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Möbel zu Hause, aber kein Geld für Alkohol: Kreuzberger Szenen (German Edition)

Möbel zu Hause, aber kein Geld für Alkohol: Kreuzberger Szenen (German Edition)

Titel: Möbel zu Hause, aber kein Geld für Alkohol: Kreuzberger Szenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Bittermann
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sie gleich wieder zurückgeflogen.
    »Zu ihrem Klaus«, sagt er.
    »Röhl?«, frage ich, weil der Mann »zu ihrem Klaus« so betont, als ob die beiden was miteinander gehabt hätten, dabei waren sie doch bloß verheiratet.
    Oral history aus den Anfängen der RAF. Davon hatte ich noch nie gehört. Und dann kriegt man das einfach so und ganz nebenbei erzählt. Andere hätten gleich die Geschichte der RAF komplett umgeschrieben, und hier läuft einem Geschichte aus erster Hand mitten in Kreuzberg über den Weg, ungebrochen, mit einem langen Bart und mit Fahrrad. So was würde einem woanders nicht passieren.

Eine Landplage
    »Schießen Sie bitte nicht auf den Pianisten« wurde früher auf Schildern hingewiesen. Die Musiker standen unter besonderem Schutz, weil man ihrem Beruf und ihrem Können Achtung entgegenbrachte, und deshalb sollten sie nicht gleich getötet werden, wenn sie ins Kreuzfeuer zweier feindlicher Gangs gerieten.
    »Heute ist das alles ganz anders«, seufzt der Besitzer eines kleinen Restaurants bei mir um die Ecke. »Die Gefahr für Musiker, erschossen zu werden, ist sehr gering. Und deshalb haben sie sich auch so rasant vermehrt.«
    Interessante Theorie.
    »Man kann hier ja keine fünf Schritte mehr gehen, ohne über diese verdammten Schnorrer zu stolpern.« Achtung vor ihrem Beruf und Können hätte niemand mehr, denn vor allem mit ihrem Können hapere es in der Regel, weshalb er dafür plädiere, die alte Tradition wieder zu beleben und einen Verein zur Erschießung von Straßenmusikern zu gründen, um den Bestand dieser Landplage auf ein erträgliches Maß zu reduzieren. Er würde freiwillig den Vorsitz übernehmen.
    »Ich kann’s nicht mehr hören. Überall krächzt eine verdammte Trompete, jault eine Ziehharmonika, quietscht ein Saxophon. Letzthin hat einer sogar ein ganzes Klavier hinter sich hergezogen.« Stimmt, aber Klavier sollte erlaubt sein, finde ich, da ist der persönliche Einsatz so groß, dass keine Inflation von Klavierspielern zu erwarten ist. Sogar eine Harfe hatte jemand auf die Admiralbrücke transportiert, um die Saiten zu zupfen, dabei war dieses Instrument doch schon zurecht in Vergessenheit geraten.
    Der Restaurantbesitzer geht sehr ruppig mit den Straßenmusikern um, die mittlerweile einen weiten Bogen um seinen Laden machen. Von der anderen Straßenseite wehen die Klänge einer Kombo des Grauens herüber. Ich bin geneigt, dem Verein beizutreten. »Vielleicht sollten wir schon mal die Satzung ausarbeiten«, sage ich.
    Aus Getränke Hoffmann wankt ein Alkoholiker. In seiner Parkatasche steckt ein Flachmann. In den Händen hält er eine Flöte. Die Töne klingen sehr nach hochprozentigem Alkohol. Der Restaurantbesitzer ignoriert ihn. Schließlich kann er nicht jeden erschießen.

Backfische
    Vor dem Öko-Bäcker ringelt sich auf dem Bürgersteig eine Schlange. Ich stelle mich an, denn ich habe einen Auftrag. Und dieser Auftrag lautet: Zwei Croissants und eine Milch kaufen. Das fällt mir schwer, denn Fup sitzt auf meinem Arm, und das heißt, 13 Kilo ziehen mich nach unten. Vor mir steht ein Mann, der auch ein Kind auf dem Arm trägt. Und davor steht noch ein Mann mit einem Kind. Und davor noch einer, und noch einer. Daran erkenne ich, dass Sonntag ist. Und daran, dass alle mit Kaffee in Pappbechern wieder herauskommen, und mit sehr großen braunen Tüten, als würde zu Hause eine zehnköpfige rumänische Gastfamilie warten, die seit einer Woche nichts mehr zu essen bekommen hat.
    Die Kunden sind sehr auf Sicherheit bedacht. Sie tragen Jack Wolfskin, Rucksack, Fahrradhelm, und das rechte Hosenbein ist nach oben gekrempelt. Außerdem haben alle ein kleines Bonusheftchen, das sie sich abstempeln lassen, um nach zehn Stempelchen einen Bonuskaffee zu bekommen.
    Obwohl ich mir nicht viel merken musste, habe ich die Milch vergessen. Also schnell zum anderen Bäcker hier im Viertel. Diesmal ohne Fup. Vor mir steht ein Mann ohne Kind. Er hat eine ausgebeulte und schlabbrige braune Stoffhose an, ausgetretene Lederschuhe und eine Jacke, die an zwei Nahtstellen geplatzt ist. Er kauft zwei Brötchen. An einem Tischchen sitzt ein unrasierter und ungekämmter Mann, schlürft schwarzen Kaffee aus einer richtigen Tasse und starrt aus dem großen Schaufenster.
    Später befinde ich mich schon wieder vor der Öko-Bäckerei, weil Fup dort eine kleine Wippe entdeckt hat. Eine Meute von dreißig Backfischen kreist uns ein. Ein Mann sagt zu den Backfischen: »This is an organic bakery with natural

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