Mörder sterben nicht im Bett
ich den Kopf leicht nach links, so daß sie in
den vollen Genuß meines perfekten rechten Profils kam. Da sie nicht in laute
Bewunderungsschreie ausbrach, gelangte ich zu dem Schluß, daß diese Lady ihre
Gefühle eisern unter Kontrolle hatte.
»Ihr Standpunkt ist jetzt auch der
meine«, versicherte ich ihr. »Wenn Sie ihn mir nur noch einmal erläutern würden ?«
»Sie brechen sofort nach Santo
Bahia auf, und sowie Sie dort eintreffen, suchen Sie nach mir: nach Louise
d’Avenzi«, wiederholte sie. »Sie besuchen alle Adressen auf der Liste, die ich
Ihnen noch gebe, und erzählen, Sie seien ein mit der Suche nach mir
beauftragter Privatdetektiv. Leider könnten Sie den Namen Ihres Klienten nicht
preisgeben, es sei aber von höchster Wichtigkeit, mich aufzuspüren, sogar eine
Sache von Leben und Tod. Nach all diesen Besuchen, bei denen Sie stets nur
gehört haben, daß ich spurlos verschwunden bin, machen Sie abermals die Runde.
Diesmal sagen Sie den Leuten, Sie seien überzeugt davon, daß man mich ermordet
hätte .«
»Und dann?«
Sie lächelte liebenswürdig.
»Und dann rufe ich Sie im Starlight Hotel an und sage Ihnen, was Sie als nächstes unternehmen sollen. Ich bin Shirley
Spindelross, vergessen Sie das nicht .«
Wieder öffnete sie ihre Handtasche
und nahm einen gefalteten Bogen Papier heraus, den sie mir reichte. »Die Namen
und Adressen«, sagte sie.
»Und wie bin ich in den Besitz
dieser Liste gekommen ?« gab ich zu bedenken.
»Die hat Ihnen Ihr Klient
gegeben«, sagte sie.
»Danke für den Tip , Shirley«, knurrte ich.
Sie sah auf ihr unberührtes
Glas nieder, lächelte mich dann knapp an und erhob sich.
»Adieu, Mr. Boyd«, sagte sie
leise. »Ich melde mich bei Ihnen. Und ich kann nur hoffen, daß Sie dieses
einmalige Erlebnis zu schätzen wußten .«
»Einmaliges Erlebnis ?« stotterte ich.
»Sich mit einer Toten zu
unterhalten .«
Damit ging sie, und ich sah dem
wohlgerundeten Hinterteil nach, wie es unter der bunten Seide zum Ausgang
wippte. Louise war so ziemlich das attraktivste Gespenst, das mir je begegnet
war.
1
Als erster stand Greg Townley auf ihrer Liste, also fing ich gleich mit ihm an.
Ich stieg auf dem Hotelparkplatz in meinen Mietwagen und machte mich auf den
Weg. Seit meinem letzten Besuch in Santo Bahia waren vier Monate vergangen, und
der Badeort hatte sich in dieser Zeit nicht sehr verändert. Es war gerade
Hochsaison, und auf den Bürgersteigen der Innenstadt drängten sich
übergewichtige, ältliche Touristinnen in zu engen Bermudashorts. Der Anblick
war nicht gerade inspirierend, deshalb konzentrierte ich mich aufs Autofahren.
Townley wohnte in einer dieser teuren
neuen Siedlungen ein paar Meilen hinterm Strand. Jedes Haus saß auf einem
großen Grundstück und war von Montereykiefern und
Wohlstand umgeben. Allerdings stand das Tor offen, deshalb fuhr ich direkt vor
das große Haus im Cape- Cod -Stil, das so aussah, als
sei es von der Ostküste hierher verpflanzt worden. Nur der Schnee auf dem Dach
fehlte. Ich parkte vom auf der gepflegten roten
Auffahrt, stieg zur Haustür hinauf und läutete. Ein paar Sekunden später
öffnete mir eine dunkelhaarige Frau.
Sie war in den frühen
Dreißigern und besaß diesen schlanken, zähen Körperbau, der auch in den
nächsten fünfzig Jahren kein überflüssiges Gramm Fett ansetzen würde. Ihr Haar
hatte Schulterlänge, und die Augen verbargen sich hinter einer riesigen dunklen
Sonnenbrille. Die Winkel ihres vollen breiten Mundes zogen sich leicht nach
unten, als könne nichts im Leben sie mehr überraschen. Unter der weißen
Seidenbluse fixierten mich die Warzen ihrer kleinen, hochangesetzten Brüste mit
einer gewissen Vorsicht. Eine enge Hose modellierte die schmalen, aber hübsch
runden Hüften und die langen, eleganten Beine.
»Ich möchte zu Mr. Townley «, sagte ich.
»Zu Greg ?« meinte sie leichthin. »Das ist mein Mann. Ich bin Marsha Townley .«
»Könnte ich ihn sprechen ?«
»Er ist zur Zeit in Los
Angeles«, antwortete sie. »Und wird noch ein paar Tage ausbleiben. Vielleicht
kann ich Ihnen helfen ?«
»Vielleicht«, nickte ich. »Ich
bin Danny Boyd, Privatdetektiv .«
»Was — nachdem wir jetzt so viele
Jahre verheiratet sind, mißtraut Greg mir plötzlich und hetzt einen
Privatdetektiv auf mich ?« Sie lachte gurrend. »Haben
Sie auch das männliche Fotomodell dabei, Mr. Boyd ?«
»Wie bitte?«
»Darauf sind Sie doch aus:
kompromittierende Fotos von mir, damit Greg die Scheidung
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