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Mörder im Zug

Mörder im Zug

Titel: Mörder im Zug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goyke
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musste heute Vormittag überraschend auf Dienstreise.«
    »Wohin?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Ihr Mann hat Ihnen nicht gesagt, wohin er so plötzlich reisen muss?«
    »Er hat gar nicht mit mir gesprochen, sondern mir einen Zettel hingelegt. Ich habe ja noch geschlafen …«
    »Ich denke, er ist am Vormittag aufgebrochen? Wenn Sie noch geschlafen haben, wer kümmert sich dann um das Kind?«
    »Unser ukrainisches Dienstmädchen«, bekannte Frau Rauch.
    »Wo ist der Zettel?«
    »Den habe ich weggeworfen.«
    »Was stand darauf?«
    »Lieber Schatz, muss auf Dienstreise wegen der Russen. Rufe dich an. Küsschen, Küsschen, Küsschen. So ungefähr.« Abermals verzog sie das Gesicht. Wahrscheinlich schlief sie in seidener Bettwäsche, aber die Erbse tat ihrem Seelchen ganz schön weh.
    »Er meint sicher den Verkauf von Golden World an East Baltic Invest ?«
    »Simon wird doch sein liebstes Geschöpf nicht verkaufen. Es geht um Investitionen. Die Firma heißt schließlich Invest .«
    Zwischen dem Gründerzeit-Vertiko und der Biedermeier-Anrichte befand sich eine breite Schiebetür, die in diesem Moment langsam geöffnet wurde. Der Blick fiel in ein Esszimmer, aus dem nun der Knabe eintrat, ein Plüschkamel in der Hand.
    »Hast du fein aufgegessen, Tamir?«, flötete die Adoptivmutter.
    Tamir nickte und ging zum Rauchtisch, wo statt Tabakstäbchen eine Tafel Schokolade im großen Messingascher lag.
    »Tamir bedeutet reich«, erklärte Dorothée. »Aber nur ein Stück, ja? Tamir, hörst du? Nur ein Stück! Du weißt, zu viel Schokolade ist ungesund.«
    Vielleicht wusste er es. Er legte das Stofftier auf die Dielen, nahm die Tafel und zerbrach sie in der Mitte.
    »Tamir!«, rief Frau Rauch, blieb aber sitzen. »Wir legen großen Wert auf gesunde Ernährung. Kein Fastfood, keine Cola, nur wenig Süßes. Ta-mir!«
    Mit der halben Tafel rannte der Junge hinaus und überließ das Wüstenschiff seinem Schicksal.
    »Ich glaube, unser Kindermädchen zieht nicht mit uns an einem Strang.« Erschöpft lehnte sich die Erziehungsberechtigte zurück.
    Uplegger wechselte das Thema: »Sie gehen doch sicher auch mal aus, Frau Rauch?«
    »Natürlich. Simon lädt mich gern zum Essen ein.«
    »Und tanzen?«
    »Selten. Zu selten.«
    »Kennen Sie vielleicht einen Diskjockey namens Morten Kröner?«
    »Ich kenne überhaupt keine Diskjockeys.«
    »Mögen Sie das Al Faro in Warnemünde?«
    »Einmal waren wir dort. Anständige Küche.« Das klang, als sei sie Besseres gewöhnt.
    »Das Piano nobile am Alten Markt in Rostock?«
    »Ja, da waren wir auch schon. Im Sommer.«
    »Kennen Sie Andriejus Medanauskas?«
    »Ist das nicht der junge Mann, der im Zug erstochen wurde?«
    »Er war der Produktionsleiter Ihres Mannes!«
    »Ja, ja, ich weiß. Schrecklich!« Der Ton verriet, dass ihr fremdes Elend vollkommen gleichgültig war. Wenn ein Mensch auf dieser Welt litt und leiden durfte, dann war sie es. Barbara tippte auf Migräne und ein wenig Endometriose als Gesprächsthema für den Frisörbesuch, denn über Kunst konnte sie sich bei ihrem hohen Anspruch wohl kaum mit Kleinstädterinnen unterhalten, über Unterleibsschmerzen immer; kaum eine Frau, die da nicht aufblühte.
    »Frau Rauch, Sie haben doch schon Erfahrungen mit Hausdurchsuchungen?« Uplegger hatte sich mit dem Lächeln maskiert, das selbst steinerne Frauenherzen erweichen konnte.
    Gespannt wartete Barbara, was nun passierte.
    »Hören Sie auf damit! Daran will ich gar nicht denken. Ich meine, die Leute haben sich ja Mühe gegeben, aber wir haben trotzdem Stunden gebraucht, um Ordnung zu schaffen.«
    »Wir?«
    »Ich und unsere Putzfrau.«
    »Aus der Ukraine?«
    »Rumänien.«
    Er stand auf, ging ein paar Schritte, nahm im Rücken der Frau Aufstellung. Das Lächeln machte einer frostigen Miene Platz, und scheinbar unvermittelt fragte er: »Sind Drogen im Haus?«
    »Bitte?« Sie schmolz geradezu in dem klobigen Sessel, und Tränen füllten die Leere in ihren Augen. Barbara war begeistert.
    »Ihr Mann nimmt doch etwas ein?«
    »Manchmal ein Schlafmittel. Aber das sind doch keine Drogen. Ich muss Sie nun bitten zu gehen. Ich habe Tamir versprochen, mit ihm zu spielen.«
    Jetzt war Barbara dran: »Was?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Was wollen Sie mit ihm spielen?«
    »Na ja …« Dorothée Rauch schaute sich um, als könne das auf Hochglanz polierte Vertiko ihr eine Antwort einhauchen.
    »Was er möchte … Lego.« Sie atmete auf. »Das ist pädagogisch wertvoll.«
    Wieder Uplegger: »Um Ihnen eine

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