrieren und sie zu warnen, wenn irgendein

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