Modesty Blaise 09: Die Lady fliegt auf Drachen
so sicher, ob wir ihn auf Luke loslassen sollten.» Sie sah Kingston an. «Willie wird dir zeigen, wo du übernachtest. Wenn du soweit bist, erwarte ich dich im Wohnzimmer. Eine Tasse Kaffee?»
«Bitte, Lady.»
Fünfzehn Minuten später sagte Willie: «Glaubst du, daß Frezzi gelogen hat?»
Sie zuckte die Achseln. «Möglich, aber ich glaube, daß er nicht weiß, wer ihn für die Überwachung von Luke bezahlt. Was ich interessant finde, ist, daß jemand sehr erpicht ist zu erfahren, ob und wann Luke sich zu erinnern beginnt, was mit ihm geschehen ist.»
«Ich nehme an, es sind dieselben Leute, die diese Nadelstiche in seinen Arm gemacht haben. Damit bleibt allerdings immer noch offen, wer und warum und wie und was weiter und ob sie es nochmals versuchen werden.»
Kingston sagte nachdenklich: «Ich bin froh, daß du Frezzi mit den beiden Autos hart getroffen hast, mein Täubchen. Ist man mit dieser Sorte von Leuten nicht sehr energisch, so nützen sie das sofort aus. Hast du den Namen von Frezzis Anwalt erfahren?»
«Ach, was soll’s, Dick, Ich hab ihm keine glühenden Zangen angesetzt.»
«Was soll’s, Lady. Du weißt sehr gut, daß Leute oft etwas verraten, wenn sie nervös sind.»
«Richtig. Aber er hat nichts verraten.»
Kingston trank seinen Kaffee und streckte die Beine aus. «Das könnte ich vielleicht für dich herausfinden. Man könnte sämtliche Juristen von Malta unter einem Dach zusammensperren, und sie würden einander alle kennen. Vielleicht kann ich Frezzis Anwalt finden und durch ihn auf diese anonymen Fletcher-Beobachter stoßen.»
«Mach das, Dick. Auf einer Honorar-plus-Spesen-Basis.»
«Nichts zu machen, Täubchen. Erstens habe ich meine eigenen Ideen bezüglich Fletcher. Zweitens brauchst du eine rasche Antwort, und die kann ich dir nicht geben. Es könnte Wochen dauern, bis ich an diesen Anwalt herankomme, denn Frezzi wird die Verbindung natürlich geheimhalten. Es könnte Monate dauern, sich von dem Anwalt weiterzutasten, wenn es überhaupt gelingt. Ich bin jetzt kein Agent mehr, der nur eine Aufgabe hat, sondern ein neugieriger Journalist mit einem halben Dutzend Eisen im Feuer, der sich sein Brot verdienen muß. Aber wenn ich etwas höre, lasse ich es dich wissen. Kostenfrei.»
«Das ist nett von dir.»
«Saudumm ist das, wenn ein Tausender dabei herausschauen könnte, aber so ist der gute alte Kingston eben, Wachs in den Händen eines Mädchens wie du.»
«Ich nehme an, daß es mein Verstand ist, der dich fasziniert.»
Kingston konnte kaum ein lautes Lachen unterdrücken. Willie sagte: «Dick hat eine hübsche, verrückte Idee, Luke betreffend. Apropos Lachen: es ist nicht nur die Theorie, sondern auch, wie er sie erklärt.»
Kingston schnaubte. «Du bist ein Dummkopf, Willie. Das einzige, was ich tun will, ist, Fletcher meine Theorie zu unterbreiten und abzuwarten, ob sie eine Reaktion auslöst.»
«Was für eine Theorie?» erkundigte sich Modesty. «Ich weiß, es klingt ein wenig absurd, aber wir beide wissen, daß es deshalb nicht unwahr sein muß.» Kingston rieb sein Kinn und sah ein wenig verlegen drein.
«Ich kam auf die Idee, als ich dieser Limbo-Geschichte nachging, damals, als alle diese stinkreichen Leute ein paar Jahre verschwunden waren.»
Modesty nickte. «Ich las darüber.»
«Einen Schmarren hast du darüber gelesen. Du warst doch mitten drin, Täubchen. Du warst doch diejenige, die die Sache auffliegen ließ und die Leute wie üblich mit ein wenig Hilfe von diesem Schlitzohr hier herausholte.»
Sie blickte ihn mit gerunzelter Stirn an. «Wie kommst du darauf?»
«Schau, Lady, wo Rauch ist, ist auch Feuer.» Er grinste. «Die Sache auszugraben wird allerdings nicht viel einfacher sein, als den Grand Canyon mit einem Teelöffel auszuschöpfen, aber es ist der Mühe wert.»
Sie sagte mild: «Wenn du willst, daß wir Freunde bleiben, dann vergiß es, Dick.»
Er blickte sie mit zusammengekniffenen Augen eine Weile an und zuckte schließlich ärgerlich die Achseln.
«Willie sagte, er würde mir beide Arme brechen, aber ich hoffte, du würdest vernünftiger sein. Gut, begraben wir es. Limbo ist tot. Wo bin ich stehengeblieben? Ach ja, daß Leute entführt werden. Ich werde es ganz kurz machen. In den letzten zwei Jahren sind, abgesehen von Fletcher, vier Personen verschwunden, die in der Kunstwelt einen ähnlich bekannten Namen hatten. Nicht alle vier waren Maler.»
Modesty, die auf einer breiten Sitzbank saß, fragte:
«Ist das nicht ungefähr der
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