Modesty Blaise 09: Die Lady fliegt auf Drachen
zielte auf ihren Körper unter Wasser. Widerwillig sagte Modesty: «Willie.» Aus sieben Meter Entfernung kam das Messer gesaust und traf Beauregard Browne in den Hals. Die Hand mit dem Revolver fiel schlaff herab, im gleichen Moment entwich die letzte Luft in ein paar kleinen Blasen aus dem Schlauchboot. Der goldene Lockenkopf versank und dann der Körper. Einen Moment lang sah man einen Fuß mit blaßorangefarbenen Zehennägeln.
Dann nichts mehr.
Modesty hatte bereits ihren Sauerstoffapparat und den Gurt mit den Gewichten abgestreift, ließ beides versinken und schwamm auf das Sturmboot zu. Eine knappe Minute später griff Willie hinunter, um ihr das Goff-Gewehr und die Flossen abzunehmen, dann hob er sie mühelos in das Wasserflugzeug.
«Vielleicht gibt es im Umkreis von zwanzig Meilen keinen Hai», sagte er erleichtert, «aber das Wasser ist jetzt blutig, und ich bin froh, daß du schnell warst, Prinzessin.»
Sie preßte das Wasser aus ihren Kleidern und sagte:
«Ja, ich fürchte mich vor ihnen.»
Später, als die Maschine in der Luft war, prüfte Willie die Instrumente, dann wandte er sich Modesty zu und sagte: «Was geschieht mit Clarissa und Dr. Feng?»
Sie glättete ihr nasses Haar, schnitt eine kleine Grimasse und schüttelte den Kopf. «Nur wenn wir müssen, Willie. Ich erinnere mich an das, was ich sagte, aber ich habe genug.»
###
Clarissa de Courtney-Scott beobachtete die Landung des Wasserflugzeugs auf der Piste. Zu ihrer Überraschung rollte es zu dem kleinen Hangar. Das war merkwürdig. Beau ließ es sonst immer hineinziehen.
Sie kletterte in den Jeep und fuhr zum Hangar. Sie war überaus fröhlich; Beau würde mit ihr zufrieden sein. Sie hatte sich um alle Bewohner von
Dragon’s Claw
gekümmert, einschließlich des Hauspersonals.
Um alle außer um Dr. Feng. Bis jetzt hatte sie ihn nicht gefunden, und sie wußte, daß er etwas ahnte.
Egal. Sie und Beau würden ihn aufspüren, und dann ging es nur noch darum, den Gulfstream-Jet abzuwarten, der etwa in einer Stunde aus Sydney kommen sollte. Die Piloten waren Sam Solons Leute, aber sie hatten keineswegs die Befugnis, wieder abzufliegen und die Polizei zu verständigen. Sie würden tun müssen, was Beau ihnen befahl. Befehlen war seine Stärke, und man gehorchte Beau.
Vor dem Hangar hielt sie den Jeep an, und im selben Augenblick sah sie Willie Garvin herauskommen.
Er hielt das Lasergewehr in Gürtelhöhe, den tödlichen roten Punkt auf ihre Brust gerichtet. Neben ihm sagte Modesty Blaise: «Aussteigen.»
Sie starrte Willie völlig verständnislos an, unfähig, einen Gedanken zu fassen. Schließlich fragte sie: «Wo ist Beau?»
«Ich sagte aussteigen. Sie werden den Lautsprecher nehmen und den Wachen mitteilen, daß Browne und Solon tot sind. Hier ist alles vorüber. Das einzige, was die Leute noch tun können, bevor der australische Sicherheitsdienst kommt, ist, ihre Waffen wegzuwerfen und vorzugeben, daß sie bloß zum Wartungsdienst gehört haben. Jenen, die das tun, werden wir helfen.»
«Tot? Beau kann nicht tot sein.»
«Er ist tot.»
«Nein, nicht Beau.» Die weit aufgerissenen Augen waren glasig, Clarissas Stimme wurde mit jedem Wort schriller. «Nicht Beau. Nein, das ist nicht möglich.
Beau führt immer alles zu einem guten Ende. Er kann nicht wirklich tot sein …»
Ihre Worte wurden von unheimlichen wimmernden Tönen begleitet, die lauter und lauter wurden, bis sie in Schreie übergingen. Willie senkte das Gewehr, ging zum Jeep, lehnte sich hinein und schlug ihr zweimal ins Gesicht. Sie hörte auf zu schreien und fiel mit dem Kopf über das Lenkrad. Zwischen klappernden Zähnen stieß sie mit weinerlicher Stimme hervor: «Nein, nicht Beau. Sie können Beau nicht getötet haben. Vermutlich ist es einer seiner Tricks. Ich glaube …»
Willie drehte sich nach Modesty um. «Sie wird keine große Hilfe sein, Prinzessin. Es ist ein wenig unheimlich, daß keine Menschenseele in der Nähe ist.»
«Wir werden über den Lautsprecher mit ihnen reden, Willie …»
Der Schuß kam von sehr nahe, und er kam aus einer Handfeuerwaffe von schwerem Kaliber. Willie drehte sich blitzschnell um und fiel auf die Knie. Modesty hielt den Star-Automatik in der Hand, als Dr. Feng hinter einer Ecke des Hangars hervorkam und beide Hände hob. In einer Hand hielt er einen rauchenden Revolver.
«Ich wußte nicht, wie ich mich Ihnen nähern sollte, ohne erschossen zu werden», sagte er. «Und dann …»
Sein Blick fiel auf den Jeep. Clarissa de
Weitere Kostenlose Bücher