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Mörder im Zug

Mörder im Zug

Titel: Mörder im Zug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goyke
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Fahrerseite in den Innenraum, der andere kam auf sie zu.
    »Moin, moin!«, sagte er. »Wenn wir uns nicht täuschen, haben wir hier eine BTM-Sache.«
    Barbara zog die Brauen hoch, Uplegger fragte: »Also habt ihr Drogen entdeckt?«
    »Nichts Weltbewegendes. Ein paar zerkleinerte Blätter und Stängel auf der rechten Fußmatte vorn, dort, wo der Beifahrer sitzt. Oder eine Beifahrerin.« Der Kriminaltechniker nickte in Barbaras Richtung. »Der Fahrzeughalter war ja ein junger Mann, der wird schon das eine oder andere Mädel mitgenommen haben. Vielleicht das aus dem Handschuhfach.«
    »Muss ja ein sehr kleines Mädel sein«, erwiderte Barbara.
    »Wir haben da eine Adresse gefunden.« Der Techniker fuhr mit der Hand in seine Manteltasche und reichte Barbara einen gefalzten Zettel. »Wie gesagt, ist nicht viel, sieht mir aber nach Marihuana aus. Ich hab es dokumentiert und dann ein bisschen was mit der Pinzette abgehoben. Und nicht nur mit der Lupe angeschaut. Ehrlich gesagt, hab ich dran gerochen. Also ich bin sicher …«
    »Ganz sicher?«
    »Achtzig, neunzig Prozent. Bin ja kein Drogenspürhund.«
    »Dann hieß eine der Beifahrerinnen also vermutlich K. Nabis.« Barbara faltete den Zettel auf. »Und im Handschuhfach reiste Claudia.« Sie gab das Blatt weiter an Uplegger. Claudia umgez. Barnsdorferweg 12 , las er, was nicht ganz korrekt geschrieben war, aber selbst mancher Einheimische mochte diesen Fehler machen. Uplegger rief bei Medanauskas an. Der Kriminaltechniker ging zurück zum Passat.
    Das Telefonat war kurz. Nachdem Uplegger das Handy wieder eingesteckt hatte, schaute Barbara ihn erwartungsvoll an. Und er sie – aber es kam nicht, womit er gerechnet hatte.
    »Und?«, fragte Barbara.
    »Das ist eine schwer zu beantwortende Frage …«
    »Mein Gott, seit wann kacken Sie denn Krümel? Das ist meine Aufgabe.«
    »Die Sie gerade vernachlässigt haben. Barnstorf schreibt man …«
    »Mit T. Und Barnstorfer Weg getrennt. Zufrieden?«
    »Sehr.« Uplegger griente. »Also, Andriejus hatte seit Jahren eine Freundin – Lebensgefährtin, Lebensabschnittsbegleiterin oder wie man sonst sagen mag. Claudia Brinkmann, nach Einschätzung seines Vaters eine sehr nette junge Frau. Sie ist Deutsch- und Englischlehrerin an der Borwinschule.«
    »Puh!« Barbara schüttelte sich demonstrativ. »Uns bleibt nichts erspart. Erst ein Diplom-Sozialpädagoge, nun noch eine Pädagogin ohne etwas davor. Was soll’s. Gehen wir zurück zum Wagen. Oder wie sagt man: Andiamo?«
    »Sì«, erwiderte Uplegger. »Andiamo – è corretto.«
    Am Alten Strom herrschte nun etwas mehr Betrieb. Ein älteres Ehepaar, vielleicht Winterurlauber, absolvierte untergehakt einen Morgenspaziergang. Ein Mann mit Aktentasche war so eilig unterwegs, wie es bei Männern mit Aktentaschen häufig der Fall war, zwei Schulbuben, erkennbar an ihren Ranzen, trödelten an den Schaufenstern vorbei, ein Herr in verbeultem Trainingsanzug fegte Schnee. In der Bäckerei unterhielt sich die Verkäuferin mit einer Kundin, während eine zweite Frau den Laden gerade betrat. Warnemünde war erwacht.
    »Sieht so aus, als hätte das Lexotanil Andriejus nicht gereicht«, sagte Uplegger. »Manchmal musste es wohl auch zusätzlich noch ein Joint sein.«
    »Wenn das Zeug nur dem Eigenbedarf gedient hat. Vielleicht hat unser Gerechtigkeitsapostel auch gedealt.«
    »Und ist jemandem ins Gehege gekommen?«
    »Möglich wäre das. Aber wir spekulieren. Fahren wir lieber in unser lauwarmes Büro und schauen, welche Überraschungen uns dort erwarten.«
    Und dann reichte doch der Gang zum Leuchtturm schon aus, um abermals überrascht zu werden: Im Al Faro brannte Licht.
     
    Er hatte Angst. Angst, die ihn kaum atmen ließ. Angst, die ihm die Kehle und den Brustkorb zuschnürte. Todesangst. Was er gesehen hatte, hätte er besser nie gesehen.
    Seit Stunden hetzte er in seinem Schlafzimmer auf und ab. Manchmal öffnete er das Fenster, schaute hinaus und schloss es wieder. Zuerst hatte er dabei nichts gesehen außer den nächtlichen Silhouetten der Bäume. Dann war hinter einigen Fenstern des Nachbarhauses Licht angegangen, zuerst in der Küche, dann im Bad, schließlich im Esszimmer. Die Helligkeit am Himmel hatte zugenommen, die Nachbarin war zu ihrem Wagen gegangen, begleitet von ihrer kleinen Tochter. Er hatte nicht zurückgegrüßt, sondern sich schnell zurückgezogen.
    Allmählich kehrte die Erinnerung zurück. Zuerst war da ein Wort gewesen, nach dem er fast verzweifelt gesucht hatte, in

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