Mörder sterben nicht im Bett
sie mit der
Peitsche aus, und ihr Opfer schwang unter dem Schlag wie ein Pendel hin und
her, reagierte aber sonst nicht.
»Sehen Sie, was ich meine ?« fragte Miss Appleby im
Konversationston. »Stur.«
»Sie ist bewußtlos«, sagte ich,
»oder tot .«
»Machen Sie keine Witze«, fuhr
Miss Appleby mich an. »Sie verstellt sich nur .«
»Moment!« Carls Stimme klang
besorgt. »Der Boss will nicht, daß ihr was Ernsthaftes passiert .«
»Oh, der fehlt nichts«,
versicherte Miss Appleby . »Die spielt uns nur was vor .«
»Sehen Sie lieber nach, Carl«, drängte
ich. »Sie könnte tot sein .«
Er ging vorsichtig um mich
herum und rückwärts zum Trapez, den Revolver nach wie vor auf mich gerichtet.
»Wenn sie ohnmächtig ist«,
regte Miss Appleby an, »können Sie ihr einen Eimer
Wasser überkippen .«
Carl griff mit der Linken
hinter sich nach Louises Schulter und drehte sich langsam herum. Ihre weit
offenen Augen starrten uns in blickloser Anklage an. Die Zähne waren so fest in
der Zunge verbissen, daß ihr Blut übers Kinn lief und auf die Brust tropfte.
»Sie ist tot«, sagte ich. »Sie
haben sie umgebracht .«
»Ohnmächtig«, sagte Miss Appleby kleinlaut. »Mehr nicht.«
Carl legte schnell das Ohr an
Louises Brust und lauschte nach dem Herzschlag. Eine entscheidende Sekunde lang
vergaß er mich. Ich riß die Peitsche aus Miss Applebys Hand und schwang sie hoch über den Kopf. Im nächsten Moment sausten die sieben
Lederriemen scharf auf seinen Unterarm nieder und wickelten sich darum. Ich riß
mit aller Kraft an der Peitsche und zog den Taumelnden an mich heran. Dabei
entfiel ihm der Revolver. Ich zog noch einmal, und die Peitsche löste sich von
seinem Arm. Das zweite Mal knallte ich sie ihm ins Gesicht. Er schrie wild auf,
krallte beide Hände in die Augen und stürzte auf mich zu. Ich wich ihm hastig
aus, begriff aber, daß er mich gar nicht angreifen, sondern nur in höchster
Verzweiflung aus der Tür entkommen wollte. Im nächsten Augenblick rannte er,
immer noch schrille Schreie ausstoßend, draußen die Treppe hinauf. Ich bückte
mich nach dem Revolver, fühlte dann nach Louises Puls, konnte ihn aber nicht
mehr ertasten.
Miss Appleby hatte sich nicht von der Stelle gerührt, als ich mich ihr wieder zuwandte. An
ihrer Stirn zuckte ein Nerv, die violetten Augen glühten wie bei einem Tier.
»Sie ist tot«, stellte ich
fest.
»Vielleicht war’s schmerzhaft«,
räumte sie ein, »aber doch nicht so, daß sie gleich sterben mußte .«
»Vielleicht schlimm genug, daß
das Herz versagte«, erwiderte ich.
»Woher sollte ich wissen, daß
sie ein schwaches Herz hatte ?« Sie zuckte die
Schultern. »Das hätte sie mir ja auch sagen können .«
»Sie kann es selbst nicht
gewußt haben .« Ich richtete den Revolver auf sie.
»Gehen wir .«
»Wohin?«
»Ihr Boss muß Bescheid wissen«,
antwortete ich. »Sie bringen es ihm am besten selbst bei .«
»Mr. Pembroke wird böse werden .« Sie biß sich auf die Lippen. »Er wird sogar sehr böse auf
mich werden. Glauben Sie, er stellt mich ans Trapez ?« Plötzlich bekam sie feuchte Augen. »Wahrscheinlich ist das gar nicht so
schlimm. Nicht, wenn Mr. Pembroke selbst mich bestraft. Ich hab’s ja auch
verdient, oder ?«
»Gehen Sie jetzt !«
Wir machten uns zur Bibliothek
auf. Als wir näherkamen, konnte ich Carls schmerzliches Jaulen und Pembrokes
unbeherrschtes Wutgebrüll hören. Ich ließ Miss Appleby zwei Schritte vor der Tür innehalten und stellte mich hinter sie.
»Pembroke !« rief ich.
»Was?«
»Es ist vorbei«, rief ich
zurück. »Louise d’Avenzi ist tot. Ich komme jetzt hinein und rufe die Polizei
an. Halten Sie mich nicht auf, ich habe eine Schußwaffe .«
»Ein Schritt durch diese Tür,
Boyd, und ich erschieße Sie«, schrie er. »Wenn sie tot ist, muß ich mir eben
etwas anderes einfallen lassen. Aber Sie werden mich nicht daran hindern !«
»Alles ist Ihre Schuld«, sagte
ich leise zu Miss Appleby , und sie nickte langsam
dazu. »Das einzige, was Sie jetzt tun können, ist, hineinzugehen und ihm zu
versichern, daß alles nur ein Unfall war. Sie starb an einem Herzversagen .«
»Ob er mir glaubt ?« flüsterte sie.
»Vielleicht nicht gleich. Aber
nach und nach muß er Ihnen glauben, weil es die Wahrheit ist .«
»Sie haben recht«, nickte sie. »Wenn
ich ihn bitte, mich zur Strafe dafür am Trapez auszupeitschen, wird ihn das
vielleicht versöhnen .«
»Möglich«, sagte ich. »Warum
probieren Sie’s nicht mal ?«
Sie ging
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