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Möbel zu Hause, aber kein Geld für Alkohol: Kreuzberger Szenen (German Edition)

Möbel zu Hause, aber kein Geld für Alkohol: Kreuzberger Szenen (German Edition)

Titel: Möbel zu Hause, aber kein Geld für Alkohol: Kreuzberger Szenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Bittermann
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glaube, weder Wiglaf Droste noch Bob Dylan hätten das gutgeheißen.
    Noch häufiger als das Wort Wiglaf gebraucht sie das Wort amazing. Auch ich finde hier alles sehr amazing. Sie zum Beispiel, aber auch das Publikum. Der Punk in seinem kiltmäßigen Outfit schleudert immer wieder seine rechte Faust in die stickige Luft. Außerdem stehen drei Jungs mit großkarierten Holzfällerhemden herum und schmettern alle Liedtexte mit, was für einige Dylan-Song-Spieler etwas irritierend ist, denn die müssen im Unterschied zu den Jungs die Dylan-Lyrik oft vom Blatt absingen.
    Der Moderator sagt, man habe »Bob« eingeladen, ihm aber mitgeteilt, er solle sich auf keinen Fall zu erkennen geben. Das, glaube ich, hätte der Moderator nicht extra betonen müssen.



»Ihr seid so schön!«
    In der Zitadelle Spandau kaufe ich am ersten Getränkestand, dem ich über den Weg laufe, ein »Sportgetränk«, wie Sven Regener das in dem schönen Nostalgiesong »Es ist nichts mehr, wie es war« besingt. Bei mir ist es Jever Lime, was sich jetzt nicht so gut anhört, weil es sich auf Slime reimt, aber die spielen heute gar nicht, sondern Sophie Hunger und danach Marianne Faithfull.
    Der Festival-Bierausschenker schüttet den Inhalt der Flasche in einen Plastikbecher, um zu verhindern, dass ich die Flasche auf Sophie Hunger werfe. Dazu kriege ich einen Chip, den ich einlösen kann, wenn ich den Plastikbecher zurücktrage und damit nicht auf Sophie Hunger werfe. Zudem wird mit dem Chip verhindert, dass sich Plastikbechersammler eine goldene Nase verdienen.
    Mein Neffe Kai und ich suchen uns dezent einen Platz ganz hinten vor einer Stahlkonstruktion, in der die Soundmischmaschine untergebracht ist. Davor steht auch ein Mann, auf dessen Rücken »Security« steht. Er sieht im Gesicht ein bisschen verwüstet aus, als ob Schlägereien sein täglich Brot sind, bei denen man nicht wissen will, wie der andere danach ausgesehen hat, er hat einen sehr, sehr muskulösen Oberkörper, einen Skorpion auf dem Unterarm, große Stöpsel im Ohr und ist ganz in Schwarz gekleidet.
    So also sieht die »Security« aus, denke ich, weil ich mir unter Sicherheit etwas anderes vorgestellt habe. Etwas weniger Martialisches. Er lehnt am Gerüst. Als wir uns auch an das Gerüst lehnen, sagt er: »Nicht anlehnen!« Erschrocken sehe ich nach oben, weil ich eine Sekunde lang befürchte, die Stahlkonstruktion könne möglicherweise durch mein unsachgemäßes Anlehnen einen Knacks bekommen haben.
    Der Security-Mann guckt finster. Er hat sonst nichts zu tun. Es ist das Einzige, was er an diesem Abend sagt. Ich glaube, er ist dankbar, dass er wenigstens uns mal so ganz dezent darauf hinweisen konnte, was eigentlich Sache ist. Er nimmt seinen Job sehr ernst.
    Als Sophie Hunger fertig ist, sagt sie zum Abschied: »Ihr seid so schön!« Ich weiß nicht warum, aber für den Rest des Abends bin ich jetzt blöderweise damit beschäftigt rauszufinden, wen sie gemeint haben mochte, während die nach Sophie Hunger auftretende Marianne Faithful mit ihrer hinreißend rauen Stimme wunderschöne Songs singt, die ich gar nicht richtig genießen kann.
    Nach dem Konzert hat der Festival-Bierausschenker bereits geschlossen. Ich werfe den Plastikbecher auf den Boden. Zum Glück ist keine Security in der Nähe.

Mach dein Ding
    Im Baumarkt, wo die Freiheit bekanntlich grenzenlos ist, wenn man nur sein Ding macht und sich einen Kasten Bier kauft, stehe ich ratlos herum, denn der Baumarkt ist groß und es laufen viele Leute einfach kreuz und quer durcheinander.
    Mein Ding besteht darin, Farbe zu kaufen. Ein Baumarktmitarbeiter, den ich frage, zeigt auf ein großes Schild, auf dem »Farbe« steht. Ich folge optimistisch dem Schild, aber kaum befinde ich mich zwischen den Regalen mit Farbtöpfen, ist mein kleiner Optimismus auch schon wieder verflogen. Die Freiheit ist ganz schön verwirrend.
    Wieder muss ich einen Mitarbeiter befragen. »Ich brauche Farbe«, sage ich mal ganz grundsätzlich. »Was möchten Sie denn streichen?« »Ein Regal.« »Aus Holz?« Ich nicke. »Ist das Holz behandelt?« Schwierige Frage. Behandeltes Holz? Was ist das? »Ist es imprägniert, lackiert, gebeizt?« Ich weiß es nicht. »Das sollten Sie aber wissen, denn sonst müssen Sie es abschleifen«, sagt der Baumarktmitarbeiter. »Oh«, sage ich, und entscheide mich dann lieber für unbehandeltes Holz.
    Er führt mich zu der Farbe, die ich suche. »Ist die auch für Innen?«, frage ich, um auch mal den Fachmann zu geben.

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